Sonntag, Dezember 22, 2024

Bei der Entwicklung agiler Teams geht es nicht um Sozialromantik. Dysfunktionale Teams schmälern nachweislich den Unternehmenserfolg. Aber was sind die Voraussetzungen für höchste Leistungs-fähigkeit?

- Ein Gastkommentar von Peter Fellner.

Manchmal treffe ich ehemalige Mitarbeiter aus einer Zeit, in der ich gerade Leiter eines Business-Development-Teams war. Erstaunlich daran: Solche Treffen gehen immer mit einer »Glorifizierung« einher, wir besprechen damalige Herausforderungen, erzielte Leistungen, den Spaß und Teamgeist, den wir spürten. In Wirklichkeit aber war diese Zeit eine unheimlich harte, z.B. im Zuge der Bearbeitung einer großen Ausschreibung, als wir wochenlang täglich von 8 bis 24 Uhr durchmachten, um unsere Gewinnchancen für ein riesiges Telekom-Projekt zu wahren. Ich erinnere mich auch, dass ein Teammitglied mitten in dieser Arbeit das Handtuch warf. Aber vorher schon hatten andere mokiert, dieser Kollege passe nicht dazu, unterstütze die anderen nicht.

Aus heutiger Sicht würde ich behaupten, dass dieses Team im »Flow« war, in einem Zustand höchster Leistungswilligkeit und -fähigkeit. Was aber sind gute Voraussetzungen dafür? Einige generelle Regeln lassen sich durchaus ableiten:
Wir hatten ein gemeinsames, von allen verinnerlichtes Ziel: Wir wollten gewinnen. Dies führte unter anderem dazu, dass Eigeninteressen vor dem gemeinsamen Ziel in den Hintergrund traten, Konflikte wurden lösungsorientiert abgehandelt, denn es galt ja, bis zur nächsten Deadline Lösungen zu parat zu haben. Die Teamentwicklungsphasen, die ein neu aufgestelltes Team mit höchst unterschiedlichen Kompetenzen und Charakteren bis zur Leistungsfähigkeit durchläuft, waren abgeschlossen und wir hatten eine eigene Teamkultur entwickelt, die sich gut mit dem SCARF-Modell von David Rock beschreiben lässt. In diesem Modell wird die Frage beantwortet, was das Hirn braucht, um höchst leistungsfähig arbeiten zu können:

Der Status unserer Teammitglieder war klar, anhand derer (auch sozialer) Beiträge definiert, und so kam es auch, dass der oben erwähnte Mitarbeiter schließlich um Versetzung bat. Die Gewissheit, die uns verband, basierte auf der Überzeugung, dass wir uns gegenseitig jederzeit unterstützten, um zu einem bestmöglichen Ergebnis zu kommen. Wir lebten Team-Zugehörigkeit und gleichzeitig Autonomie, zum Beispiel dadurch, dass wir täglich Fortschrittsberichte austauschten, wobei die Einzelbeiträge miteinander abgestimmt wurden, der Weg dazu aber vollkommen dem jeweiligen Teammitglied überlassen blieb.

Uns war Fairness wichtig, wir achteten gemeinsam darauf, niemanden zu übervorteilen und erbrachte Leistungen zu würdigen. Bei der Entwicklung agiler Teams geht es nicht um Sozialromantik. Gallup schätzt den Schaden, der US-Firmen durch mangelndes Engagement entsteht, auf 370 Milliarden Dollar jährlich. In deutschen Firmen sind nur die Hälfte der Teammitglieder einigermaßen agil. Anderseits: Engagierte Teams erzielen im Durchschnitt um 6 % höhere Gewinne.  Führungskräfte tragen die Verantwortung, dass ihr Team gut funktioniert. Aber wie lässt sich das erreichen? Wenn man schon längere Zeit in einer Organisation tätig ist, ist es nicht mehr möglich, eine Vogelperspektive einzunehmen. Dann hilft nur ein Blick von außen durch Coaching und Beratung, um dysfunktionale Teamkulturen zu erkennen und diese besser zu gestalten, um toxische Allianzen aufzuzeigen, um Reibereien durch mangelhafte Nahtstellen abzustellen. Teams in einen »Flow«-Zustand zu verhelfen, zahlt sich für alle aus.

Der Autor

Peter Fellner begleitet als Coach, Trainer und Berater Menschen und Organisationen bei Entwicklungsprozessen, um operative und strategische Ziele durch Gestaltung einer bestehenden Unternehmenskultur überdurchschnittlich und nachhaltig zu erreichen.

www.fellner-ccc.com



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