Bei der 19. Country Risk Conference von Coface Österreich stand das Thema Globalisierung im Mittelpunkt: Kommt nach dem Social Distancing das Global Distancing?
Titelbild: Diskussionsrunde bei der heurigen Country Risk Conference von Coface. Wie beeinflusst die Globalisierung unsere Wirtschaft aktuell? (Credit: Coface)
„Ist glokal das neue global?“ – mit dieser Frage brachte Dagmar Koch, Country Managerin Coface Österreich, die Thematik gleich in ihrer Eröffnungsrede im Apothekertrakt des Schloss Schönbrunn auf den Punkt. Die Keynotes, gestaltet vom Publizisten Paul Lendvai sowie vom Zukunftsforscher Tristan Horx, lieferten eine profunde Analyse der gegenwärtigen Spannungsfelder.
Lendvai beleuchtete die Systematik von Demokratie und Autokratie: „Die Grundlage des autokratischen Systems ist die systematische Lüge. Bis sich die Wahrheit durchsetzt, dauert es lange. Daher sind die Medien so wichtig.“ Der Osteuropa-Experte zog ein pessimistisches Resümee: „Für Panik gibt es keinen Grund, für Optimismus auch nicht.“ Es gebe „kein Zurück zu einem verlässlichen Partner Russland“. Tristan Horx präsentierte die „Megatrends-Map“ des Zukunftsforschungsinstituts. Jener Megatrend, der die Menschheit am längsten begleitet, sei die Sicherheit: „Sicherheit hat keine Schnittstelle mit der Globalisierung.“ Die 18- bis 24-Jährigen sei jedoch eine „Generation global“ und sehr international orientiert. Aktuell sei die Verbindung der Generationen untereinander in den Hintergrund geraten, so Horx: „Das Netz löst Verbindungsfragen, aber keine Beziehungsfragen.“
Anhaltende Probleme
Einen volkswirtschaftlichen Blick auf die Branchen- und Länderrisiken richteten die Ökonomen Christiane von Berg und Grzegorz Sielewicz. Für viele Staaten verlief das zwei Quartal 2022 deutlich besser als erwartet. Trotzdem bleibt die Situation angespannt: Die stockenden Gaslieferungen sowie steigende Preise belasten das Wachstum. „Es profitieren dabei vor allem die Rohstoffexporteure wie Angola und Brasilien“, erklärte Von Berg. Trotz der Risikoabstufung Österreichs von A2 auf A3 sieht Sielewicz die heimische Wirtschaft auf einem guten Weg – Österreich reihe sich aufgrund der Handelsbeziehungen in die gesamteuropäische Entwicklung ein. Die Energiepreise, die hohe Inflation und die anhaltenden Lieferkettenprobleme seien derzeit die größten Herausforderungen, denen sich Unternehmen stellen müssen.
In einer Paneldiskussion wurde anschließend das Zusammenspiel von Globalisierung und Regionalität hinterfragt. „Wir konnten in den letzten Jahren viel lernen und sind deutlich resilienter geworden. Es macht uns stärker, wenn wir nicht auf Single Sourcing setzen“, unterstrich Coface-Chefin Dagmar Koch. Auch Christiane Noll, Geschäftsführerin von Avanade, verwies auf die digitale Transformation als Motor: „Mit den Mitteln der Digitalisierung können wir Globales und Regionales verbinden und vor Ort einen Impact schaffen.“
Bei RHI Magnesita wurde nach einer Risikoanalyse das Spektrum der Zulieferer für mehr als 400 Produkte gestreut, wie CEO Stefan Borgas berichtete – ohne höhere Kosten: „Es gibt nichts Demokratischeres als freien Welthandel.“ Dieser Aussage konnte Theresa Imre, Gründerin und Geschäftsführer der Plattform markta, nichts abgewinnen: „Es gibt unfaire Spielregeln.“ Entscheidend sei die Frage, ob Verantwortung in wirtschaftliche Prozesse integriert werde.