Der Schutz privater Daten rückt in den Fokus bei vernetzten Fahrzeugen. Datenschützer warnen vor Missbrauch, trotzdem ist ein freier Markt nötig. Ein Kommentar von Raimund Wagner, CEO bei carsulting.
Man muss kein Prophet sein, um zu erahnen, dass rund um das vernetzte Auto ein harter Verdrängungswettbewerb einsetzen wird – der gesetzliche Startschuss wurde mit der verpflichtenden Einführung des »eCall« bei Neufahrzeugen gegeben. Doch: Die Sendung der Daten aus den Fahrzeugen, die verlässliche Rückschlüsse auf den Fahrer oder Halter und sein Verhalten zulassen, sollte nur unter absoluter Hoheit des Kunden erfolgen. Auch für die meisten Fuhrparkmanager ist es ein Horrorszenario, wenn sie die Datenhoheit über ihren Fuhrpark nicht mehr haben und den Automobilherstellern ausgeliefert sind. Die vehemente Forderung nach einem freien Markt und dem gleichberechtigten Datenzugang aller Akteure im Mobilitätsmarkt ist daher allzu verständlich. Mit dem Einverständnis des Kunden sollte es demnach möglich sein, mit innovativen, nutzenorientierten Mobilitätsdienstleistungen das riesige Marktpotenzial auszuschöpfen.
Noble Zurückhaltung der Hersteller
Kein Automobilhersteller wird müde, zu betonen, dass der Kunde der Besitzer seiner Fahrzeugdaten ist. Das einzige Problem dabei ist, dass dem Kunden nur der Einblick in die Daten erlaubt ist, er jedoch keine Kontrolle über diese Daten besitzt. Natürlich ist es eine sehr komplexe Herausforderung für die Automobilhersteller angesichts der Tatsache, dass sie verpflichtet sind, die Privatsphäre zu schützen und Datensicherheit zu gewährleisten. Dennoch häufen sich auch die Stimmen in den Autokonzernen, dass die im Fahrzeug generierten Daten allen Akteuren im Markt gleichberechtigt zur Verfügung gestellt werden müssen – denn die Daten sind die Grundlage nachhaltiger Geschäftsmodelle. Mit der intelligenten Verknüpfung von persönlichen Kundendaten, die während des Lebenszyklus generiert werden, kann man nicht nur Nutzungsverhalten, Dienstleistungsbedarf oder Fahrverhalten ermitteln, sondern auch die Basis für lukrative Mobilitätsdienstleistungen schaffen.
Der Zentralverband des deutschen KFZ-Gewerbes ZDK will eine standardisierte und offene Schnittstelle für den Datentransfer im Auto.
Bild oben: »Auch Fuhrparkmanager wollen nicht den Automobilherstellern ausgeliefert sein.«, sagt Raimung Wagner, CEO des Beratungsunternehmens carsulting.
Der Autofahrer muss in Zukunft die freie Wahl des Dienstleisters oder der Werkstatt haben. Mit der europäischen Datenschutz-Grundverordnung wurden im April 2016 Vorschriften verabschiedet, die den Nutzern die Entscheidung über ihre persönlichen Daten zurückgeben. In Bezug auf die Daten aus dem Auto bedeutet dies, dass alle Daten, die in einem Fahrzeug anfallen, als personenbezogen gelten, sobald sie mit der Fahrzeugidentifikationsnummer oder dem Kfz-Kennzeichen verknüpft sind. Die Hersteller sind im Sinne von »Privacy by Design« verantwortlich, auf die Datenverarbeitung entsprechend Einfluss zu nehmen. Die wichtigsten Änderungen dabei betreffen die Verarbeitung der Daten – dies darf nur nach ausdrücklicher Einwilligung der betroffenen Person erfolgen und jeder hat das Recht, seine Daten an einen anderen Dienstleister übertragen zu lassen.
Fairer Wettbewerb
Derjenige, der den prioritären Zugang zu diesen Daten hat, hat einen klaren Wettbewerbsvorteil. Es muss sichergestellt werden, dass nicht nur die Fahrzeughersteller, sondern auch andere interessierte Marktakteure – seien es Automobil-Markenhändler, freie Werkstattbetriebe oder auch Mobilitätsdienstleister – gleichberechtigten Zugang erhalten. Es ist daher dringend notwendig, dass ein fairer Wettbewerb für alle Akteure geschaffen wird, die Zugang zu Fahrzeugdaten benötigen. Das Resultat sind die jeweils besten Mobilitätslösungen für die Kunden.