Seit November ist Ingrid Janker neue Geschäftsführerin von Knauf Österreich. Davor hat sie die Knauf-Geschäfte in Bulgarien und Rumänien geführt. Im Interview spricht sie über Ihre persönlichen Ziele, identifiziert Wachtsumspotenziale und erklärt Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen dem osteuropäischen und dem österreichischen Markt.
Report: Die Bundesregierung hat eine große Wohnbauoffensive angekündigt. Viele Branchenvertreter sind aber skeptisch und befürchten, dass es durch die Bundeswohnbauoffensive zu einer Substituierung der Wohnbaufördergelder kommen könnte, um die Landesbudgets zu schonen. Teilen Sie diese Skepsis?
Ingrid Janker: Natürlich besteht diese Gefahr. Das kann man nicht negieren. Ich hoffe aber schon, dass wirklich wie geplant zusätzlicher Wohnraum geschaffen wird. Die Vorzeichen sind auch durchaus positiv: Wir haben von einigen unserer Verarbeiter das Feedback bekomme, dass der Auftragsstand für 2016 deutlich höher ist und auch die Projektanfragen mehr werden.
Report: Wie nehmen Sie aktuell die Stimmung bei Ihren Kunden wahr?
Janker: Das ist ganz unterschiedlich. Wir haben Partner, die die Situation sehr positiv einschätzen, aber auch Partner, die für 2016 negativer planen als wir. Unbestritten ist, dass das Volumen im Baubereich im ersten Halbjahr 2016 etwas höher sein wird als im letzten Halbjahr.
Report: Speziell bei Standardlösungen sind die Preise stark unter Druck. Mit Spezial- und Systemlösungen lassen sich bessere Margen erzielen. Aber wie sehr werden diese Produkte am Markt auch tatsächlich nachgefragt?
Janker: Wir sind mit der Nachfrage sehr zufrieden. In unseren Innovationsbereichen können wir ein zweistelliges Wachstum vorweisen. Das ist schon ein sehr großer Erfolg. Wichtig sind aber auch kleinere Innovationen. Wir versuchen sehr stark auf die Bedürfnisse unserer Geschäftspartner einzugehen, wie etwa mit dem neuen Schiebetürsystem Knauf Pocket Kit oder dem Baukastensystem Cleaneo Up, mit dem man in der Schallabsorbtion nachrüsten kann.
Report: In welchen Bereichen sehen Sie das größte Wachstumspotenzial für Knauf in Österreich?
Janker: Ich erwarte mir einiges von dem im letzten Jahr lancierten Drystar-Paket inklusive einer neuen, deutlich leichteren Aquapanel-Platte. Auch der ganze Bereich Akustik, wo wir heuer einige neue Produkte implementieren werden, bietet großes Potenzial.
Sehr stark fokussieren wir auch auf die Knauf Außenwand. Das Thema Geschwindigkeit wird immer wichtiger, deshalb wird die Vorfertigung in Zukunft eine noch größere Rolle spielen. Aus diesem Grund habe wir auch die Partnerschaft mit Häring Nepple für den Vertrieb des Cocoon Stahl-Leichtbausystems vertieft. In der Schweiz konnten wir schon viele Projekte in dieser noch neuen Bauart realisieren, da gibt es in Österreich sicher noch einiges an Potenzial.
Report: Welches Umsatzvolumen soll diese Kooperation im Jahr 2016 bringen?
Janker: Konkrete Zahlen kann ich nicht nennen. Wir sind zufrieden, wenn wir fünf Projekte umsetzen können. Auch die Größenordnung der Projekte ist nebensächlich. Wir wollen in dieser Bauart Fuß fassen. Aktuell haben wir ein großes Wohnbauprojekt im 15. Bezirk auf Schiene.
Report: Sie waren lange in Bulgarien und Rumänien tätig. Was sind die größten Unterschiede zwischen diesen Märkten und Österreich? Welche Gemeinsamkeiten gibt es?
Janker: Der Unterschied ist vor allem die Marktentwicklung selbst. Die Märkte sind in einem ganz anderen Stadium als etwa hier in Österreich. Trockenbau gibt es in diesen Ländern erst seit Anfang der 90er-Jahre. Daraus ergibt sich eine ganz andere Marktdurchdringung und eine andere Themensetzung. Auf der anderen Seite sind die Diskussionspunkte aber sehr ähnlich. Der Verarbeiter hat da wie dort dieselben Ansprüche. Wir müssen noch schneller werden und noch einfacher in der Kombination mit anderen Gewerken, um Fehlerquellen zu minimieren.
Report: Welche konkreten Ziele haben Sie sich selbst für Ihre neue Tätigkeit gesteckt?
Janker: Ganz wesentlich ist für mich, die Innovationsführerschaft auszubauen. Damit kann man beim Kunden punkten und das Unternehmen weiterentwickeln. Unsere Muttergesellschaft hat einen stark ausgeprägten Drive in diese Richtung. Für uns geht es darum, noch enger mit diesen Kollegen zusammenzuarbeiten. Wir müssen das, was uns vom Markt vermittelt wird, an die Forschungsabteilung weitergeben und dafür sorgen, die Ergebnisse wieder am Markt zu positionieren.