Ist das Online-Angebot eines Arbeitgebers nicht mobil verfügbar, kommt dieser »im Ökosystem« vieler Kandidaten einfach nicht vor, meint Oliver Sonnleithner, geschäftsführender Gesellschafter der Personalplattform karriere.at.
(+) plus: Setzen Unternehmen zu wenig auf Social-Media-Kanäle?
Oliver Sonnleithner: Aus unserer Sicht eignen sich Social Networks weniger zur Personalsuche an sich als für die Vermittlung der eigenen Arbeitgebermarke. Und natürlich hat Employer Branding auf Social-Media-Kanälen auch wieder positive Effekte auf die Personalsuche. Auf Plattformen wie Facebook oder Instagram lassen sich authentische Einblicke in Unternehmen niederschwellig transportieren und erreichen Zielgruppen auch sehr gut – vorausgesetzt, diese Kanäle werden professionell, langfristig und strategisch genutzt.
(+) plus: Sind Profile in sozialen Netzwerken aussagekräftiger als Bewerbungsschreiben?
Sonnleithner: Derzeit führt am Bewerbungsschreiben, bestehend aus Lebenslauf und Anschreiben, noch kein Weg vorbei. Personalverantwortliche wollen einfach auf einen Blick sehen können, warum sich ein Kandidat für einen Job berufen fühlt und welche Qualitäten dieser mitbringt. Diese Informationen erst mühsam über diverse Plattformen recherchieren zu müssen, wäre definitiv zu zeitaufwendig.
Social Networks sind von Arbeitgebern beim Recruiting als private Plattformen der Kandidaten zu betrachten – außer es handelt sich explizit um Business-Networks und Lebenslauf-Einträge in Datenbanken von Jobbörsen. Natürlich können Facebook und Twitter von potenziellen Kandidaten auch für deren berufliches Eigenmarketing genutzt werden. Dann ist die Sache natürlich anders zu bewerten.
(+) plus: Lassen private Postings oder Partyfotos tatsächlich Rückschlüsse auf die Eignung zu?
Sonnleithner: Meiner Meinung nach nicht. Ob jemand in seiner Freizeit gerne Party macht, hat mich als Arbeitgeber nicht zu interessieren und lässt hinsichtlich der fachlichen Eignung des Kandidaten keine Rückschlüsse zu. Stellt sich ein Bewerber aber mit seinem Online-Ich unprofessionell und beispielsweise in einschlägigen Posen öffentlich – also nicht durch Privatsphäreeinstellungen geschützt – dar, darf man natürlich hinterfragen, wie repräsentativ dieser einsetzbar ist.
(+) plus: Wie sollten Bewerber mit Lücken oder Brüchen in ihrem Lebenslauf umgehen?
Sonnleithner: Ehrlich! Heute ist es vielfach kein Problem, eine Phase der Jobsuche zu rechtfertigen, da HR-Manager selbst wissen, dass die Zeit der lebenslangen Dienstverhältnisse vorbei ist. Dasselbe gilt für Auszeiten, Weltreisen oder gescheiterte Versuche in der beruflichen Selbstständigkeit.
(+) plus: Haben traditionelle Recruiting-Methoden langfristig ausgedient?
Sonnleithner: Will man effektives und vor allem breitenwirksames Recruiting, wird man in Zukunft mit dem alleinigen Schalten von Stellenanzeigen wahrscheinlich weniger Erfolg haben. In den vergangenen Jahren haben sich drei Voraussetzungen massiv geändert: erstens die Demografie, die das Angebot an verfügbaren Fachkräften durch sinkende Geburtenraten verringern wird. Arbeitgeber müssen sich darauf einstellen, dass der Wettbewerb um qualifizierte Kandidaten noch größer wird.
Der zweite wichtige Punkt ist eine Veränderung in der Einstellung von Arbeitnehmern – Stichwort Generation Y. Während früher ein guter Job an der Jobsicherheit und dem gebotenen Gehalt gemessen wurde, stehen heute andere Faktoren im Vordergrund: persönliches Interesse, gebotene Benefits, Unternehmenskultur, um nur einige zu nennen. Die Herausforderung ist daher, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren und den Employer Brand zielgruppenaffin zu transportieren. Der dritte Punkt ist der technologische Wandel: Online-Recruiting ist mittlerweile etabliert. Dass 2015 aber bereits ein Drittel der User – und das sind richtig viele – über ihr Smartphone nach Jobs gesucht hat, wissen die wenigsten. Ist das Online-Angebot eines Arbeitgebers nicht mobil verfügbar, kommt dieser im Ökosystem vieler Kandidaten auch einfach nicht vor.
Fazit: Das Stelleninserat wird auch künftig die Speerspitze des Recruitings bleiben. Damit diese aber perfekt funktioniert, müssen sowohl eine positiv besetzte Arbeitgebermarke als auch der mobile-fitte Auftritt eines Unternehmens unbedingt gegeben sein.