Sonntag, Dezember 22, 2024

Nils Brauckmann, CEO von SUSE, und Dieter Ferner, Country Manager Austria, sprechen über die Philosophie von Open Source, über ein globales, stark wachsendes Geschäft und den Brexit.

Report: Herr Brauckmann, wie geht es SUSE derzeit?

Nils Brauckmann: SUSE geht es sehr gut. Das Unternehmen wurde in Nürnberg gegründet, agiert längst aber international. Nur noch ein Viertel der Mitarbeiter befindet sich in Deutschland, die Hälfte ist in Nordamerika und Asien. Bei unserer Führungsmannschaft und auch bei den Umsatzströmen verhält es sich ähnlich.

Das Umsatzwachstum konnte heuer auf zirka 20 % gesteigert werden. Wir machen im laufenden Geschäftsjahr um die 300 Millionen Dollar Umsatz – für ein Softwareunternehmen ist das respektabel, für ein Open-Source-Unternehmen sowieso. Wir haben weltweit rund 15.000 Kunden, die Zahl wächst stetig. Zwei Drittel der Fortune-100-Unternehmen nutzen SUSE-Produkte sehr umfangreich.

Auch sind wir ja mittlerweile unabhängig agierender Teil der englischen Firmengruppe Micro Focus. Unsere Mutter ist gerade dabei, die Software-Assets von HP Enterprise zu kaufen. Micro Focus wird auf diese Weise zum sechstgrößten Softwareunternehmen weltweit wachsen. Das ist eine sehr starke Gruppe, die uns da unterstützt.

Report: Passiert Ihr eigenes Wachstum organisch oder auf Basis von Zukäufen?

Brauckmann: Es ist ein rein organisches Wachstum, wir sind dabei profitabel mit einer Marge von rund 30 %. Man kann das sicherlich nicht mit einer SAP oder Oracle vergleichen, für ein Open-Source-Unternehmen ist das aber sehr gesund. Grund für diesen Erfolg sind schlaue Investitionen in Qualität und unsere Vertriebs- und Technologiepartner. Wir haben immer wieder investiert, um Engineering und Vertrieb auszubauen. SUSE investiert auch weiterhin in unterschiedliche Open-Source-Communities und -Projekte. Zum Chairman des Boards der OpenStack Foundation wurde ein SUSE-Mitarbeiter gewählt. Wir wollen Open Source vital und unabhängig halten.

Report: Open Source und Softwarebusiness – das passt für viele nicht unter einen Hut.

Brauckmann: SUSE hat bereits 25 Jahre Erfahrung in den Bereichen Open-Source-Entwicklung und der Anpassung der Lösungen für den Unternehmensfall. Wir halten weiterhin an dem Open-Source-Gedanken in seiner ursprünglichen Art fest. Viele Unternehmen nutzen Open Source zwar gerne im Kern und in Teilbereichen, um auch Entwicklungskosten zu reduzieren – halten aber Teile, die sie selbst entwickelt haben, vom Markt fern. Von Open Source kann man hier dann nicht mehr sprechen. Der Grundgedanke ist natürlich, eben keine proprietären Lösungen zu entwickeln, sondern diese wieder der Community verfügbar zu machen. Wir sprechen daher mittlerweile auch von »Open Open Source« – nicht nur die Arbeit, sondern auch die Ergebnisse zu teilen.

Dabei geht es auch um ein Offenhalten der Lösungen, damit diese in gemischten IT-Umgebungen funktionieren. Enterprise-Kunden können sich damit Best-of-Breed-Lösungen zusammenstellen. Unternehmen haben üblicherweise ein Interesse daran, beides zu nutzen: Open- und Closed-Source-Software.

Bild oben: Dieter Ferner. Der IT-Experte möchte Unternehmen aller Größen in Österreich bei der digitalen Transformation unterstützen.

Report: Welche Wachstumsbereiche sehen Sie in Ihrem Geschäft?

Brauckmann: Es begann mit Linux, heute sind wir ein Anbieter von softwaredefinierten Infrastrukturlösungen auf Open-Source-Basis. Hier geht es um Themen wie softwaredefined Networking- und Storage-Lösungen mit Network-Function-Virtualisation und Speicher-Clustern, auf denen unabhängig von der eingesetzten Hardware Daten einfach verwaltet werden können.
Im Bereich Application-Platform-Services liegt unser Fokus auf PaaS auf Basis des OS-Projekts CloudFoundry.

Und mit SUSE OpenStack-Cloud ermöglichen wir schon seit einigen Jahren die Nutzung von Private-Cloud-Infrastrukturen. Viele Unternehmen wünschen sich ja auch einen Multi-Cloud-Ansatz: Es gibt nicht nur hybride Cloud-Infrastrukturen, sondern man setzt bewusst auch auf verschiedene Technologien und Anbieter.

Report: Wie ist Ihre Kundenstruktur in Österreich, Herr Ferner?

Dieter Ferner: Wir haben Kunden aller Größen über alle Branchen. Wir wachsen in Österreich sogar über 20 %. Wir fühlen uns auch als Mitarbeiter eines globalen Unternehmens, da wir global Ressourcen beziehen können. Natürlich ist es von Vorteil, wenn ich mit einem Kunden vor Ort in Nürnberg über Produktmanagement und Support sprechen kann.

Report: Welche Ziele hat sich SUSE in Österreich gesetzt?

Ferner: Für uns gilt ein weiterhin profitables Wachstum über dem Marktdurchschnitt. Hier richten wir uns nach den Kunden und deren Bedürfnissen. DevOps und softwaredefined sind die Themen, in Bereichen wie Storage und auch auf Basis der OpenStack Cloud, mit der Private- und Hybrid-Cloud-Lösungen unterstützt werden.

Dann ist SUSE bei SAP Hana-Projekten weltweit mit einem Marktanteil von 95 % vertreten. Auch SAP selbst betreibt ihre Hana-Enterprise-Cloud in den Rechenzentren auf Basis von SUSE Linux. Wir haben dafür ein eigenes Produkt mit SAP entwickelt. Jedes Unternehmen, das auf Hana umsteigt, wird sich für SUSE Linux entscheiden – solange wir unseren Job richtigmachen. Das unterstützen auch unsere Partnerschaften in Österreich etwa mit Hitachi Data Systems, HP, Fujitsu, IBM, Cisco und Lenovo. Alle diese Hersteller bieten »SUSE Linux Enterprise Server für SAP Applications« für SAP-Hana-Installationen an.

Report: Welche Auswirkungen hat der Brexit auf ein international aufgestelltes Unternehmen wie SUSE?

Brauckmann: Das ist derzeit noch schwer zu sagen. Weder die Wahlen in Amerika noch der Brexit hatten bislang Auswirkungen auf unser Geschäft. Es wird darauf ankommen, wie der Brexit letztlich umgesetzt wird – die mögliche Bandbreite ist ja groß. Aber es ist theoretisch denkbar, dass sich die EU und UK in weiten Bereichen auf eine Replizierung vorhandener Handels- und Verkehrsfreiheiten einigen können. Dann hätten wir weiterhin so etwas wie einen freien Markt.

Ich glaube persönlich, dass sich ein »Common Sense« und die geografische Nähe durchsetzen wird – und man ein für alle Seiten annehmbares Ergebnis schafft. Es wäre eine Schande, wenn in dieser heutigen Welt Länder wie Öster­reich, Deutschland, England und Frankreich – die so nahe beieinander sind und so viele globale Herausforderungen aus Umwelt, Wirtschaft und Sicherheit gemeinsam meistern müssen – in ein komplett nationalstaatliches Denken zurückfallen.

Ich kann mir das gar nicht vorstellen, und bin auch gar nicht mehr so aufgewachsen. Ich kann da nur positiv nach vorne und partnerschaftlich denken.


Hintergrund

SUSE ist ein Open-Source-Unterstützer der ersten Stunde. 1991 kam das alternative Betriebssystem Linux zur Welt. 1992 gründeten Roland Dyroff, Thomas Fehr, Burchard Steinbild and Hubert Mantel das Unternehmen S.u.S.E. – die Abkürzung für »Software und System-Entwicklung«. Seitdem werden Produkte gemeinsam mit der Community weiterentwickelt und für Unternehmen nutzbar gemacht – mit Business-Features in Bezug auf Sicherheit, Administration, Performance, Verfügbarkeit und Service. SUSE hat bei 300 Mio. Dollar Umsatz knapp 800 Mitarbeiter und derzeit 127 offene Stellen.

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