Der E-Government-Experte Comm-Unity liefert mit einer IoT-Lösung die Überwachung der Luftqualität in Innenräumen. Bei Überschreitung kritischer Werte fordert eine App zum Lüften auf. Peter Schelander, Head of Cloud Solutions (Bild), spricht im Interview über das Neuland, das der kommunale Dienstleister mit dem „CO2-Wizard“ beschritten hat.
Report: Welchen Bedarf adressieren Sie mit der Lösung CO2-Wizard?
Peter Schelander: Die Menschen in Österreich sind von der Corona-Krise ebenso wie von steigenden Energiepreisen und damit höheren Heizkosten betroffen. Mit dem CO2-Wizard wollen wir in beiden Bereichen einen wertvollen Beitrag leisten.
Die Idee zum Produkt hatte ihren Ursprung vor dem Hintergrund der COVID-19-Maßnahmen. Sowohl zu Beginn der Corona-Pandemie als auch heute empfiehlt die Bundesregierung Innenräume ausreichend zu lüften, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Das führte anfangs in den Schulen dazu, dass Fenster während dem Unterricht über unnötig lange Zeiträume offengehalten wurden. Schüler saßen zum Teil mit Mänteln im Klassenzimmer. Das hat die Frage aufgeworfen, wie man erkennen kann, wann ein Raum gelüftet werden sollte.
Da das Infektionsrisiko durch Viren steigt, wenn sich die Anzahl der Aerosole im Raum erhöht – sie dienen als Transportmittel der Verbreitung der Viren – ist der CO2-Gehalt der Luft in Innenräumen generell ein guter Indikator auch für die Ansteckungsgefahr. Unsere Lösung mit vernetzten Sensoren, einer Datenplattform und einer App für die Nutzer*innen informiert punktgenau, wann es an der Zeit ist, die Fenster zu öffnen. Der CO2-Wizard gibt auch Aufschluss darüber, ob bereits genug gelüftet wurde. Als positiver Nebeneffekt steigt damit auch die Konzentrationsfähigkeit der anwesenden Personen deutlich. Eine steigende CO2-Belastung würden den gegenteiligen Effekt bewirken. Ab einer CO2-Konzentration von 1.050 ppm (Anm. „parts per million“) kann bereits gelüftet werden, ab einer CO2-Belastung von 1.500 ppm sollte auf jeden Fall gelüftet werden.
Der CO2-Wizard misst auch Temperatur und Luftfeuchtigkeit und lässt damit weitere Rückschlüsse auf das Raumklima ziehen. Er hilft, Heizkosten und den Betrieb von Klimaanlagen zu optimieren. Man erkennt in den Diagrammen sehr rasch, ob in einem Raum zum Beispiel eine viel zu niedrige Temperatur vorliegt – wenn etwa ein Fenster im Winter zu lange offen ist – oder ob es bei offenen Fenstern im Sommer im Raum zu warm wird.
Report: Sprechen Sie mit der Lösung bestimmte Branchen an?
Schelander: Die Zielgruppen sind zum einen alle Bereiche, in denen sich mehr als zwei Personen für einen längeren Zeitraum gemeinsam in einem Raum aufhalten und man die Ansteckungsgefahr durch Viren senken möchte. Ebenso sprechen wir für die Optimierung des Raumklimas und der Klimakosten Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten, Universitäten, Unternehmen mit Büros, Besprechungs- und Seminarräumen, Hotels, die Gastronomie, Dienstleister mit Wartezimmern oder Behandlungsräumen, Krankenhäuser, Gemeindeämter, Betreiber von Wohnanlagen und viele mehr an.
Report: Was wurde aus Ihrer Sicht bei der Lösung besonders gut umgesetzt?
Schelander: Wir bekommen immer wieder das Feedback, wie einfach die Bedienung des CO2-Wizards ist – egal ob es sich um die Inbetriebnahme der Sensoren, die Bedienung der Mobile-App oder des Dashboards am Desktop handelt. Die technische Komplexität des Produktes ist für den Anwender nicht spürbar. Das entspricht auch unserer Vorstellung davon, wie IoT-Lösungen eingesetzt werden müssen, um Menschen im Alltag zu helfen.
Positiv ist auch die verständliche Darstellung der Daten in den Dashboards. Viele bekommen damit sofort Ideen für weitere Einsatzmöglichkeiten. Und der CO2-Wizard ist vollständig an das Corporate Design eines Unternehmens anpassbar – das gilt nicht nur für die Standard-Dashboards am Desktop, sondern auch für die mobile Applikation.
Report: Welchen Herausforderungen sind Sie in der Umsetzung begegnet?
Schelander: Das Thema IoT war für uns Neuland. Es gibt eine ganze Reihe von Technologien, Protokollen, Sensoren und weitere Themen, die man sich dazu im Detail ansehen und die man verstehen muss. Gute Sensoren zu finden und diese dann auch in eine IoT-Plattform zu integrieren, ist für sich genommen schon nicht so einfach. Auch wenn die Lieferanten anderes behaupten. Was wir auch lernen mussten: Die Welt des IoT existiert zwar schon viele Jahre, nimmt aber erst jetzt langsam so richtig Fahrt auf. Das hat zur Folge, dass neue Sensoren am Markt zum Teil nicht immer so funktionieren, wie es die Hersteller selbst glauben – etwa bei der Datenübertragung. Man lernt Sensorprotokolle zu lesen, Firmware auf Sensoren einzuspielen und vieles mehr – alles Dinge, die mit klassischer Softwareentwicklung nur bedingt zu tun haben. Für uns hat sich bewährt, dass wir auf Sensoren von deutschen Herstellern gesetzt haben. Technische Probleme konnten so rasch auf direktem Weg geklärt werden und unser Feedback an die Sensorhersteller hatte direkten Einfluss auf die Weiterentwicklung der Sensoren.
Report: Was haben Sie im Bereich IoT weiter vor?
Schelander: Wir arbeiten bereits weitere Use Cases aus, die sowohl in der öffentlichen Verwaltung als auch in der Privatwirtschaft zum Einsatz kommen werden. Bei den Sensoren und bei Connectivity-Lösungen arbeitet Comm-Unity mit Partnern zusammen – wir sind bemüht, unser Partnernetzwerk ständig zu erweitern. Unser Part im IoT-Bereich ist die Verarbeitung großer Datenmengen und die Visualisierung und Analyse dieser Daten, um Kunden in unterschiedlichsten Bereichen ein Werkzeug zur Entscheidungshilfe an die Hand zu geben. Werden für eine Lösung auch mobile Apps benötigt, werden diese ebenfalls von uns entwickelt und über App-Stores zur Verfügung gestellt. Wir wollen unseren Kunden in Zukunft eine Plattform bieten, mit der sie ihre IoT-Use Cases zentral abwickeln können.
Report: Was ist prinzipiell das Kerngeschäft Ihres Unternehmens? Wer sind Ihre Kunden?
Schelander: Wir stellen Software für die öffentliche Verwaltung bereit. Dadurch sind unsere Hauptkunden Städte, Gemeinden und Verbände. Mit dem Betreten des IoT-Marktes wollen wir unseren Kundenstock auf die Privatwirtschaft ausdehnen.