Railselect, das Joint Venture der ÖBB mit der Deutschen Bahn, ist auf Schiene. Die ersten Pilotversuche sollen beim nächsten Fahrplanwechsel starten. Unumstritten ist das Projekt freilich nicht.
Anfang März war es so weit: Nach jahrelangen Vorbereitungen und Sondierungen fielen im Aufsichtsrat der ÖBB-Güterverkehrstocher Rail Cargo (RCA) die Würfel. Railselect, ein gemeinsames Joint Venture mit der Deutsche-Bahn-Gütertochter DB Schenker, nimmt konkrete Formen an. Innerhalb der nächsten zwei bis drei Monate werden die Geschäftsmodelle durchgerechnet und fertig sein. Danach soll es Schlag auf Schlag gehen. »Die ersten Piloten starten mit dem Fahrplanwechsel«, sagt RCA-Vorstandssprecher Fritz Macher. Gänzlich überraschend kommt die jüngste Entwicklung nicht: Noch im Februar wurden hochrangige Manager der ÖBB und der Deutschen Bahn beim gemeinsamen Abendessen in Wien gesichtet. Dass mehr als über das Wetter parliert wurde, war anzunehmen. Gänzlich unumstritten ist das Projekt Railselect nicht. Front machte in der Vergangenheit vor allem die mächtige Eisenbahnergewerkschaft. Gezeichnet von der Ära Schüssel 1+2, Grasser und einer illustren Riege von Verkehrsministern, befürchtete die Gewerkschaft einen Ausverkauf österreichischer Interessen. So richtig anfreunden kann sich Bahngewerkschafter Wilhelm Haberzettl mit Railselect bis heute nicht.
Eine gemeinsame Produktionsgesellschaft brächte vor allem den Deutschen Vorteile, wird von Gewerkschaftsseite gemutmaßt. Den Zugang zu unerschlossenen Märkten etwa oder die Linderung der drückenden deutschen Lokführernot. Im Raum steht auch die Keule eines befürchteten Totalausverkaufs an die Deutschen. RCA-Chef Fritz Macher beruhigt nach Kräften: »Geschäft werden wir dadurch nicht hergeben. Railselect wird die DB-Netze im Norden mit den RCA-Netzen im Süden strategisch miteinander verbinden.« Auch »Leute von draußen« werde man nicht in die Belegschaft nehmen. Die Kunden werden vom Joint Venture abwicklungstechnisch übrigens gar nichts merken. Wer seine Fakturen bislang von der Rail Cargo erhalten hat, erhält sie auch in Zukunft von der RCA, für DB-Kunden gilt das gleiche. Zu verschenken haben die ÖBB tatsächlich nichts. Die Visionen von Ex-ÖBB-General Helmut Draxler als führenden Güterverkehrskonzern Europas sind zwar nicht ganz aufgegangen, als großer Player haben sich die ÖBB aber allemal platziert. »Gemeinsam werden wir ein europäisches Schwergewicht bilden und agieren auf Augenhöhe mit den großen Logistikern«, bekräftigte ÖBB-Holdingchef Peter Klugar anlässlich der Akquisition der ungarischen MAV Cargo.