»Nix g’sagt (= im Sinn von »nicht gemeckert«) ist gelobt genug«, gibt die herrschende Kultur der meisten Firmen auch im Jahr 2014 noch gut wieder. Dabei ist der empirische Erkenntnisstand längst weiter.
Unser Hirn – die Stoffwechselvorgänge, die unser Denken beeinflussen, dämpfen oder ankurbeln – funktioniert besser, wenn wir im Flow arbeiten. Betrachtet man ein Unternehmen als Organismus, so muss auch die kleinste Zelle lebensfähig sein, sprich Handlungs(frei)räume haben und »genährt«, gegebenenfalls auch »gedüngt« werden. Im Arbeitsleben geschieht dies durch Anerkennung der erbrachten Leistungen. Das Maß, in welchem »Wertschätzung« in letzter Zeit inflationär in Medienartikeln und Seminaren vorkommt, bildet leider in keinster Weise die Realität in deutschsprachigen Unternehmen ab.
Emotionale Intelligenz zeigt sich vor allem in dieser praktischen Fähigkeit: eine wertschätzende Beziehung zu KollegInnen, Vorgesetzten und Teammitgliedern herzustellen. Sie basiert darauf, die eigenen Bedürfnisse reflektiert zu haben, die Bedürfnisse der anderen empathisch zu erkennen und zu respektieren und bei Konflikten über die Durchsetzung der jeweiligen Bedürfnisse zu verhandeln.
Das zentrale Gleichgewicht für die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit der MitarbeiterInnen – zugleich der Hebel für ihr Engagement – ist die Balance aus Leistung und deren Wertschätzung. Auf dieser zentralen Erkenntnis basieren, wenn sie substantiell sind, auch alle Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements: Das Gleichgewicht muss stimmen zwischen dem, was verlangt wird, und dem, was dafür als Anerkennung – materiell und immateriell – geboten wird. Sei es regelmäßiges, explizites Feedback, seien es Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten verbunden mit langfristigen Aufstiegschancen oder zum Beispiel flexiblere Arbeitszeitmodelle, die mit der Lebensplanung konform gehen. Chronische Schieflagen zwischen Leistung und Anerkennung machen krank. Dies zu wissen und in der eigenen Führungspraxis anzuwenden, ist das Asset einer emotional intelligenten Führungskraft.
Die emotional intelligente Unternehmenskultur lässt solche Führungskräfte nach oben kommen und bildet sie aktiv heran: mit Seminaren und Lerngängen, die das Wissen und Rüstzeug vermitteln. Durch einen praktizierten, vorgelebten Führungsstil, der »coaching likes«-Führen ebenso beinhaltet wie das Setzen klarer Ziele, vor allem aber, indem die Rahmenbedingungen selbst schon die Wertschätzung für emotionale Intelligenz vermitteln. Ein großer deutscher Industriekonzern macht es vor: Elternkarenz und Pflege von Angehörigen, die nachweislich intensive Trainingseinheiten für Facetten emotionaler Intelligenz wie Empathie-, Reflexions- & Konfliktfähigkeit sind, werden dort neben Auslandserfahrung, Wechsel der Funktion oder Fachabteilung sowie Personalverantwortung als vierter, gleichwertiger Baustein im Führungskräfte-Profil gewertet.
Die Autoren:
Susanne Schwanzer, Peter Fellner, und Herbert Strobl sind Gründer und Seniorpartner von CorporateCultureConsulting. Sie beraten Unternehmen dabei, strategische und operative Ziele unter Beachtung oder durch Gestaltung einer bestehenden Unternehmenskultur überdurchschnittlich und nachhaltig zu erreichen.