Freitag, Juli 19, 2024

Beim neuen ORBI Tower in TownTown wurde der spätere Facility Manager der Büroimmobilie, die Facilitycomfort, frühzeitig in die Planung eingebunden. Im Doppelinterview mit dem Bau & Immobilien Report sprechen Martina Jochmann, Geschäftsführerin der Facilitycomfort, und Ernst Machart, Vorstandsvorsitzender der IWS TownTown AG, über die daraus resultierenden Vorteile für Bauherrn und Betreiber.

Report: Der ORBI Tower soll nicht nur eine architektonische Landmark werden, sondern auch den Beginn einer neuen Ära der Business-Immobilien einläuten – Stichwort »New World of Work«. Was macht den ORBI Tower aus Ihrer Sicht einzigartig und wodurch unterscheidet er sich von anderen modernen Büroimmobilien?

Ernst Machart: »New World of Work« ist natürlich in erster Linie eine Frage der Organisation und Unternehmenskultur der Nutzer. Aber dafür braucht es technologische Innovationen und auch die passenden Büroräumlichkeiten. Da geht es vor allem um eine flexible Gestaltung. Im ORBI Tower kann man etwa mit wenig Aufwand die Bürogrößen anpassen.  Und natürlich ist der ORBI Tower für alle modernen Kommunikationsanforderungen gerüstet. Sie können an jeder Stelle des Gebäudes mit jedem Handy egal von welchem Anbieter telefonieren. Das ist aufgrund der dichten Gebäudehüllen auch heute noch nicht selbstverständlich. Und es wird in allen Allgemeinbereichen und am Vorplatz freies WLAN geben.

Report: Das gibt es auch in anderen Büroimmobilien. Was ist das Alleinstellungsmerkmal des ORBI Tower?

Machart:
Wenn es das in anderen Büroimmobilien gibt, dann sind das meist Bürogebäude, die ein Konzern für sich selbst entwickelt. Im ORBI Tower können auch KMU all diese Vorzüge nutzen.
Es gibt auch noch andere, eher kulturelle Aspekte, die uns wichtig sind. Das Stiegenhaus etwa bekommt eine besondere farbliche Gestaltung inklusive passender Hintergrundmusik, weil wir das Stiegenhaus als Sportgerät propagieren wollen. Dazu gibt es auf jeder Etage die Möglichkeit, den Puls zu messen, um die Auswirkungen der sportlichen Aktivitäten zu sehen. Und es gibt für all diejenigen, die mit dem Rad kommen, im Untergeschoß Duschen und Umkleidekabinen. Das alles zusammen macht den ORBI Tower aus unserer Sicht schon einzigartig.

Report: Frau Jochmann, in gewisser Weise leben Sie gerade den Traum vieler FM-Anbieter. Sie sind frühzeitig in die Planung des Gebäudes eingebunden, für dessen Betrieb Sie später verantwortlich zeichnen.

Jochmann:
Das ist richtig und für uns natürlich ein großer Vorteil, weil wir frühzeitig Inputs liefern können. Nehmen wir etwa das Entree des ORBI Tower. Es ist natürlich vorteilhaft, dass diejenigen, die später für diesen Bereich verantwortlich zeichnen, ihre Ideen mit einbringen können. Das reicht von der Positionierung und Ausgestaltung des Empfangspults bis zu richtigen klimatischen Bedingungen im Empfangsbereich. Die Erfahrungen, die wir über Jahre in anderen Immobilien gesammelt haben, fließen jetzt in den ORBI Tower.

Report: Welche Vorteile hat es für den Bauherren, wenn man das verantwortliche FM-Unternehmen mit an Bord hat?

Machart:
Wir als Projektentwickler haben vom Architekten mehrere Entwürfe bekommen. Die konnten wir für viele        Details aus bautechnischer Sicht beurteilen. Es geht aber darum, dass ein Gebäude im Betrieb funktioniert. Da war es natürlich enorm hilfreich, dass die Facilitycomfort ihren Input für einen optimalen Betrieb geliefert hat. Da kamen auch zahlreiche Änderungs- und Ergänzungsvorschläge, die in diesem frühen Projektstadium problemlos berücksichtigt werden konnten. Deshalb tauschen wir uns auch laufend aus.
Jochmann: Entscheidend ist, dass der Bauherr mit seinem zukünftigen Betreiber kommuniziert. Davon können beide Seiten nur profitieren.

Report: Welche Vorteile erwarten Sie sich im späteren Betrieb des ORBI Tower durch diese laufende Kommunikation und die frühzeitige Einbindung?

Jochmann:
Es wird schon die Phase der Inbetriebnahme des Gebäudes deutlich erleichtern. Es wird auch hier Kinderkrankheiten geben, aber mit Sicherheit deutlich weniger, als wenn der Betreiber erst spät an Bord kommt. Das ist für uns ein großer Vorteil, aber natürlich auch für den Investor und die künftigen Mieter.
Report: Seit vielen Jahren wird von diesem gemeinschaftlichen Bauen und Planen geredet. Spüren Sie diesen Trend auch in der Praxis oder ist der ORBI Tower die Ausnahme?
Jochmann: Der ORBI Tower ist auf jeden Fall die Ausnahme. Trend lässt sich leider keiner erkennen. Das ist nach wie vor die Forderung der Branche, aber gehört wird sie nicht. Dabei kann man aber mit Fug und Recht behaupten, dass überall dort, wo gemeinschaftlich geplant und gebaut wurde, sich deutliche Vorteile ergeben haben. 

Report: Wie verändert sich das Facility Management durch die Digitalisierung und Themen wie Big Data?

Jochmann:
Die FM-Branche hat ja schon früh begonnen, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen. CAFM-Programme (Computer-Aided-Facility-Management; Anm.d.Red.) kommen schon lange zum Einsatz und bieten eine gute Dokumentation und Aufbereitung von Daten für den Gebäudebetrieb.
Wo es in Zukunft große Sprünge geben wird, ist etwa im Bereich der Instandhaltung. Durch bessere Sensortechnologien erhält man Hinweise auf anstehende und vor allem notwendige Eingriffe. Reparaturen und Wartungen werden dann nicht mehr nach einem Zeitplan durchgeführt, sondern dann, wenn es nötig ist. Das geht auch in Richtung Prävention. Die genaue Analyse der Anlagen- und Maschinendaten ermöglicht längere Laufzeiten und optimale Wartung, also höhere Produktivität durch »Predictive Maintainance«.

Report: Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich noch?

Jochmann:
Was wir gerade testen, ist der Einsatz neuer Technologien wie z.B. der »HoloLens«. Das kennt man aus Science-Fiction-Filmen (lacht). Dabei werden unsere Techniker mit einer Brille ausgestattet, die einerseits Daten über eine Anlage liefert, aber auch Daten inklusive Bildern an eine Zentrale weiterleiten kann. Damit können auch Störungen leichter erkannt und Wartungsfrequenzen optimiert werden.    

Report: Wie hoch ist aktuell der Vorvermietungsgrad im ORBI Tower?

Machart
: Wir haben aktuell 50 Prozent der Flächen vermietet. Ein kleinerer Teil geht an Unternehmen des Stadtwerkekonzerns. Das war von Anfang so geplant, weil es aktuell in TownTown Einheiten gibt, die in Fremdgebäuden sitzen. Zudem haben wir einen Co-Working-Space-Anbieter und den Bürokommunikationsdienstleister Ricoh fix an Bord.
Der Co-Working-Space-Anbieter ist für uns aber nicht nur Mieter, sondern im Sinne der »New World of Work« auch Partner. Denn von diesem Angebot profitieren auch unsere anderen Mieter. Die Stadtwerke haben etwa weniger Besprechungsräume als sonst eingeplant und auch keine Reserveflächen für Projekträume, weil sie diese einfach im Bedarfsfall dazu mieten.  
 
Report: Mit 1. Oktober wurde die Umstrukturierung von der Energiecomfort auf die Facilitycomfort abgeschlossen. Werden Sie am Markt schon als reines FM-Unternehmen wahrgenommen?

Jochmann:
Ja, ich denke schon. Wir haben viele langjährige Referenzen aus dem FM-Bereich. Wir sind seit 1996 der Betreiber des Ringturms und betreuen auch viele andere Immobilien der Vienna Insurance Group. 2009 haben wir die EU-weite Ausschreibung für das technische und infrastrukturelle FM für die neuen sechs Pflegewohnhäuser des Krankenanstaltenverbunds gewonnen.

Report: Wo sehen Sie das größte Wachstumspotenzial im FM?

Jochmann:
Sicher im Bereich Komplettanbieter. Wir decken heute nicht nur das technische, sondern auch das infrastrukturelle und kaufmännische Facility Management ab.
Machart:  Das ist auch für den Kunden ein großer Vorteil, wenn man nur einen Ansprechpartner hat.

Report: Ein Dauerthema sind die schwarzen Schafe der Branche und der enorme Margendruck. Führen Kunden heute die von seriösen FM-Anbietern immer wieder geforderten Plausbilitätsprüfungen durch oder freut man sich einfach über den niedrigen Preis?

Jochmann:
Die Freude über den niedrigen Preis ist leider immer noch weit verbreitet. Es gibt aber auch Hinweise für ein Umdenken. In den Ausschreibungen der letzten Zeit ist schon der Trend zum Bestbieter erkennbar. Aber natürlich muss auch da der Preis passen.

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