Laut einer Analyse des Beratungsunternehmens Strategy& werden 70 Prozent der Lkw in Europa, Nordamerika und China im Jahr 2035 elektrisch angetrieben werden. Die Branche fährt zweigleisig: Trotz des Fokus auf batteriebetriebene Lkw bleibt auch Wasserstoff ein Thema.
Elektrisch angetriebene Lkw werden innerhalb der nächsten 15 Jahre das Straßenbild dominieren. Diese Prognose wagt Strategy&, die Strategieberatung von PwC, in ihrer neuen Studie „The Dawn of Electrified Trucking“. Bereits 2030 sollen in Europa, Nordamerika und im Großraum China ein Drittel aller neuzugelassenen Lastwagen elektrisch angetrieben sein. Bis 2035 wird dieser Anteil auf etwa 70 Prozent steigen. Für die Studie wurden vier wesentliche Treiber für die Einführung von „Zero Emission Vehicles“ (ZEV) identifiziert und analysiert: Regulatorik, Kosten, Infrastruktur, öffentliche Wahrnehmung. Auf dieser Basis wurden anschließend regionale Kipppunkte für die jeweilige Marktdiffusion in den Märkten Europa, Nordamerika und dem Großraum China bestimmt.
Hoher Investitionsbedarf
Beschleunigt wird der Wandel vor allem von immer strikteren regulatorischen Anforderungen sowie gleichzeitig fallenden Gesamtbetriebskosten für (ZEV). In Europa erhöhen zusätzlich der Krieg in der Ukraine und seine wirtschaftlichen sowie politischen Folgen den Transformationsdruck: Viele Regierungen richten ihre Energiepolitik aktuell neu aus und reduzieren dabei ihre Abhängigkeit von fossilen Energieträgern. „Die energiepolitische Zeitenwende treibt wie bei Pkw auch bei Lkw die Antriebswende. Die regulatorischen Vorgaben zur Emissionsreduzierung haben nicht nur enorme Sprünge beim Antriebsstrang erfordert, sondern machen auch Fortschritte bei Ladekonzepten notwendig“, sagt Jörn Neuhausen, Co-Autor der Studie und Leiter Elektromobilität bei Strategy& Deutschland.
An Megawatt-Ladesäulen (Megawatt Charging System – MCS) bekommen batteriebetriebene E-Lkw inzwischen in 30 Minuten genug Strom für 400 Kilometer. In Kombination mit Ladepunkten, an denen E-Lkw zusätzlich über Nacht laden, könnten ganze Ladeparks an Autobahnen entstehen – wenn die dafür notwendigen Investitionen jetzt getätigt werden. Ein Autobahnladepark mit 6 Megawatt-Ladesäulen und 34 Übernacht-Ladepunkten schlägt sich mit 8,5 Millionen Euro zu Buche. Eine Fokussierung auf batterieelektrische Technik wie bei Pkw kann Johannes Schneider, Experte für Industriegüter- und Energieversorgungsunternehmen bei Stategy& Österreich, jedoch nach wie vor nicht erkennen: „Obwohl die jüngst veröffentlichte Wasserstoffstrategie für Österreich den Einsatz von Wasserstoff im Lkw-Fernverkehr klar als nachrangig gegenüber anderen Einsatzgebieten sieht, wird die Umrüstung der Flotten österreichischer Unternehmen auf Grund der grenzüberschreitenden Geschäftsmodelle im europäischen Kontext erfolgen.“
Johannes Schneider, Strategy& Österreich, hält neben elektrischen auch wasserstoffbetriebene LKW künftig für ein plausibles Szenario. (Bild: Strategy&)
In jedem Fall ist der rasche Aufbau einer öffentlichen Ladeinfrastruktur in Europa eine der wesentlichen Voraussetzungen für den Erfolg der Elektro-Transformation – sowohl für batteriebetriebene Lkw als auch für Trucks mit Brennstoffzelle. In Europa prognostiziert die Studie mittelfristig einen Investitionsbedarf von rund 1,4 Milliarden Euro. Bis 2025 könnten mit dieser Summe 120 MCS für Batterieantriebe sowie bis 2027 etwa 70 Wasserstofftankstellen (Hydrogen Refueling Stations – HRS) entstehen.
(Titelbild: iStock/Tramino)