Im Interview mit dem Report sprechen der Salzburger Landesinnungsmeister Bau, Johann Jastrinsky, und Gunther Graupner, der neue Leiter des österreichischen Kompetenzzentrums für BAUForschung, über die vermeintliche Innovationsfeindlichkeit der Branche, erklären, wo der größte Forschungsbedarf herrscht und zeigen, woran aktuell geforscht wird.
Report: Die Bauwirtschaft gilt gemeinhin als eher innovationsfeindlich. Besteht diese Meinung zu Recht?
Johann Jastrinsky: Nein, ich denke da tut man den vielen kleinen und mittleren Betrieben sicher unrecht. Fakt ist, dass die Arbeitsbelastung in unserer Branche im Alltag sehr hoch ist und Innovationen immer Zeit brauchen. Aber wenn Sie sich die Entwicklung der Baubranche der letzten 20 Jahr ansehen, werden Sie schnell feststellen wie viel sich da an Innovationen getan hat. Wir bauen mittlerweile Niedrigstenergie- und Passivhäuser. Wer hätte sich das vor 20 Jahren vorstellen können. Richtig ist, die Bauwirtschaft ist keine hochwissenschaftliche Branche, wie die Pharmaindustrie oder die Computerindustrie. Aus diesem Grund sehen Innovationen oft recht einfach aus, sind jedoch in der Umsetzung meist recht komplex. Wenn Sie alleine daran denken, dass auf einer Baustelle schnell einmal 15 bis 20 Unternehmen koordiniert zusammenarbeiten müssen, damit die gewünscht Qualität entsteht, dann sieht man den Aufwand, der dazu nötig ist.
Report:Die F&E-Quote ist in der Bauwirtschaft deutlich niedriger, als in anderen Branchen. Wie kann ihrer Meinung die F&E-Quote erhöht werden?
Jastrinsky: Das stimmt, wir haben in der Bauwirtschaft zurzeit eine Forschungsquote von ca. 0,2 Prozent. Dies stellt im Vergleich zu anderen Branchen mit bis zu 4 % tatsächlich einen sehr geringen Anteil dar. Wir haben jedoch erkannt, dass in diesem Bereich etwas getan werden muss. Es geht in diesem Bereich um die Zukunft unsere Branche. Aus diesem Grund haben wir im Jahr 2009 an der BAUAkademie in Salzburg die erste Innovations- und Forschungsstelle Bau eingerichtet, um damit Unternehmen die Möglichkeiten zu bieten, ihre innovativen Ideen in die Forschung zu bringen, Forschungsergebnisse zu nutzen oder sogar selbst Forschungsprojekte zu betreiben. Das geht nicht nebenbei, dafür sind Ressourcen und Profis notwendig. Ein weiterer Fokus dabei ist, Projekte branchenübergreifend zu denken und auch andere Branchen mit einzubeziehen. Damit können breitere Lösungsansätze gefunden werden.
Report: Welchen Stellenwert hat die Forschungsstelle Österreich für die Bauinnung?
Jastrinsky: Wir haben gesehen, wenn man diesen Weg konsequent beschreitet, sind durchaus Erfolge zu erzielen. Wobei dies sicher nicht immer einfach ist und gerade am Beginn auch entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung stehen müssen. Aber die ersten Erfolge sind vorhanden und so haben wir beschlossen, uns auch auf Bundesebene stärker mit dem Thema Forschung zu beschäftigen. Diese Themen machen an der Bundeslandgrenze nicht halt und sind wichtig für unsere Zukunft. Weiters haben wir gesehen, dass auch in den anderen Bundesländern ebenfalls schon verschiedene Forschungsthemen vorhanden sind. Diese gilt es jetzt zu forcieren bzw. auch zu koordinieren.
Report: In welchen Bereichen der Bauwirtschaft sehen Sie den größten Forschungsbedarf?
Jastrinsky: Zu diesem Zweck haben wir eine österreichische Expertenkommission mit Personen aus der Bauwirtschaft gegründet, die die großen Themenfelder für Forschung festlegt. Wir sehen diese zur Zeit hauptsächlich im Bereich der Baukonstruktionen und der Qualität am Bau. Dabei ist es auch in diesen Feldern wichtig, einzelne Themen herauszugreifen und Prioritäten zu setzen.
Report: Welche konkreten Ergebnisse kann die Forschungsstelle vorweisen?
Gunther Graupner: Wir haben mit den in Salzburg begonnenen Themen sicherlich schon eine gute Vorarbeit geleistet. So konnten wir im Bereich des Massivbaus in Zusammenarbeit mit der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie schon erste Ergebnisse für den Themenbereich Bauteilaktivierung liefern. Zur Berücksichtigung dieses Themas in der Normung und im Energieausweis ist aber sicherlich noch einiges an Arbeit notwendig. Auch im Bereich des Ziegelmauerwerkbaus ohne Dämmung, stehen wir kurz davor, erste Ergebnisse zu erhalten. Aber wir können natürlich nicht nur auf die Ergebnisse aus Salzburg bauen. Auch seitens der Bundesinnung Bau gibt es zahlreiche, für die Branche wertvolle Ergebnisse. Beispielsweise sind die Österreichischen Bauschadensberichte sicher ein tolles Mittel die Qualität am Bau zu steigern. Auch das BAU!MASSIV!-Planungstool stellt eine gute Grundlage für Planer dar. Weiters wollen wir auch die Schwerpunkte der anderen Bundesländer stärken und auf eine österreichische Ebene heben.
Report: Eine weitere wesentliche Aufgabe der Forschungsstelle ist der Wissenstransfer. Wie können die Ergebnisse aus der Forschungsstelle Anwendung in der Praxis finden?
Graupner: Wir haben in der Bauwirtschaft das Glück, eigene Bildungseinrichtungen in Form der BAUAkademien in den Bundesländern zu haben. Über diese ist es möglich, das Wissen auf unterschiedlichen Ebenen praxisnahe für die Baustelle weiterzugeben. Es macht keinen Sinn ordnerweise Ergebnisse zu produzieren, die dann keiner liest. Wir müssen das Wissen so aufbereiten, dass es der jeweiligen Zielgruppe gut zu vermitteln ist. In diesem Zusammenhang ist es uns auch besonders wichtig, die erforschten Inhalte in bestehende Ausbildungen zu integrieren.
Report: An welchen Projekten wird derzeit gearbeitet?
Graupner: Neben den Themen Bauteilaktivierung und einschalige Ziegelmauern. arbeiten wir auch in den Bereichen BIM (building information modeling), Baukybernetik und Lebenszykluskosten. Weiters sind wir auf Bundesebene auch im Bereich Wärmedämmverbundsystem-Vergleiche aktiv.
Das Kompetenzzentrum für BAUForschung
Das Kompetenzzentrum BAU für Forschung UND ENTWICKLUNG ist eine neutrale, nicht auf Gewinn ausgerichtete Institution an der BAUAkademie in Salzburg. Es handelt sich um eine von der österreichischen Bauwirtschaft getragene Einrichtung, die neben dem bestehenden Bereich »Qualifizierung«, den Bereich Forschung- und Innovationsunterstützung für KMUs forcieren soll. Die damit verbundenen neuen Herausforderungen den KMUs offen und verständlich zugänglich zu machen bzw. Hilfestellungen zu geben , Innovationsfelder zu thematisieren und neue Impulse zu setzen, soll Aufgabe dieser Einrichtung sein.
Die Thematischen Schwerpunkte des Programms liegen in den Bereichen Energieeffizienz, neue Technologien, kreatives Bauen, Bauinnovation, Verbesserung von Bauprozessen und Forschung. Die Hauptaufgaben der Innovations- und Forschungssteller Bau liegen in der Hilfestellung bei Forschungsvorhaben bzw. neuen Ideen und dem Wissenstransfer von Innovationen und Forschungsergebnissen.
Weitere Infos: www.forschung.bau.or.at