Jeden Tag benötigt jeder in Österreich lebende Mensch rund 33 kg Sand, Kies und Schotter. Eingesetzt werden diese mineralischen Rohstoffe vor allem für den Straßenerhalt, eine funktionierende Infrastruktur, sie sind aber auch Basis dafür, sich selbst zu vertretbaren Kosten ein Eigenheim zu schaffen. Jeder von uns erwartet, dass diese Baurohstoffe ausreichend verfügbar, umweltschonend gewonnen sowie qualitativ hochwertig und günstig zur Verfügung gestellt werden.
Österreich ist in der guten Lage, über ausreichend Lagerstätten zu verfügen, jedoch wird der Zugang zu diesen aufgrund vieler Einschränkungen und Hemmnisse immer schwieriger. Lösen kann die Herausforderung der Sicherung der Rohstoffflächen und damit die Versorgungssicherheit die Rohstoff- und Bauwirtschaft jedoch nicht allein.
Das Forum mineralische Rohstoffe, als Interessenvertretung von 120 Rohstoffgewinnungsbetrieben in Österreich, hat fünf Herausforderungen definiert, für die Lösungsansätze erarbeitet werden sollen. Diese betreffen die Themen:
- Versorgungssicherheit
- Lagerstättenschutz
- Rohstoffbedarf & genehmigte Rohstofflagerstätten
- Gesetzgebung & Genehmigungen
- Verfahrenssicherheit
Basis unseres Wohlstands
Der Bedarf an mineralischen Rohstoffen beträgt in Österreich jährlich rund 100 Mio. Tonnen. Der Großteil dieser Rohstoffe wird für den Bau von Straßen, Häusern und Infrastruktur benötigt.
Allein in Wien bringt das Bevölkerungswachstum für die Stadt eine Reihe von
Herausforderungen mit sich. Mit jährlich rund 10.000 neuen Wohneinheiten wird in Wien so viel gebaut wie in kaum einer anderen europäischen Stadt. Die dafür benötigten mineralischen Rohstoffe kommen meist aus den umliegenden Bundesländern wie Niederösterreich und dem Burgenland.
Neben dem Wohnbau muss auch die städtische Infrastruktur entsprechend ausgebaut bzw. saniert werden. Aber was passiert, wenn der Status quo weiterhin aufrechterhalten wird und wie lange haben wir in Österreich tatsächlich regional gesicherte und genehmigte mineralischen Baurohstoffe?
Raumordnerische Sicherheit
Das Wirtschaftsministerium beendete im Jahr 2010 seine Arbeiten zur Erstellung des Österreichischen Rohstoffplans, der einen Beitrag des Bundes zu einer nachhaltigen Mineralrohstoffversorgung darstellen sollte.
Der Österreichische Rohstoffplan ist als Masterplan für eine konfliktfreie Rohstoffsicherung für die nächsten Generationen zu verstehen. Den für die Raumordnung zuständigen Ländern wurden die in den Jahren 2002–2010 erarbeiteten detaillierten Grundlagen und Auswertungen mit dem Ziel überantwortet, jene Bereiche, in denen derzeit eine konfliktfreie Gewinnung mineralischer Rohstoffe möglich ist, raumordnerisch zu berücksichtigen. Damit soll der Zugang zu den ortsgebundenen Lagerstätten langfristig garantiert werden.
Sollte – die gelebte Praxis sieht jedoch ganz anders aus. Nahezu jedes Bundesland wählte eine andere Herangehensweise zur Sicherung der vorhandenen Rohstoffe im eignen Bundesland, die einmal besser, einmal schlechter funktioniert.
Kein rein österreichisches Thema
Das Thema der Rohstoffsicherung endet jedoch nicht vor der eigenen Haustür. Der Österreichische Rohstoffplan geht auch mit der Rohstoffinitiative der Europäischen Kommission konform. Diese besagt, dass in der EU die Rahmenbedingungen so gestaltet sein sollen, dass eine dauerhafte Versorgung mit Rohstoffen aus europäischen Quellen ermöglicht wird.
Aus bereits genannten Gründen trachtet die gesamte Branche vor allem danach, mineralische Baurohstoffe in der Region zu gewinnen, um diese möglichst ohne langen Transport auch in der Region den Menschen zur Verfügung zu stellen. Fakt ist, dass ein Transport von einem Großteil der Baurohstoffe wie Schüttmaterialien über 40 km nicht nur Bürger, Straßen und Umwelt belastet, sondern schlicht weg nicht wirtschaftlich ist, weil der Transport die Kosten des Rohstoffes überschreitet.
Gordischer Knoten
Nicht der Naturschutz ist, wie viele annehmen würden, die zentrale Herausforderung der Rohstoffgewinnung, sondern Transport, Verkehr und die Erhaltung bzw. Genehmigung von Lagerstätten. Dabei ist und bleibt der Verkehr der gordische Knoten bei der Rohstoffgewinnung.
Nach wie vor herrscht die Situation, dass der größte Teil der benötigten Baurohstoffe aufgrund der Lage und der nicht vorhandenen Anbindung nicht auf der Schiene, sondern mit dem Lkw transportiert wird (werden muss).
Um Lärmbelästigung zu vermeiden, ist es das Ziel jedes Rohstoffe gewinnenden Unternehmens, die Zu- und Abfahrten für Lkw außerhalb von Wohngebieten zu führen. Vielfach gelingt dies, es gibt aber auch Gegebenheiten, wo dies nicht möglich ist.
Zentral ist dabei ein gutes Verkehrskonzept, das die Interessen von Unternehmen, Anrainern und Bevölkerung bestmöglich in Einklang bringt. Es kann jedoch nicht sein, dass Betriebe alle Verpflichtungen der Gemeinden und öffentlichen Stellen für die bestmögliche Planung und Sanierung von Straßen etc. übernehmen müssen.
Versorgung gewährleisten
Die Versorgung der Bevölkerung und Wirtschaft mit nachhaltig gewonnenen Rohstoffen ist eine zentrale Aufgabe, um unseren Wohlstand zu erhalten bzw. auszubauen. Diese Versorgungssicherheit ist jedoch in einem geologisch rohstoffreichen Land trotzdem nur dann gegeben, wenn die Rahmenbedingungen so gestaltet sind, dass qualitativ hochwertige Rohstoff auch leistbar gewonnen werden können.
Die rohstoffgewinnende und -verarbeitende Branche arbeitet einerseits seit Jahren daran, mittels neuer Gewinnungstechniken und Methoden die Belastungen für die Bevölkerung so gering wie möglich zu halten. Andererseits ist es aber auch wichtig, dass Gewinnungsstätten wirtschaftlich betrieben werden können.
Lagerstätten schützen
Als Baubehörde erster Instanz hat jeder Bürgermeister einerseits die Verpflichtung, die eigene Gemeinde mit mineralischen Rohstoffen (am besten aus der nahen Umgebung) zu versorgen. Weiters hat dieser auch die Verantwortung, nur zugelassene und qualitativ entsprechende Produkte in Ausbau und Erhalt der Gemeindeinfrastruktur einzusetzen. Schafft die Gemeinde dies beispielsweise aufgrund von Anrainerprotesten nicht, müssen mineralische Rohstoffe von »woanders« herbeigeschafft werden. Das erhöht nicht nur die Rohstoffkosten, sondern auch den Transportaufwand und damit die Umweltbelastung.
Eine der großen Herausforderungen besteht darin, dass die vorhandenen Lagerstätten raumordnungsrechtlich nicht gesichert werden und Bürgermeister heranrückende Bebauung zulassen. Das Forum Rohstoffe rechnet in den nächsten 20 Jahren vor allem in den großen Ballungsräumen wie Wien mit einem eklatanten Mangel an verfügbaren Rohstoffen. Auch werden durch das Anwachsen der Städte umliegende Betriebe mehr und mehr vertrieben.
So kommt dem Lagerstättenschutz in der Frage der künftigen Versorgungssicherheit eine ganz wesentliche Rolle zu. Hier stellt sich die Frage, wie Lagerstätten (über eine Interessenabwägung) vor einer anderweitigen Verwendung der Flächen (inkl. Einhaltung der Schutzzonen) geschützt/gesichert werden können. Der Interessenkonflikt eines mehr oder minder in Direktwahl gewählten Bürgermeisters wird dabei ganz offensichtlich.
Eine Lösung dieses Problems wäre – neben einer verpflichtenden Eigenversorgungsquote – die Einführung von vorrangigen Schutzzonen für Lagerstätten und Schutz der vorhandenen Lagerstätten auf Bundesebene unter Einbeziehung der Länder und Gemeinden.
Auch sollten Rohstofflagerflächen durch Freihaltezonen durch den Bürgermeister erst gar nicht anders gewidmet werden dürfen. Der Schutz dieser Flächen könnte analog zu den Naturschutzflächen erfolgen. Trotzdem erscheint es sinnvoll weiterhin eine Einzelfallbeurteilung unter Einbeziehung der Betroffenen zu ermöglichen
Entscheidungskompetenzen
Viele Rohstoffvorhaben scheitern schon im Keim am Widerstand der Bevölkerung. Meist geht es um die Angst der direkten Anrainer hinsichtlich erhöhter Verkehrs-, Lärm- und Staubbelastung. Gemeint ist eher die Furcht vor Veränderungen und Eingriffen in der nahen Lebens-umgebung.
Mit diesem Problem, auch bekannt als NIMBY- (Not In My Back Yard) oder Floriani-Prinzip, steht die Rohstoffbranche nicht allein da. Bei nahezu allen Diskussionen, wenn es um den Aufbau von Industriestandorten, Windrädern, Einkaufszentren, Mobilfunkmasten etc. geht, wird dieses Prinzip massiv verfochten.
Infrastrukturprojekte, aber auch die Gewinnung von Rohstoffen für den Erhalt des allgemeinen Wohlstands wird niemand grundsätzlich ablehnen. Jedoch nur, solange es nicht vor der eigenen Haustür passiert.
Es stellt sich daher die Frage, ob die vorhandene Gesetzgebung ausreichend ist und ob die Entscheidungskompetenzen in Gemeinde/Land/Bund richtig definiert sind. Der seit Jahren als passendes Instrumentarium existierende Rohstoffplan wird leider nicht entsprechend effizient genutzt und umgesetzt.
Schützenswerte Güter
Die Herausforderungen für die Versorgungssicherheit sind vielfältig. Sie beginnen bei der Raumordnung, gehen über einen Mangel an Amtssachverständige bis hin zu Verlängerungen oder Abänderungen alter Bescheide, um diese aktuellen Gegebenheiten und Weiterentwicklungen anzupassen.
Wünschenswert wäre, wenn auch die Möglichkeit einer Verlängerung bei Rodungsbescheiden, ohne eine neuerliche Einreichung einer Rodungsgenehmigung, bestünde. Grundsätzlich sollte der Rohstoffgewinnung innerhalb der Raumordnung die gleiche Bedeutung wie anderen schützenswerten Gütern wie Forst, Wasser und Infrastruktur eingeräumt werden.
Lange Verfahren
Fakt ist, dass in der Rohstoffgewinnung Gesetzgebung und deren Vollzug überbordend, nicht zeitgemäß und kaum vollziehbar sind. Ein ganz zentrales Problem der Rohstoffbranche ist die lange Verfahrensdauer bei Genehmigungen. Wichtig wäre die Verkürzung, Vereinfachung und Konzentration der Verfahren durch weniger bzw. keine zusätzlichen Gutachten. Oft dauern diese länger als die dann mögliche Rohstoffgewinnung.
Dringend nötig wäre es, Gesetze und Verordnungen zu durchforsten, zu entrümpeln und vor allem aufeinander abzustimmen, weil sich diese gegenseitig in manchen Bereichen sogar widersprechen. Auch werden selbst rechtskräftige Bescheide immer wieder aufgehoben.
Hinzu kommt auch der massive Personalmangel an Amtssachverständigen, die in Genehmigungsverfahren einzubinden sind. Derzeit sind massiv unterbesetzte Abteilungen und die Beauftragung von sogenannten nichtamtssachverständigen Gutachtern gelebte Praxis.
Mit einer Rechtssicherheit, einer Aufstockung an Amtssachverständigen, konzentrierten Verfahren und einer Entrümpelung der Gesetze wäre allen geholfen. Dazu ist die Stärkung der an der Basis arbeitenden Vollzugsbeamten nach dem Vorbild der Montanbehörde dringend erforderlich, da diese die aktuelle Situation am besten einschätzen können. Wie früher könnte die Bergbehörde auch die beste Vollzugsbehörde sein.
Personelle Ressourcen
Bezweifelt werden kann die Sinnhaftigkeit der jährlichen Überprüfung der Rohstoffgewinnungsbetriebe, weil die Unternehmen jedes Jahr von bis zu sechs verschiedenen Personen wie Arbeitsinspektor, Umwelt, Wasser etc. besucht werden. Die Verlängerung der Besuchsintervalle auf drei bis fünf Jahre wäre hier zielführend.
Sinnvoll wäre es, die eingesparten personellen Ressourcen dafür zu verwenden, die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Gefordert wird, dass über alle Gesetze hinweg ein klares Bekenntnis der Politik zur Eigenversorgung mit mineralischen Rohstoffen erfolgt.
Versorgungsengpässe
Weitere Belastungen sind in Zukunft Naturereignisse, die an Häufigkeit und Intensität gewinnen werden. Auch ist mit Schäden in Folge von Katastrophen zu rechnen, was zu Engpässen und Preisanstiegen für Baurohstoffe führen wird.
Tatsache ist, dass es bei Aufrechterhaltung des Status quo in Österreich in absehbarer Zeit keine verfügbaren Rohstoffe in ausreichender Menge zu vertretbaren Kosten geben wird. In den kommenden Jahren ist aufgrund dieses Rohstoffmangels mit Versorgungsengpässen und einer Verteuerung von mineralischen Rohstoffen, mehr LKW-Verkehr und einer steigenden Umweltbelastung zu rechnen.
Ziele:
- Sicherung und Schutz von Flächen, auf denen Rohstoffe gewonnen werden können
- Verankerung von mineralischen Rohstoffen als schutzwürdiges Gut in der Raumordnung
- Konsequente Umsetzung des Rohstoffplans in allen Bundesländern, wie beispielsweise die positive Ausweisung in NÖ
- Rechtssicherheit, einfachere Verfahren, kürzere Verfahrensdauer & klare Kompetenzverteilung innerhalb der Behörde
- Ausreichend zur Verfügung stehende Amtssachverständige innerhalb der Behörde sowie Entlastung dieser ASV
- Anpassung der Nachnutzungsbescheide an den aktuellen Stand der Technik und ökologischen Status quo
- Bessere Bahnanbindungen, um auch in Zukunft die Versorgung aus entlegenen Lagerstätten zu ermöglichen