Sonntag, Dezember 22, 2024
Gerhard Schenk, Geschäftsführer von HSG Zander Austria, spricht über die vielen Missverständnisse im Facility Management, eine zögerliche öffentliche Hand, schwarze Branchenschafe und die versteckten Gefahren beim Streben nach Energieeffizienz.

(+) plus: In der Krise konzentrieren sich viele Unternehmen auf ihre Kernkompetenzen. Das bietet eine große Chance für Outsourcing-Unternehmen. Zählt die Facility-Management-Branche zu den Profiteuren der Krise?
Gerhard Schenk: Natürlich liegt die Vermutung nahe, dass eine Branche wie die unsere zu den Gewinnern der Krise zählen könnte. Man muss aber ganz klar sagen, dass das bislang noch nicht der Fall ist. Es sind nach wie vor Einzelfälle, in denen sich Unternehmen aufgrund der Krise an uns wenden. Außerdem darf man nicht vergessen, dass damit auch unser Risiko steigt. Denn mit dem übernommenen Personal kann es zu Überkapazitäten kommen, vor allem dann, wenn etwa ein Industrieunternehmen in der Krise über einen längeren Zeitraum weniger produziert. Dann reduziert sich in der Regel auch unser Arbeitsaufwand, das Personal ist aber an Bord und will bezahlt werden.
Außerdem ist bei manchen Firmen auch ein Trend zum Insourcing zu bemerken. Denn bevor die Unternehmen in Zeiten geringer Auftragsbestände ihre qualifizierten Mitarbeiter an den Markt verlieren, beschäftigen sie diese Mitarbeiter lieber in Bereichen, die zwar nicht zu ihren Kernkompetenzen zählen, die sie aber auch bewältigen können. Dafür werden dann Lieferanten gekündigt, damit man, wenn es dann wirtschaftlich wieder bergauf geht, auf diese gut ausgebildeten Mitarbeiter zurückgreifen kann.

(+) plus: Wie würden Sie den Gesundheitszustand der FM-Branche allgemein beschreiben?
Schenk: Es ist nach wie vor in vielen Branchen nicht en vogue, Personal zu haben. Das ist natürlich die Chance für uns Dienstleister. Die Unternehmen werden dadurch flexibler und können das Personalthema aussparen. Deshalb sehe ich noch ein großes Wachstumspotenzial.

(+) plus: Und wie geht es HSG Zander?
Schenk: Es ist uns wirtschaftlich im letzten Jahr ganz gut gegangen. Das ist aber nicht auf Neuaufträge zurückzuführen, sondern in erster Linie auf die Vertiefung von bestehenden Kundenbeziehungen. Unsere Sorge, dass es aufgrund der Krise zu Einschnitten bei den Leistungsaufstellungen kommen könnte, war unbegründet. Darüber hinaus wurden auch einzelne Projekte, mit denen wir gerechnet haben, verschoben.

(+) plus: Welche Trends im FM sehen Sie derzeit?
Schenk: Services und Dienstleistungen sind weiter auf dem Vormarsch. Dazu kommen neue Leistungen wie etwa die Erstellung von Energieausweisen. Und auch der Beratungsbereich wird immer wichtiger. Stichwort LED: Da gibt es jede Menge Unsicherheiten, weil Billigprodukte aus Fernost nicht das halten konnten, was sie versprochen haben. Jetzt wollen die Unternehmen ganz genau wissen, worauf sie sich einlassen. Deshalb haben wir zwei Pilotprojekte gestartet, komplett mit Verbrauchswerten. Einmal in einer Parkgarage am Praterstern, einmal in einer Bankfiliale. Und die Reaktionen der Kunden sind sehr vielversprechend.

(+) plus: Gibt es Pläne, das Dienstleistungsportfolio weiter auszubauen, etwa in Richtung Reinigung?
Schenk: Ein eigenes Reinigungspersonal wie etwa die Strabag mit Putzteufel werden wir in absehbarer Zeit in Österreich nicht haben. Anders in der HSG Zander Gruppe in Deutschland. Da gibt es eine auf Krankenhäuser spezialisierte Tochter, die dort nicht nur Reinigungsdienste übernimmt, sondern auch Patientenservices wie Essensausgabe.

(+) plus: Ist das auch ein Thema für Österreich?
Schenk: Natürlich wäre das auch für Österreich interessant, aber die öffentliche Hand ist da enorm zurückhaltend. Dabei gäbe es hier ein enormes Einsparungspotenzial. Man sollte auch meinen, dass das in Zeiten von defizitären Krankenkassen ein Argument ist, aber das ist leider nicht der Fall. Die Verantwortlichen blocken hier völlig ab. Es ist nicht nachvollziehbar, was da abgeht. Ich kenne ein konkretes Beispiel von zwei Haustechnikern, die aus Eigeninitiative begonnen haben, Energieverbrauchswerte aufzuschreiben und Spitzen zu analysieren. Nach einem halben Jahr sind sie mit diesen Daten in die Chefetagen gegangen, um auf Mängel und Verbesserungspotenzial hinzuweisen. Die Reaktion war eine harsche Abmahnung und die Anweisung, derartige Aufzeichnungen in Zukunft zu unterlassen.

(+) plus: Thema Energieeffizienz: Zählt in der Krise das Argument der Baukosten noch einmal mehr, zu Lasten der Lebenszykluskosten?
Schenk: Der grundsätzliche Konflikt zwischen Baukosten und Lebenszykluskosten wurde durch die Krise verschärft, wenn auch nicht in dramatischem Ausmaß. Wir haben derzeit in erster Linie ein Finanzierungsproblem. Es ist enorm schwierig, eine höhere Summe zu bekommen. Zehn Prozent mehr für nachhaltiges Bauen sind da schon nebensächlich.
Man muss in diesem Konflikt aber auch ganz klar festhalten, dass es heute natürlich möglich ist, höhere Investitionskosten über geringere Betriebskosten zu kompensieren. Ein gutes Beispiel ist die ENERGYbase. Die Baukosten waren zwar um zehn Prozent höher, die Gesamtmiete ist durch die geringeren Betriebskosten aber nicht gestiegen. Wir nähern uns aber bereits den Grenzen des Machbaren. Wir sehen beispielsweise immer wieder, dass Energieverbraucher einfach weggelassen werden. Damit werden dann formale Kriterien erfüllt und man gewinnt einen hübschen Preis. Ob das Gebäude dann auch sinnvoll betrieben werden kann, steht aber auf einem anderen Blatt.

(+) plus: Wie funktioniert die Kommunikation zwischen Planungsverantwortlichen und FM?
Schenk: Die findet praktisch nicht statt. Es ist noch nie ein Haustechnikplaner zu uns gekommen, um sich über den Betrieb eines Gebäudes zu informieren. FM wird immer noch als letztes Glied der Kette und nicht als ernstzunehmender Partner gesehen. Bei Architekten habe ich das Gefühl, dass sich langsam ein Dialog entwickelt.

(+) plus: Immer wieder diskutiert wird das hohe Einsparungspotenzial bei FM-Dienstleistungen. Viele Objektbetreiber kritisieren, dass in den üblichen Pauschalverträgen Leistungen inkludiert sind, die kein Mensch braucht. Wie begegnen Sie diesen Vorwürfen?
Schenk: Diese Vorwürfe sind mir bekannt, sind aber haltlos. Das zeigt aber ein Hauptproblem des Facility Managements: Denn FM ist schwer definierbar und immer individuell. Es gibt Infrastrukturleistungen, die der Mieter direkt nutzt und die einen Mehrwert bringen. Das ist transparent und damit sicher nicht überdimensioniert. Natürlich gibt es auch flexible Positionen, die Einsparungspotenzial bieten. Ein Empfangspersonal kann man in der Regel einsparen, ohne dass die Welt untergeht. Das Nächste ist die Technik, aber auch hier wird der Leistungslevel vom Eigentümer festgelegt. Werden die Wartungsintervalle verlängert, geht der Eigentümer ein Risiko ein. Das ist legitim, aber er riskiert natürlich seine Substanz. Und die Reparaturen können dann deutlich teurer werden. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.

(+) plus: Schwarze Schafe sind in der FM-Branche ein bekanntes Phänomen. Hat sich dieses Problem durch den krisenbedingten Preiskampf weiter verschärft?
Schenk: Ich habe von einem Dienstleister gehört, der 51 Prozent seiner Auftragssumme für das Management aufwendet. Es sind diese Anbieter, die den Ruf einer ganzen Branche massiv untergraben. Und durch die Krise gibt es natürlich immer mehr Mitbewerber, die sich rein auf das Preisargument stürzen.
Da stehen bei Ausschreibungen plötzlich Zahlen im Raum, die seriöserweise nicht erreichbar sind. Da muss der Dienstleister entweder noch was drauflegen oder das Leistungsverzeichnis wird einfach nicht erfüllt. Anders sind diese Fantasiegebote nicht möglich. Dabei kritisiere ich gar nicht so sehr den Mitbewerber, sondern die Auftraggeber, die sich das gefallen lassen.

(+) plus: Das sind aber Einzelfälle.
Schenk: Leider nicht. Ein weiteres Beispiel: Fünf Jahre lang hat ein anerkanntes FM-Unternehmen ein Objekt betreut, für 195.000 Euro im Jahr. Der Eigentümer hat dann von uns ein Angebot eingeholt, wir hätten denselben Leistungsumfang für 130.000 Euro hinbekommen. Jetzt höre ich, dass das ursprüngliche Unternehmen das Paket plötzlich für 90.000 Euro anbietet. Da muss sich der Auftraggeber doch fragen, wofür er in den letzten fünf Jahren die 100.000 zusätzlichen Euro im Jahr gezahlt hat. Das ist absolute Preistreiberei. Damit steht der Vorwurf der Willkür im Raum und wir haben ein Branchenproblem.
Ich appelliere deshalb an die Planer, ihre Kunden darüber aufzuklären, was machbar ist und was eben nicht. Aber viele Auftraggeber sind leider schon damit zufrieden, wenn sie ein günstiges Angebot bekommen. Der Rest interessiert sie dann schon deutlich weniger.

(+) plus: Steht nicht auch der Facility Manager in der Pflicht, die Auftraggeber noch viel intensiver zu beraten? Ihn auch darauf hinzuweisen, welche Leistungen er vielleicht nicht braucht? Dann kommt man auch weg vom reinen Preisargument.
Schenk: Es ist sicher richtig, dass wir das in vielen Fällen noch zu wenig machen. Ich bin da aber auch ein Getriebener. Denn das kostet sehr viel Energie und ich weiß nicht einmal, ob es sich lohnt. Und dann habe ich auch noch das Problem des Urheberrechts. Wir bringen die Ideen ein und der Auftrag geht dann doch an den Billiganbieter. Viele Leute wissen aber auch gar nicht, was sie im Haus haben. Da kann man dann auch nur wenig beraten.

(+) plus: Die Margen sind bereits jetzt stark unter Druck, wie werden sie sich weiter entwickeln?
Schenk: Wir machen bei der Preistreiberei nicht mit. Die Strategie, Aufträge zu kaufen, ist keine Strategie. Ich übernehme nur Aufträge, die auch ein Geschäft versprechen. Alles andere macht keinen Sinn.

(+) plus: Was erwarten Sie vom Jahr 2010?
Schenk: Ich gehe von einer stabilen Geschäftsentwicklung aus. Natürlich kann es aufgrund der Krise zu Rückgängen kommen, aber nicht dramatisch. Geplant ist ein moderates Wachstum. Es gibt einige neue Projekte am Markt, für die wir Angebote gelegt haben.

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