Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report sprechen die beiden Geschäftsführer der zusammengeführten Wienerberger Ziegelindustrie und Tondach Gleinstätten, Christian Weinhapl und Franz Kolnerberger, über die Auswirkungen der Fusion, den Zeitpunkt, ab dem Wienerberger BIM-fit sein wird, und wie es um die Nachfrage nach höherwertigen und teureren Produkten steht.
Report: Wie wird sich die Zusammenlegung der Wienerberger Ziegelindustrie und Tondach Gleinstätten auf die Kunden auswirken?
Franz Kolnerberger: Für die Kunden ergibt sich der Vorteil, dass sie in Zukunft Dach und Wand aus einer Hand beziehen können. Wir können ab sofort auch Serviceleistungen gemeinsam anbieten.
Report: Wurde das »Alles aus einer Hand«-Prinzip kundenseitig an Sie herangetragen?
Kolnerberger: Die Kunden sind in den letzten Jahren immer wieder mit dem Wunsch an uns herangetreten, beides aus einer Hand zu beziehen. Insofern kommen wir hier stark Kundenwünschen nach.
Report: Welche internen Auswirkungen erwarten und erhoffen Sie sich?
Kolnerberger: Wir haben uns im Vertrieb regional stärker aufgestellt, um noch näher bei beim Kunden zu sein. Drei erfahrene Regionsleiter verantworten seit Jänner die Wienerberger-Tondach Wand & Dach Vertriebsaktivitäten, wobei unsere Kunden weiterhin von ihren bewährten Ansprechpartnern in beiden Segmenten betreut werden. Parallel dazu bauen wir ein Team für den Vorverkauf, also die Beratung für Architekten, Baumeister, Bauträger und Dachdecker auf. Langfristiges Ziel ist es, einen Hauptansprechpartner für alle Produktgruppen für die relevante Zielgruppe zu haben.
Report: Eine Fusion bedeutet immer auch, Synergien zu nutzen. Wie viele der 455 Mitarbeiter werden auch in einem Jahr noch ihren Job haben?
Kolnerberger: Wir werden 2017 einen höheren Mitarbeiterstand haben als 2016, weil wir uns, gerade auch im Vertrieb, noch intensiver um unsere Kunden bemühen wollen.
Report: Sie haben für das Budget 2016 ein Mengenwachstum eingeplant. Das war nicht zuletzt der angekündigten Wohnbauoffensive der Regierung geschuldet. Davon ist aber noch nichts auf den Baustellen angekommen. Konnten Sie dennoch im Budgetrahmen bleiben?
Weinhapl: Es stimmt: Von der Wohnbauoffensive ist noch nicht viel zu merken. Es ist dennoch seitens der Bauträger im letzten Jahr zu einer aktiveren Planungs- und Bautätigkeit gekommen. Auch durch die Witterung waren wir 2016 begünstigt. Deshalb ist uns im Bereich Hintermauerziegel 2016 ein Mengenplus gelungen. Viel wichtiger als das Mengenwachstum ist, dass wir uns im Sortiment sehr positiv entwickelt haben. Unser Fokus liegt ganz klar auf innovativen Produkten wie Planziegel, Dryfix oder mineralwolleverfüllten Ziegeln, die allesamt zulegen konnten. Auch das vom Einfamilienhaus ausgehende Wachstum in der einschaligen Wand, das jetzt auch im mehrgeschoßigen Wohnbau greift, stimmt uns sehr positiv.
Kolnerberger: Auch im Dachbereich waren wir im abgelaufenen Jahr stabil und konnten dank der höherwertigen Produkte beim Umsatz zulegen.
Report: Sie versuchen verstärkt, auch im mehrgeschoßigen Wohnbau Fuß zu fassen. Wie hoch ist aktuell der Marktanteil und wie wollen Sie ihn steigern?
Weinhapl: Im ländlichen Bereich ist der Ziegel ganz klar die Nummer eins. Im urbanen Bereich hat der Beton seit Ende der 90er-Jahre vor allem durch die Bauhöhen und teilweise ausgefallenere Architektur Marktanteile hinzugewonnen. Dass wir in den Ballungszentren das eine oder andere Ziegelobjekt in einschaliger Bauweise realisieren konnten, ist sicher noch keine Trendumkehr, aber ein deutliches Signal, dass der Ziegel wieder in den Fokus von Bauträgern und Architekten rückt.
Kolnerberger: Wir werden 2017 mit dem Städtebauziegel »W.i. Objekt« in den Wandstärken 38, 44 und 50 Zentimeter auch neue Produkte speziell für den mehrgeschoßigen Wohnbau auf den Markt bringen. Zudem wird auch der Objektvertrieb personell verstärkt.
Report: Sie setzen in der Kommunikation ganz stark auf das Thema Innovation. Welche Rolle spielen Produkte wie der Porotherm W.i. oder der Flachdach-Ziegel Alpina bei Absatz und Umsatz?
Kolnerberger: Unsere Strategie ist auf eine nachhaltige Entwicklung von innovativen, für den Kunden Mehrwert schaffenden Produkten ausgerichtet. Der Erfolg mit dem neuen Dachziegelmodell Alpina als auch der Porotherm W.i. geben uns Recht. Das zeigt auch die Tatsache, dass wir für den Planziegel eine neue Schleifanlage in Uttendorf bauen.
Weinhapl: Und beim W.i. wechseln wir heuer von Zwei- auf Dreischichtbetrieb. Deshalb erwarten wir nach dem guten Jahr 2016 auch für 2017 wieder ein deutliches Mengenplus.
Report: Langsam, aber sicher wird auch die Baubranche vom Digitalisierungstrend erfasst. Wie gut ist Wienerberger vorbereitet?
Kolnerberger: Wir werden das Thema Digitalisierung auf verschiedenen Ebenen vorantreiben. Wir bieten schon heute digitale Services und Berchnungstools für Architekten. Im Bereich Customer Service beschäftigen wir uns intensiv mit dem digitalen Lieferschein, um unsere Kunden einfacher und besser bedienen zu können. Im Bereich Marketing streben wir eine noch direktere Kundenansprache, ein One-to-One-Marketing an. Es geht darum, den Kunden so gut zu kennen, dass man maßgeschneiderte Angebote liefern kann. Wir setzen nicht auf Big Data, sondern auf Smart Data, um den Kunden vom Erstkontakt bis zur Fertigstellung zu begleiten.
Report: Wenn in der Baubranche über Digitalisierung geredet wird, kommt man am Thema BIM nicht vorbei. Wie gut ist Wienerberger auf BIM vorbereitet?
Kolnerberger:Gerade beim Thema BIM haben wir den Vorteil, dass die Wienerberger-Gruppe international tätig ist.Dabei profitieren wir vom Erfahrungsaustausch mit Ländern wie Großbritannien oder Holland, wo BIM schon weiter vorangeschritten ist. Gleichzeitig sind wir in intensivem Kontakt mit den relevanten BIM-Zielgruppen im Markt. Unser Ziel ist es, für Dach und Wand in 2018 eine BIM-Lösung anzubieten.
Weinhapl: Jetzt ist es wichtig, im Konzern eine einheitliche Datengrundlage zu haben. Da hilft es, auf die Erfahrungen der Vorreiterländer setzen zu können. Die verschiedenen Daten aus SAP-, CRM-, Produkt- und Marketingdatenbank sollen in eine Wienerberger-Informationsdatenbank zusammenfließen.
Report: Sie haben 2015 die Gaslieferverträge auch vor dem Hintergrund des Energieffizienzgesetzes neu ausgeschrieben. Da war auch von möglichen Strafzahlungen von 20 Cent pro nicht eingesparter Kilowattstunde, das entspricht bis zu 250.000 Euro pro Jahr, die Rede. Ist es Ihnen gelungen, die geforderten 0,6 % an Einsparungen zu erreichen?
Weinhapl: Energieeinsparungen sind unabhängig vom Energieeffizienzgesetz in der Ziegelindustrie ein permanentes Thema. Entsprechende Maßnahmen sind in den Businessplänen auch vorgesehen gewesen. Die wurden von uns konsequent umgesetzt und so ist es uns nicht nur gelungen, die Forderungen der Lieferanten zu erfüllen und Strafzahlungen abzuwenden, wir konnten einem Gaslieferanten sogar eine Einsparungsmaßnahme verkaufen. Wir haben auch noch weitere Maßnahmen in der Monitoringstelle geparkt. Wir sind also ein Übererfüller und haben auch für die nächsten Jahre noch ausreichend Projekte mit genügend Potenzial.
Report: Das anfangs kritisierte Energieeffizienzgesetz wird also zum Geschäftsmodell?
Weinhapl: So weit würde ich nicht gehen. Die eine verkaufte Maßnahme war sicher ein Geschäft, aber mittlerweile sind die Preise so niedrig, dass sich ein Verkauf nicht lohnt.
Report: Wie stehen Sie heute zum Energieeffizienzgesetz?
Weinhapl: Vom Grundgedanken ist das Gesetz sicher nicht schlecht, aber die Vorbereitung war sehr holprig. Durch die Verzögerungen musste die Industrie schlussendlich die Zeche bezahlen. Wir mussten innerhalb von wenigen Wochen ein Gesetz umsetzen, von dem man lange nicht wusste, was drinnen steht.
Report: Wie sehr leidet Wienerberger unter Billigimporten aus dem Ausland?
Kolnerberger: Mengenmäßig sind die Importe in den letzten Jahren stabil geblieben.
Report: Wie wirken Sie dem entgegen?
Kolnerberger: Durch gelebte Markt- und Kundennähe: Wir werden auch weiterhin unsere Dach- und Wandkunden mit Produktinnovationen überzeugen. Unsere Partner können auf regionale Vertriebsmitarbeiter und kompetente Beratung setzen, sowie auf Top Services, von Schulungen, Berechnungstools bis hin zur Logistik.