Der neue Eurostat-Leitfaden schafft Klarheit, welchen Gestaltungsspielraum Auftragnehmer und -geber bei der vertraglichen Verteilung von Risiken in Maastricht-neutralen PPP-Projekten haben. Die Details analysiert Wolfram Huber in einem Gastkommentar.
Public-Private Partnerships (»PPPs«) sind für die öffentliche Hand attraktiv, weil sie die Möglichkeit bieten, Investitionen durchzuführen, ohne dass sich diese negativ auf die Verschuldungs- und Defizitgrenzen auswirken. Denn die öffentlichen Auftraggeber müssen das Projekt nicht vorfinanzieren, die Vergütung erfolgt erst während der Betriebsphase durch langfristige verfügbarkeits-, nutzerabhängige oder performancebasierte Vereinbarungen. Allerdings bedarf es dazu der Erfüllung bestimmter Kriterien, die Eurostat nun in einem 156 Seiten starken Leitfaden konkretisiert. Der Leitfaden findet nicht nur auf künftige PPPs Anwendung, sondern auch auf bestehende, bei denen die Risikoverteilung oder die Vergütung nachträglich geändert wird.
Kriterienkatalog
Grundsätzlich bedarf es bei PPPs immer eines öffentlichen Auftraggebers und eines privaten Partners, bei dem auch die Risiken und Chancen liegen. Dies betrifft insbesondere das Baurisiko während der Bauphase und in der Betriebsphase das Nachfragerisiko oder das Ausfallrisiko. Der Leitfaden enthält erstmals detaillierte Beurteilungskriterien, ob ein PPP im öffentlichen Haushalt als bilanzwirksam oder bilanzunwirksam (d.h. »Maastricht-neutral«) behandelt werden muss. Hierfür ist der PPP-Vertrag einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen.
Während bestimmte Klauseln automatisch zu einer bilanzwirksamen Verbuchung führen, können andere zwar nicht alleine, aber in Kombination eine Auswirkung auf die statistische Behandlung eines PPP haben. Den einzelnen Vertragsbestimmungen wird dabei im Leitfaden »sehr hohe«, »hohe« oder »moderate« Relevanz für die Beurteilung zugewiesen. Enthält ein PPP-Vertrag etwa mehr als zwei Vertragsbestimmungen mit »hoher Relevanz«, so deutet dies mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf hin, dass das Projekt nicht als Maastricht-neutral zu klassifizieren ist.
Nun wurde etwa klargestellt, dass ein PPP automatisch als bilanzwirksam zu verbuchen ist, wenn bei einer späteren Refinanzierung dem öffentlichen Auftraggeber mehr als ein Drittel des Refinanzierungsgewinnes zusteht. Auch eine in einem PPP-Vertrag geregelte Kündigungsentschädigung, die sich anhand des ausstehenden Fremdkapitals berechnet, kann aufgrund des garantieähnlichen Charakters zu einer bilanzwirksamen Verbuchung führen.
Weitere im Rahmen der Prüfung zu analysierende Klauseln betreffen beispielsweise Versicherungspflichten, Behinderungs- und Entlastungsgründe, die Vergütung sowie die Aufteilung der Vermögenswerte nach Vertragsende.
Auswirkungen auf PPP-Verträge
Insgesamt ist der Leitfaden sehr zu begrüßen, da er für Auftraggeber und Auftragnehmer erstmals Klarheit darüber schafft, welchen genauen Gestaltungsspielraum sie bei der vertraglichen Verteilung von Risiken in Maastricht-neutralen PPP-Projekten haben. Der Leitfaden setzt einer von privater Seite oft geforderten Rückübertragung von Risiken an die öffentliche Hand aber auch einer vom Auftraggeber gewünschten Mitbeteiligung an Gewinnen des privaten Partners Grenzen.
Da der Leitfaden für alle EU-Mitgliedsstaaten gilt, wird es daher auch für österreichische öffentliche Auftraggeber künftig erforderlich sein, PPP-Verträge im Vergabeverfahren stets unter dem Blickwinkel des Leitfadens zu betrachten, um eine Maastricht-neutrale Behandlung zu gewährleisten, denn bereits eine einzige Maastricht-schädliche Vertragsbestimmung kann gravierende Folgen für das Projekt und den öffentlichen Haushalt haben.
Über den Autor
Wolfram Huber ist Partner bei PHH Rechtsanwälte und Experte für Banking & Finance. Er hat bereits zahlreiche Mandanten bei der Finanzierung und Abwicklung von PPP-Projekten beraten.