Donnerstag, Juli 18, 2024

Andreas Traunfellner, seit September Obmann der Güteschutzgemeinschaft WDVS-Fachbetrieb, spricht im Interview über seine Ziele als Vereinsobmann, aggressives Preisdumping und die in Branche weit verbreitete Skepsis gegenüber der Politik.

Report: Sie sind seit Ende September neuer Obmann der Güteschutzgemeinschaft WDVS-Fachbetrieb. Was sind aus Ihrer Sicht die zentralen Aufgaben des Verbands?

Andreas Traunfellner: Die zentralen Aufgaben sind seit der Gründung des Vereins unverändert: Wir sind angetreten, die Qualität der Verarbeitung und des Personals zu stärken. Wir haben uns eigene Prüfkriterien auferlegt, um die Qualität von Wärmedämmverbundsys­temen sicher zu stellen.

Report: Haben sich diese Anstrengungen bereits bezahlt gemacht?

Traunfellner: Die Qualität der Ausführung hat sich deutlich verbessert. Und unsere Prüfroutinen wurden auch in die Verarbeitungsnorm aufgenommen. Aber monetär hat sich das Ganze leider nicht bezahlt gemacht. Qualität hat ihren Preis. Diese gestiegene Qualität hätten wir gerne eingepreist, das ist aber leider nicht gelungen.

Report: Der Kunde ist also nicht bereit, für mehr Qualität mehr zu zahlen?

Traunfellner:  Ich glaube, dass der Kunde sogar bereit wäre, mehr zu zahlen. Aber gerade bei Wärmedämmverbundsystemen ist so ein massives Preisdumping festzustellen, dass die Spirale immer nur nach unten geht.

Report: Sind Ihre Mitglieder dennoch bereit, in die Ausbildung der Mitarbeiter zu investieren?

Traunfellner: Nicht alle, wir haben unter anderem auch deshalb im Herbst einige Mitgliedsunternehmen verloren. Es herrscht auch eine gewisse Missstimmung in der Branche. Aber gesetzliche Maßnahmen wie das neue Vergaberecht und das Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetz sollten uns jetzt wieder in die Karten spielen. Jetzt müssen Unternehmen ganz genau darauf achten, welche Subfirmen beauftragt werden, und sie haften auch dafür, dass alles korrekt läuft.

Report: Wo werden Sie als Obmann die Schwerpunkte setzen?

Traunfellner: Wir wollen verstärkt neue Mitglieder anwerben und werden vor allem jene Betriebe ansprechen, die wir bereits jetzt als Subunternehmen beschäftigen. So wollen wir uns als Verband breiter aufstellen.

Report: In Deutschland gab bzw. gibt es eine regelrechte Negativkampagne gegen Wärmedämmung. Falsch zitierte Studien haben weite Verbreitung gefunden. Ähnliche, wenn auch deutlich weniger Geschichten gab es auch in Österreich. Spüren Sie eine wachsende Skepsis bei den Kunden?

Traunfellner: Mit diesen Berichten haben die Kritiker natürlich frische Munition bekommen. Da stecken Lobbyinggruppen dahinter, die massiv gegen Polystyrol Stimmung machen, weil sie ihre Produkte verkaufen wollen. Das betrifft aber ausschließlich den Neubau. Denn in der Sanierung gibt es so gut wie keine Alternative zum Wärmedämmverbundsys­tem. Aber auch im Neubau ist eine thermische Zusatzlösung praktisch immer nötig, um die CO2-Ziele zu erreichen.
Aber man muss schon festhalten, dass das Gegeneinander in Österreich weit weniger ausgeprägt ist. Da kämpft eher die Ziegel- gegen die Betonlobby. 

Report: Die Branche hat seit Jahren mit rückläufigen Märkten und Margen zu kämpfen. Sehen Sie Chancen auf eine Trendumkehr?

Traunfellner: Der Wettbewerb wird sich, wenn die neuen Gesetze greifen, selbst regeln. Die Billigstanbieter wird es langfristig gesehen in dieser Form nicht mehr geben. Das Problem ist, dass aktuell sehr wenig am Markt ist, sehr wenig gefördert wird. Darauf stürzen sich dann alle, ein reiner Verdrängungswettbewerb setzt ein und das setzt die Preise natürlich massiv unter Druck. 

Report: Förderungen wie der Sanierungsscheck werden laufend reduziert. 2016 stehen nur noch rund 43 Millionen zur Verfügung. Mit welchen Auswirkungen rechnen Sie?

Traunfellner: Im letzten Jahr standen noch 80 Millionen Euro zur Verfügung, die bereits im Herbst aufgebraucht waren. Mit den 43 Millionen wird der Topf vermutlich im Sommer ausgeschöpft sein. Das ist sehr schade, denn Studien haben gezeigt, dass durch den Sanierungsscheck vor allem die regionale Wirtschaft angekurbelt wird.

Report: Den Sanierungsscheck gibt es seit vielen Jahren, es wurde auch viel gemacht. Gibt es diese Zielgruppe, die mit Förderungen zum Sanieren bewegt werden kann, überhaupt noch?

Traunfellner: Da gibt es auf jeden Fall noch viel Potenzial. Gerade im privaten Sektor gibt es noch sehr viel nachzuholen. Man muss natürlich auch das Bewusstsein wecken, dass ein Einfamilienhaus aus den 60er-, 70er-Jahren eine tickende Zeitbombe ist. Die Heizsysteme sind veraltet, die Fenster sind veraltet und der U-Wert entspricht einfach nicht dem heutigen Standard. Hier etwas zu investieren lohnt sich nicht von heute auf morgen, aber in einem Zeitraum von 25 Jahren auf jeden Fall. Und damit erhöht man ja auch den Wert einer Immobilie.

Report: Welche Auswirkungen auf Ihre Mitgliedsunternehmen erwarten Sie sich von der kurz vor Weihnachten beschlossenen Wohnbauoffensive?

Traunfellner: Von der Wohnbauoffensive erwarte ich mir für unsere Mitglieder frühestens 2018 konkrete Auswirkungen. Zuerst braucht es Grundstücke, dann Projekte und dann muss zu bauen begonnen werden. Bis dann die Wärmedämmung aufgebracht wird, ist es sicher 2018.

Report: Bessert sich durch diese zumindest absehbaren Zusatzprojekte die Stimmung in der Branche?

Traunfellner: Eigentlich nicht. Im Moment sind alle wenn nicht pessimis­tisch, dann zumindest sehr skeptisch. Ich selbst bin ehrlich gesagt auch noch nicht restlos davon überzeugt, dass das alles so umgesetzt wird, wie es jetzt angekün­digt wurde. Diese Skepsis ist in der ganzen Branche spürbar: Man wartet ab, was tatsächlich passiert. Das gilt auch für die Umsetzung des Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetzes oder das neue Vergaberecht. Ich persönlich unterstütze das Bestbieterprinzip, ich bin aber sehr gespannt, welche Kriterien für die Bestbieterermittlung herangezogen werden. Wir hätten da schon ein paar Ideen.

Report: Welche?

Traunfellner: Zum Beispiel das KSV-Rating, das Vorhandensein von Managementsystemen, Referenzen, die Anzahl von gewerblichem Personal oder die Lehrlingsausbildung. Generell können die Richtlinien der Güteschutzgemeinschaft herangezogen werden, denn die haben ja im Endeffekt auch das Ziel, den besten Anbieter zu ermitteln.
Sinnvoll wäre es auch, von allen Angeboten einen Median zu bilden und davon ausgehend im Rahmen von 20 Prozent Preispunkte zu vergeben. Wer dann noch darunter liegt, sollte auch nicht mehr Preispunkte bekommen. Damit könnte man den extremen Billigstflieger in Schach halten. 

Report: Mit welchen Erwartungen gehen Sie in das Jahr 2016?

Traunfellner: Mit verhaltenen Erwartungen. 2016 wird das Bauvolumen stagnieren oder sogar leicht rückläufig sein. Es wird bis in den Herbst hinein dauern, bis die Maßnahmen, die von der Politik gesetzt wurden, greifen. Es wird eine gewisse Marktbereinigung stattfinden, der Markt wird sich erholen und dann wird auch die Stimmung wieder besser. Ich denke nach wie vor, dass das Handwerk goldenen Boden hat. Und der Bau ist einer der ganz großen Wirtschaftsfaktoren. Ab 2017 wird es dann bergauf gehen.


Über die Güteschutzgemeinschaft WDVS-Fachbetrieb

Ziel des Vereines ist die nachhaltige Sicherstellung der bestmöglichen Qualität von Wärmeschutzfassaden an Gebäuden. Dabei wird der gesamte Ablauf von der Planung über die Erstellung bis hin zur regelmäßigen Wartung als Prozess begleitet. Besondere Schwerpunkte sind daher die Ausschreibungsqualität, die Qualität der eingesetzten Materialien, die Projektablauf- und Fachverarbeitungsqualität bis hin zur Organisation periodischer Wartungsarbeiten bei Wärmeschutzfassaden.

Info: www.wdvsfachbetrieb.at

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