Die Wisag Facility Management GmbH lässt sich und die von ihr betreuten Objekte vom TÜV Austria prüfen. Damit können Kunden wie etwa das Hilton Vienna sicher sein, dass der FM-Dienstleister seiner Betreiberverantwortung auch tatsächlich nachkommt. Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report sprechen Wisag-Geschäftsführer Ingo Linke und TÜV-Austria-Geschäftsführer Stefan Wallner über den Mehrwert ihrer Zusammenarbeit.
Report: Was waren die Beweggründe, sich vom TÜV Austria prüfen zu lassen?
Ingo Linke: Entstanden ist die Idee aus einer bereits länger andauernden Zusammenarbeit mit dem TÜV Austria. An vielen unserer Objekte macht der TÜV Austria die Eigenüberprüfung nach Paragraf 82b der Gewerbeordnung.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen rund um die sicherheitstechnischen Aspekte eines Gebäudes ändern sich laufend und werden zunehmend komplexer. Weil wir unseren Kunden garantieren müssen, dass das Gebäude allen gewerberechtlichen Bestimmungen entspricht und wir der Betreiberverantwortung nachkommen, entstand die Idee, sich in vierteljährlichen Audits vom TÜV Austria prüfen zu lassen. Ich sehe das als aktives Qualitätsmanagement, daher trägt auch die Wisag die Kosten.
Report: Das Thema »Qualität« bzw. »Mangelnde Qualität« begleitet die FM-Branche seit Anfang an. Wie ist es um das Qualitätsniveau der heimischen FM-Branche aus Sicht des Zertifizierers bestellt?
Stefan Wallner: Eine Markteinschätzung ist aus unserer Sicht schwierig. Ob Unternehmen am Markt niederpreisig unterwegs sind oder schlechte Qualität liefern, ist für uns erst dann erkennbar, wenn wir vor Ort unsere Audits und Überprüfungen durchführen und hier Abweichungen vom Standard feststellen. Aber natürlich ist es augenscheinlich, dass es am Markt sehr unterschiedliche Qualitäten gibt.
Report: Wo sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen für die Branche?
Wallner: Das Thema FM wird immer breiter und anspruchsvoller. Versicherungs- und Haftungsfragen werden immer relevanter. Geschäftsführer sind heute sehr aufmerksam, was persönliche Haftungen betrifft, und auch die Versicherungen prüfen im Schadensfall sehr genau, ob alle rechtlichen Vorgaben eingehalten und alle vorgeschriebenen Leistungen erbracht worden sind.
Report: Hat sich die Situation in den letzten Jahren verschärft?
Wallner: Auf jeden Fall. Zum einen wird seitens der Behörden schärfer exekutiert. Weil gewisse Haftungsrisiken bei zu lascher Kontrolle auch auf die Behörden überschlagen können. Und es wird auch viel mehr ausgelagert. Immer weniger Unternehmen wollen das Risiko selbst tragen. Da kommen dann unabhängige, externe Prüfer wie der TÜV Austria ins Spiel.
Report: Wo sehen Sie die größten Vorteile der Prüfung?
Linke: Ein FM-Dienstleister, der langfristig am Markt bestehen will, muss Rechtssicherheit garantieren können. Wenn technische Dienstleistungen an einem Gebäude ausgelagert werden, dann verlangt der Kunde, dass ihm daraus keine Probleme erwachsen. Das reicht von behördlichen Kontrollen über Versicherungsfälle bis zu Bewertungsfragen im Zuge eines Verkaufs. Wenn bei einer Due Diligence festgestellt wird, dass gewisse Sicherheiten nicht gegeben sind, muss der Verkäufer mit erheblichen Abschlägen rechnen. Deshalb sind wir gezwungen, ein gewisses Qualitätsmanagement sicherzustellen.
Report: Wo sehen Sie die größten Risiken?
Linke: Der Preisdruck, dem jeder einzelne Anbieter ausgesetzt ist, ist enorm. Damit muss man lernen, umzugehen. In gewissen Bereichen gibt es zwar Optimierungspotenziale, aber dabei muss immer garantiert sein, dass die Sicherheit des Gebäudes nicht leidet. Um das sicherzustellen, sind externe Prüfer, die unbefangen und nicht betriebsblind an eine Überprüfung herangehen, sehr hilfreich.
Report: Welche Rolle spielt eine Prüfung in der Kundenbindung und Neuakquisition?
Linke: Das ist schon ein Argument, das wir bei Verhandlungen einbringen. Letztendlich entscheidet aber der Kunde, ob ihm das wichtig ist oder nicht. Es wird nicht aktiv nach Prüfungen gefragt. Das bringen wir ins Gespräch. Aber wenn der Auftraggeber bereits einen gewissen Leidensweg hinter sich hat, rennt man damit offene Türen ein.
Report: Von welchen Kosten für die Prüfung sprechen wir?
Linke: Ich werde jetzt keine konkreten Zahlen nennen. Aber der Mehrwert ist enorm. Es geht ja nicht nur um das Qualitätsmanagement, sondern auch darum, mit Hilfe eines Prüfers immer up-to-date zu sein, was neue Verordnungen oder Richtlinien anbelangt.
Wenn wir als Dienstleister in einem Gebäude Mängel feststellen, ist es wichtig, dass diese Mängel auch behoben werden und die Mängelbehebung entsprechend dokumentiert ist. Da ist es oft hilfreich, wenn man einen externen, unabhängigen Experten an der Seite hat, der dem Auftraggeber die Notwendigkeit dieser Maßnahmen darlegen kann.
Report: Sehen Sie eine höhere Bereitschaft von FM-Dienstleistern, sich prüfen zu lassen?
Wallner: Ich glaube, dass die Entwicklung in die andere Richtung passieren wird. Der steigende Marktdruck wird dafür sorgen, dass FM-Dienstleister an Prüfungen nicht vorbeikommen werden, wenn sie langfristig am Markt bestehen wollen.
Report: Wie wird sich der FM-Markt mittelfristig entwickeln?
Linke: Ich sehe generell ganz gute Wachstumschancen, weil sich der Markt immer mehr in Richtung Komplett-FM-Vergaben öffnet und auch die Auslagerung von technischen Dienstleistungen ist auf dem Vormarsch. Zudem werden die rechtlichen Rahmenbedingungen immer detaillierter und strenger. Und dafür braucht es Profis.
Das sagt der Kunde
Report: Welche Rolle spielt es für einen Hotelbetreiber, dass sich ein FM-Dienstleister zertifizieren lässt?
Norbert Lessing, Country General Manager Hilton Hotels Austria: Es ist eine Frage der Sicherheit. In erster Linie ist das natürlich für uns intern wichtig. Es gibt aber schon auch Verträge mit internationalen Kunden, etwa Fluglinien, deren Personal nur in Hotels übernachten darf, die gewisse Sicherheitszertifikate vorweisen können. Und da ist es auch für uns hilfreich, wenn sich unsere FM-Dienstleister von externen, unabhängigen Unternehmen zertifizieren lassen und so gewisse Qualitätsstandards nachweislich erfüllt sind.