Sonntag, Dezember 22, 2024

Wie Apps und Roboter die Rehabilitation unterstützen, beantwortet Stefan Günther, Generalsekretär des Verbands der Privatkrankenanstalten Österreichs, im E-Mail-Interview.

In der Rehabilitation wird mittlerweile mit Gangrobotern oder Therapie-Apps gearbeitet - etwa mit einer App für Multiple-Sklerose-Patienten. Diese wurde für die Nachsorge – also jene Zeit nach dem Aufenthalt in einer stationären Rehabilitationseinrichtung - entwickelt und ermöglicht, individuell auf die mit den PatientInnen getroffenen Zielvereinbarungen einzugehen. Vergleiche zeigen, dass PatientInnen, die diese benutzen, deutlich bessere und nachhaltigere Fortschritte erzielen.

Stefan Günther ist Generalsekretär des Verbands der Privatkrankenanstalten Österreichs, der als Interessensvertretung privater Krankenanstalten unter anderem auch 14 private Reha-Kliniken vertritt. Günther ist weiters Geschäftsführer der hospitals ProjektentwicklungsgmbH, die mehrere Reha-Kliniken führt.

Report: Welche Technologien werden in der Reha mittlerweile eingesetzt?

Stefan Günther: Es gibt natürlich eine Vielzahl neuer Technologien, die in Rehabilitationskliniken angeboten werden, allerdings wird unter diesen sorgfältig ausgewählt. Die Verwendung eines neuen Geräts oder einer bestimmten App soll den Therapieverlauf der PatientInnen nachweislich effizienter und auch nachhaltiger gestalten. Das verlangt jedoch unbedingt wissenschaftliche Evidenz.

Die vom Rehazentrum Münster in Tirol entwickelte Nachsorge-App für Multiple Sklerose-PatientInnen wird derzeit gerade in Kooperation mit vielen Reha-Zentren österreichweit innerhalb einer wissenschaftlichen Studie getestet. Die Pilotstudie hat allerdings schon beeindruckend gezeigt, welche Vorteile die Verwendung einer solchen App für die PatientInnen nach einem Reha-Aufenthalt haben kann – besonders im Vergleich zu traditionellen Heimübungsprogrammen.


Foto: Ein Screenshot der Therapie-App für Multiple Sklerose-Patienten.

Eine wichtige Entwicklung in der Rehabilitation sind sicherlich die unterschiedlichsten Formen von computergesteuerten Bewegungstrainern. Als derartiges Novum ist der G-EO Gangtrainer zu erwähnen, wie er zum Beispiel am Klinikum Bad Hall für Herz-Kreislauf- und neurologische Rehabilitation verwendet wird. Hierbei handelt es sich um eines der weltweit modernsten Systeme zur Gangrehabilitation, welches in der Lage ist, jeden Bewegungsablauf des menschlichen Ganges zu simulieren - auch das Treppen steigen. Durch Sensoren, die den tatsächlichen Kraftaufwand der Beine erfassen, kann der Roboter exakt denjenigen Kraftaufwand leisten, der den PatientInnen noch fehlt, um eine bestimmte Bewegung selbständig zu absolvieren.


Report: Welchen Nutzen bringen diese Entwicklungen?

Günther:
Der größte Vorteil, den die neuen Technologien, die von uns genutzt werden, mit sich bringen ist der, dass die Therapie der PatientInnen sehr viel individueller gestaltet werden kann und dadurch letztlich bessere und langfristigere Fortschritte erzielt werden können. Wir haben so die Möglichkeit, die Therapiemaßnahmen exakt auf das jeweilige PatientInnen-Profil zuzuschneiden und immer wieder neu an den aktuellen Fortschritt anzupassen.

Gleichzeitig ist es für die TherapeutInnen leichter geworden, die PatientInnen noch individueller zu unterstützen und so frühzeitig kleine „Zwischenziele“ zu erreichen. Das erhöht auch die Motivation bei den PatientInnen.

Insgesamt kann man sagen, dass die Behandlungsmöglichkeiten durch die Verwendung dieser neuen Technologien sehr viel umfangreicher geworden sind.


Report: In welchen weiteren Bereichen der Reha könnten die neuen Technologien noch eingesetzt werden bzw. gibt es noch Entwicklungspotenzial?

Günther:
Für die Zukunft ist sicherlich die Verwendung solcher Technologien am sinnvollsten, die sich über den gesamten Therapiezeitraum erstrecken, also von der akutmedizinischen, über die rehabilitative bis hin zur Nachsorge zu Hause.

Wir werden auch gefordert sein, mit den heute grundsätzlich schon zur Verfügung stehenden Daten zu arbeiten um in der Diagnostik noch genauer und in der Therapie noch individueller zu werden. Dies kann von der frühzeitigen Erkennung von Risikogruppen bis zur Verstetigung der Therapieerfolge gehen. Die Verwendung der Technologien zur mobilen Kommunikation wird dabei eine wesentliche Rolle spielen. Wie gut uns das tatsächlich gelingt, wird von der Qualität der interprofessionellen Zusammenarbeit zwischen den betreuenden ÄrztInnen und TherapeutInnen, der Wissenschaft, den technischen Entwicklern und nicht zu Letzt auch von der Schaffung der notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen abhängen. Wichtig dabei ist, nicht zu vergessen, dass der Patient an erster Stelle stehen muss und Usability sowie die Integrierbarkeit in den Alltag eine sehr wichtige Rolle einnehmen.

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