Ursula Huber-Wilhelm, Vorsitzende des Forums mineralische Rohstoffe, spricht über die Bedeutung eines Wirtschaftens mit Augenmass und das grosse Potenzial für Verbesserungen bei Genehmigungsverfahren.
(+) plus: Was bedeutet nachhaltiges Wirtschaften in der Rohstoffbranche?
Ursula Huber-Wilhelm: Gerade für eine Branche, die von und mit der Natur lebt, ist nachhaltiges Wirtschaften von immenser Bedeutung und nicht erst seit gestern zentrales Thema unseres Handelns. Und zwar auf diesen Ebenen: Umweltschutz, das soziale Miteinander, Wirtschaftlichkeit und die entsprechende Kommunikation. Nur wenn alle vier Bereiche einbezogen werden, ist nachhaltiges Wirtschaften in der Rohstoffbranche gegeben.
(+) plus: Welche konkreten Aktivitäten setzt die Branche in diesem Bereich?
Huber-Wilhelm: Die Branche hat schon sehr früh begonnen, sich vor allem im Natur- und Umweltschutz zu engagieren. Bereits im Jahr 1998 hat das Forum Rohstoffe mit dem WWF eine Kooperation abgeschlossen. Diese hatte das Ziel, gemeinsam Aktivitäten für den Artenschutz in Gewinnungsbetrieben zu setzen. Zu unserer mit dem WWF erarbeiteten Naturschutzstrategie bekennen sich viele Unternehmen. Auch haben wir als erste Branche den ökologischen Fußabdruck der Sand-, Kies und Schotter gewinnenden Unternehmen in Österreich errechnet. Um besonders gute Projekte zu honorieren und auch öffentlich zu präsentieren, vergibt das Forum mineralische Rohstoffe alle drei Jahre einen Nachhaltigkeitspreis. Durch Renaturierung und Rekultivierung von Gewinnungsstätten werden ökologisch hochwertige Ersatzlebensräume geschaffen, die als solche in der Natur nicht mehr vorkommen. So werden schon während des laufenden Betriebs Abbauwände als Brutbereiche zum Beispiel für Uferschwalben und Bienenfresser vorgesehen oder steile Felswände als beruhigte Zonen für Nistplätze zum Beispiel für den Uhu belassen.
(+) plus: Welchen Verbesserungsbedarf sehen Sie bei Genehmigungsverfahren für die Rohstoffgewinnung in Österreich?
Huber-Wilhelm: Sowohl Genehmigungsbehörden als auch Rohstoffe gewinnende Betriebe haben in den vergangenen 20 Jahren massiv dazu gelernt. Unternehmen, die eine Erweiterung planen, sind wesentlich besser vorbereitet, als dies früher der Fall war, sie beziehen die betroffene Bevölkerung auch aktiv in ihre Überlegungen mit ein. Klar ist, dass nur wirklich durchdachte und konkret geplante Projekte Chance auf Umsetzung haben und auch akzeptiert werden. Natürlich leidet die gesamte Branche nach wie vor an der langen Verfahrensdauer, den hohen Kosten und vielen erforderlichen Bescheiden. Generell werden die Anforderungen an Genehmigungswerber immer höher. Ein Mehr an Papier geht aber nicht zwingend mit einer höheren Qualität der eingereichten Projekte einher. Verbesserungsbedarf sehen wir daher in mehreren Bereichen: Wir wünschen uns eine Konzentration auf das Wesentliche sowohl in den Genehmigungsverfahren als auch bei den Berichts- und Aufzeichnungspflichten im laufenden Betrieb. Mehr Kreativität und Flexibilität bei Bescheiden, die sich über einen langen Zeitraum erstrecken. Es sollte dadurch möglich sein, innerhalb der Grenzen der Genehmigungen unbürokratisch auf Gegebenheiten in der Natur – natürlich auch zum Wohle der Natur – reagieren zu können. Eine weitere Verbesserung sehen wir bei der Abstimmung widersprüchlicher Bescheide. Es kommt vor, dass der forstrechtliche Bescheid eine wald- und forstwirtschaftliche Nachnutzung vorsieht, der Naturschutzbescheid dagegen eine Magerwiese.
(+) plus: Ist der Österreichische Rohstoffplan ein ausreichendes Instrument, um die Rohstoffgewinnung zu regeln? Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
Huber-Wilhelm: Die Idee des Österreichischen Rohstoffplanes war die Gewährleis-tung der Zugänglichkeit zu und die grundsätzliche Sicherung der Verfügbarkeit von hochwertigen Rohstoffvorkommen auch für künftige Generationen. Besondere Bedeutung wird dabei auf die Sicherung der Nahversorgung gelegt, um eine Verringerung der Transportkosten und auch des CO2-Ausstoßes zu erreichen. Fakt ist aber, dass der Österreichische Rohstoffplan – eine Bundesplanung – in den Bundesländern sehr unterschiedlich gelebt und ausgelegt wird. Da die Raumordnung Landessache ist, setzt jedes Bundesland seine Rohstoffvorsorge anders um beziehungsweise wird der Rohstoffplan gar nicht genutzt. Bei uns in Oberösterreich wird bereits seit langem die Negativausweisung praktiziert, das heißt, es werden Gewinnungsverbotsflächen ausgewiesen. Bedenken sollte man auch, dass der Österreichische Rohstoffplan nichts über die zivilrechtliche Verfügbarkeit der Flächen aussagt.