Freitag, Juli 19, 2024

Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht Robert Novak, Präsident der österreichischen Fachvereinigung für Polystyrol-Extruderschaum ÖXPS, über aktuelle und zukünftige Verbandsaktivitäten, geplante Maßnahmen, um den XPS-Marktanteil zu erhöhen und rechtliche Schritte, die der Verband einleitet, wenn Produkte des Mitbewerbs den gesetzlichen Anforderungen nicht genügen.

Report: Die letzten Jahre waren für Dämmstoffhersteller von rückläufigen Märkten und Margen gekennzeichnet. Wie läuft es aktuell für die XPS-Anbieter in Österreich?

Robert Novak: Für die XPS-Anbieter gab es in den letzten Jahren zwar Schwankungen, aber in Summe verzeichnen wir vom Volumen her in den letzten vier Jahren ein Plus im einstelligen Prozentbereich. Die Preise sind in den letzten Jahren deutlich gesunken und die Margen sind wie überall im Baustoffbereich unter Druck geraten. Der Druck beginnt bei den Bauträgern, die Druck auf die Verarbeiter ausüben. Die Verarbeiter üben Druck auf die Händler aus und die Händler auf uns. Das ist so. Die Einzigen, die ihre Preise konstant halten können, sind die Polystyrollieferanten. Die geben jede Preiserhöhung direkt an uns weiter. Da sind wir aktuell mit Preissteigerungen von 60 bis 70 Prozent konfrontiert.

Report: Wie hoch schätzen Sie den Marktanteil von XPS am gesamten Dämmstoffmarkt ein?

Novak: Laut aktuellen Schätzungen liegt der Anteil am Gesamtdämmstoffmarkt derzeit bei rund zehn bis zwölf Prozent. 

Report: Sehen Sie Chancen, den Marktanteil zu erhöhen? Wenn ja, wie?

Novak: Ich sehe schon Chancen auf mehr Marktanteile. Denn XPS ist sicher einer der qualitativ hochwertigsten Dämmstoffe und hat in gewissen Teilbereichen ein absolutes Alleinstellungsmerkmal, etwa im Perimeterbereich oder beim Umkehrdach. Da ist XPS in Sachen Marktanteil sicher führend. Dazu kommt, dass mit der Bodenplatte in den letzten Jahren ein Anwendungsgebiet dazugekommen ist, das es vorher nicht gab. Das wird auch durch das oben erwähnte Plus widergespiegelt. Unter der Bodenplatte ist XPS ein Dämmstoff mit sehr gutem Preis-Leistungs-Verhältnis, welcher auch langfristig funktioniert. Und das wird von Bauherren und Planer auch verstärkt nachgefragt, auch weil die Kosten in Relation zu den Gesamtkosten nicht so hoch sind.
Das sind auch die Hauptstoßrichtungen in der Kommunikation des ÖXPS: Qualität und Sicherheit. Dafür stehen wir und das wird sich langfristig auch durchsetzen.

Report: Verbände gibt es in der Dämmstoffbranche viele. Was ist das Besondere am ÖXPS? Warum braucht es den ÖXPS?

Novak: Die vier Mitgliedsunternehmen des ÖXPS – Austrotherm, Ursa, BASF und Dow Chemicals – sind Qualitätsanbieter. Und dafür stehen wir auch: Qualität. Deshalb werden unsere Produkte auch laufend überprüft. Und wir führen regelmäßig Marktüberwachungen durch. Dabei prüfen wir gemeinsam mit unabhängigen Prüfinstituten neben den eigenen auch fremde Produkte. Wenn es dabei zu Ungereimtheiten kommt, behalten wir uns auch rechtliche Schritte vor.

Report: Wie oft werden rechtliche Schritte gesetzt?

Novak: Im letzten Jahr war es vier oder fünf Mal der Fall.   

Report: Treffen diese Schritte in erster Linie Billigimporte aus dem Osten?

Novak: Für XPS spielt Osteuropa eine geringere Rolle. Da kommt vieles aus Italien nach Österreich. Deshalb hat sich der ÖXPS auch zur Aufgabe gemacht, die Qualität der Produkte zu überprüfen – der eigenen wie der importierten. Das Problem ist, dass in anderen Ländern andere Standards gelten. Für viele Händler ist XPS aber XPS, da werden keine Unterschiede gemacht. Aber natürlich gibt es in Österreich erhöhte Anforderungen an die Qualität. Und es gibt immer wieder diese Fälle, wo wir dann auch aktiv werden müssen und rechtliche Schritte setzen.

Report: Mit welchen Konsequenzen?

Novak: Der Händler, der minderwertige Ware importiert hat, unterzeichnet beispielsweise eine Unterlassungserklärung und verpflichtet sich, bei Wiederholung eine Strafzahlung zu leisten. 

Report: XPS wird über den Lebenszyklus sehr kritisch betrachtet – Stichwort Entsorgung oder Wiederverwertung. Wie teilen sich Wiederverwendung, stoffliche und energetische Verwertung sowie Deponierung prozentuell auf und was ist aus Ihrer Sicht am sinnvollsten?

Novak: Im XPS-Bereich sind alle Varianten möglich und sinnvoll. Beim Umkehrdach kann man XPS einfach wegnehmen und stofflich wiederverwerten oder sogar weiterverwenden. Denn das, was von vielen als Nachteil gesehen wird, ist eigentlich ein Vorteil: Es ist nicht verrottbar, das bedeutet, es wird nicht kaputt und verliert dabei auch nicht an Qualität. Das ist mit vielen anderen Dämmstoffen nicht möglich. Und natürlich kann man XPS genau wie EPS thermisch verwerten. Ich habe also Erdöl als Ausgangsprodukt und mache daraus einen Dämmstoff und verbrenne es wieder. Dazu kommt, dass ein Liter Erdöl in Form eines Dämmstoffes über den Lebenszyklus 100 Liter Erdöl ein­spart. Würde es dieses Produkt noch nicht geben, man müsste es erfinden. 

Report: Welche politischen Maßnahmen wünschen Sie sich, um den Markt anzukurbeln?

Novak: Das Wichtigste wäre die tatsächliche Umsetzung des nationalen Energieeffizienzplanes. Die Streichung der länderübergreifenden energetischen Mindeststandards bei der Wohnbauförderung ist für mich absolut unverständlich. Nur weil die Energiepreise jetzt niedrig sind, bedeutet das nicht, dass das so bleibt. Deshalb erscheint mir dieser Schritt schon sehr kurzsichtig.

Ein weiterer Punkt betrifft die Sanierungsrate, auch wenn die für XPS nicht die ganz große Rolle spielt. Die ist in den letzten Jahren enorm gesunken. Da braucht es dringend politische Maßnahmen, um die Sanierung wieder anzukurbeln.
Denn die Energie, die ich nicht verbrauche, ist immer noch die günstigste. Natürlich kann man die Energieeffizienzziele auch mit weniger Dämmung und alternativen Energieträgern und Haustechnik erreichen. Aber ob das wirklich sinnvoll ist, sei dahingestellt. Denn der Fokus sollte schon auf der Energieeinsparung liegen.

Report: Welche Schwerpunkte wird der ÖXPS in den nächsten Monaten setzen?

Novak: Es geht neben der Qualität vor allem um Sicherheit, um Sicherheit beim Bauen. Der Bauherr muss darauf vertrauen können, dass die verwendeten Produkte das halten, was sie versprechen. Da geht es neben der qualitativ hochwertigen Verarbeitung vor allem um das Produkt selbst. Das ist unserem Fall enorm wichtig, denn wenn das Haus einmal auf dem XPS steht, sind Fehler absolut tabu. Deshalb stehen Qualität und Sicherheit an oberster Stelle und das versuchen wir auch zu vermitteln.

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