Sonntag, Juli 21, 2024

Naher Osten, Ukraine, Nigeria – in vielen Ländern gehören Terror und Unruhen zum Alltag. Die Reise muss aber nicht einmal in eine der brisanten Krisenregionen gehen, um einem erhöhten Risiko ausgesetzt zu sein. Nur jeder zweite Geschäftsreisende fühlt sich vom Arbeitgeber ausreichend beschützt.

Schnell am Straßenrand ein Taxi heranwinken, das Ziel nennen und los geht die Fahrt. Was in Europa kein Problem ist, kann beispielsweise in Mexiko City oder New Delhi zur Falle werden. Endlose Umwege durch das Großstadtdickicht zu horrenden Kosten sind noch das geringste Übel. In einigen Ländern kann es richtig gefährlich werden: Raub oder Kidnapping stehen auf der Tagesordnung. Terrormilizen treten mit großer Brutalität auf und machen gezielt Jagd auf Ausländer.

Auch wer jene Krisenherde, die Tag für Tag die Nachrichtensendungen beherrschen, meidet, kann in Gefahr geraten. Die Terroranschläge, die im Jänner 2015 Paris erschütterten, riefen dies schmerzlich in Erinnerung. Und nicht nur Krieg und Kriminalität können Leib und Leben zusetzen: Epidemien durch Ebola, Dengue-Fieber oder Cholera, Erdbeben und Klimakatastrophen machen Reisen nicht unbedingt angenehmer. Tropenmediziner Herwig Kollaritsch hält zwar die Hysterie rund um Ebola, Mers & Co im Vergleich zu anderen Bedrohungen übertrieben, wirklich angenehm sind auf Reisen aber auch »herkömmliche« Erkrankungen nicht. »Durchfall ist immer noch die mit Abstand am häufigsten erlittene Reisekrankheit. Und es gibt nichts Besseres für die Verbreitung der Influenza als den Aufenthalt auf einem internationalen Flughafen«, erklärte Kollaritsch im Rahmen der Business Travel Lounge, die im April von der Austrian Business Travel Association (abta) veranstaltet wurde.

Galten in Zusammenhang mit dem Begriff »stressarmes Reisen« früher noch zu enge Sitzreihen in Flugzeugen, lange Wartezeiten bei Anschlussverbindungen oder schmutzige, abgelegene Unterkünfte als Störfaktoren, wurde nun Sicherheit zum Kernthema für Geschäftsreisen. Laut einer Umfrage des Deutschen Reiseverbands (DRV) wollen 90 % der befragten Manager und Vielreisenden in Unternehmen möglichst rasch zum Ziel kommen, 84 % möchten komfortabel reisen. Bereits 83 % erachten auch Sicherheit als sehr wichtig – vor einem Jahr waren es noch 76 %. Geschäftsreisende sind oft auch Familienväter oder -mütter. Durch die tägliche mediale Berichterstattung sind auch die Angehörigen besonders sensibilisiert. »Die Firmen sind sich der Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeiter in zunehmendem Maße bewusst und versuchen den Risiken so weit wie möglich präventiv zu begegnen«, meint abta-Präsident Hanno Kirsch.

Mehr Krisenherde
Die Welt ist nicht friedlicher geworden, im Gegenteil. 424 Konflikte, davon 21 Kriege, verzeichnete das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung (HIIK) 2014. 46 der Auseinandersetzungen wurden als »hochgewaltsam« eingestuft, von Reisen in diese Regionen wird dringend abgeraten. Zu den gefährlichsten Ländern der Welt zählen Syrien, Mali, Somalia und Nigeria, die Forscher nennen aber auch Indien, Pakistan oder Mexiko riskant. Das österreichische Außenministerium warnt aktuell vor Aufenthalten in 34 Ländern bzw. bestimmten Gebieten.

Doch Unternehmen können ihre Geschäfte in der Regel nicht über Nacht abbrechen. Bis das Außenministerium eine Reisewarnung ausspricht und Botschaften schließt, vergehen auch zumeist einige Wochen. In dieser ungewissen Lage schläft wohl niemand ruhig. In die östliche Ukraine etwa entsenden die meisten Unternehmen inzwischen kaum noch Mitarbeiter. Sicherheitsbedenken haben viele österreichische Betriebe, die in unmittelbarer Nähe der Konfliktgebiete im Nahen Osten, Nordafrikas oder der Ukraine seit jeher stark präsent sind. Jeder dritte Geschäftsreisende war bereits mit Einschränkungen wegen politischer Unruhen konfrontiert oder musste gar eine Reise absagen. In der Liste der häufigsten Probleme auf Geschäftsreisen nehmen politische Krisen den fünften Platz ein. Am öftesten behinderten extreme Wetterlagen wie Sturm oder starker Schneefall die Ab- oder Weiterreise.

Warnung per Handy
Auch wenn sich Probleme durch politische Konflikte oder widrige Wetterbedingungen meist nicht vorhersehen lassen, können die Folgen durch professionelles Travelmanagement zumindest minimiert werden. Unternehmen sollten stets verlässlich wissen, wo sich ihre Mitarbeiter befinden und wie sie mit ihnen Kontakt aufnehmen können.

Concur, Spezialist für Softwarelösungen zum Reisemanagement, bietet mit dem Sicherheitstool »Concur Messaging« eine übersichtliche Darstellung aller Risiken und Vorfälle weltweit in Echtzeit. Gleichzeitig informiert das Tool über den jeweiligen Aufenthaltsort und die Reisedaten der Mitarbeiter und ermöglicht die beidseitige Kontaktaufnahme. Ob Demonstrationen in Algier oder Überschwemmungen in Thailand – über das Messaging-System können die Reisenden rechtzeitig vor möglichen Gefahren gewarnt werden. Bei einer Bombendrohung beispielsweise erhält ein Mitarbeiter, der sich gerade in der betreffenden Stadt aufhält, automatisch eine Benachrichtigung auf sein Handy und kann »OK« oder »Help« wählen, um weitere Informationen zu erhalten. Mit der Komplettlösung können zudem sämtliche Funktionen von der Planung und Buchung bis zur Reisekostenabrechnung in einem System abgewickelt werden.

Auf Geschäftsreisen spezialisierte Reisebüros helfen bereits im Vorfeld, Probleme zu vermeiden. Sie stellen Informationen über landesübliche Besonderheiten, Gesundheitsgefahren sowie Einreise- und Zollbestimmungen zur Verfügung und helfen durch Umbuchungen, dass Gestrandete ihr Ziel noch rechtzeitig erreichen. Eine 24-Stunden-Hotline garantiert diesen Service auch außerhalb der Öffnungszeiten. Leider beschäftigen sich Vielreisende erfahrungsgemäß meist erst auf dem Hinflug mit den Gegebenheiten, die sie im Zielland erwarten.

Abta-Präsident Kirsch beobachtet eine »leichte Verschiebung vom Travelmanagement hin zum Traveller Management«: »Es geht nicht nur um den kostensparenden Einkauf von Reiseleistungen. Der Reisende selbst steht im Mittelpunkt. Sicherheit, Komfort und optimale Reisezeiten gehören genauso dazu wie gute Firmenraten bei Hotels und Fluggesellschaften.« Der Trend zu smarten Online-Lösungen ist ungebrochen, so Kirsch: »Die Potenziale bei der Optimierung interner Prozesse der Reiseorganisation sind noch nicht ausgeschöpft.«

Schutz für Notfälle
Trotz der zunehmenden Brisanz spielt Sicherheit dagegen für einige Unternehmen noch eine untergeordnete Rolle. Knapp die Hälfte der Geschäftsreisenden fühlt sich von ihrem Arbeitgeber diesbezüglich nur unzureichend unterstützt. Nach der DVR-Studie haben sich 26 % der deutschen Konzerne noch gar nicht mit dem Thema befasst, bei KMU sind es 54 %.

Hannes Schwarz, Geschäftsführer der FCm Travel Solutions und Vorstand des Österreichischen Reisebüroverbandes, hält diese Ergebnisse für auch auf Österreich übertragbar: »Speziell Traveller Tracking, aber auch die Wahl der Airline gewinnen – nicht nur aus Kostengründen – an Bedeutung.« Gerade kleinere Unternehmen organisieren ihre Geschäftsreisen meist selbst, ohne jegliches Risiko- und Kostenmanagement. Ein neutraler Vergleich von Flugverbindungen und Tarifen sowie Hotels und Mietwagen ist aber ohne Travel Manager kaum möglich und letztlich teurer. »Wir haben über unsere Profioberflächen Zugriff auf alle Airlines und Tarife und können das günstigste Angebot heraussuchen. Oft ist das Billigste nicht das Beste«, sagt Schwarz. »Wenn direkt im Internet gebucht wird, gibt es auch keine Kontrolle und keine Möglichkeit, den Reisenden bei einem Notfall oder im Falle eines Naturereignisses zu lokalisieren und zu unterstützen.«

Oftmals rückt dieser Aspekt erst in den Fokus, wenn etwas passiert – mit teuren Folgen. Unternehmen haften für Mitarbeiter, die in ihrem Auftrag reisen. Ein verpasster Anschlussflug zählt noch zu den erträglicheren Ärgernissen. Bei einem medizinischen Notfall können sich rasch Kosten von mehreren hunderttausend Euro anhäufen, die für einen kleineren Betrieb eine existenzbedrohende Dimension bedeuten. Außerhalb Europas sind diese Summen auch durch Kreditkarten nur teilweise gedeckt. »Vorsicht ist aber auch im EU-Raum geboten, denn nicht überall bietet die e-Card Schutz. Man bleibt meist auf größeren Beträgen sitzen, da nur die in Österreich üblichen Sätze von der Krankenkasse erstattet werden, diese aber für eine effiziente Behandlung im Ausland oft nicht ausreichen«, sagt Christoph Heißenberger, Geschäftsführer der Allianz Global Assistance. Mit dem Versicherungspaket »Global Business Assistance« können Reisetage ab weniger als einem Euro pro Tag gekauft werden und sind nicht namentlich an bestimmte Mitarbeiter gebunden.

Gemessen an den hohen Kosten für Rücktransporte oder Behandlungskosten nehmen sich die Versicherungsprämien durchaus bescheiden aus. Jedem 50. Reisenden passiert etwas, vom Kofferverlust bis zum schweren Unfall. Jeder 300. muss im Ausland ins Krankenhaus, was pro Tag in etwa so viel wie eine Woche Aufenthalt im Luxushotel kostet, rechnet Andreas Sturmlechner, Vorstandsmitglied der Europäischen Reiseversicherung, vor. Die personellen Ausfälle sowie Zeit und Stress für Umbuchungen sind in dieser Kalkulation noch gar nicht berücksichtigt.


Zitiert:

Hannes Schwarz, FCM: »Wenn direkt im Internet gebucht wird, gibt es keine Kontrolle und keine Möglichkeit, den Reisenden in Notfällen zu unterstützen.«

Andreas Sturmlechner, Europäische Reiseversicherung: »Jedem 50. Kunden passiert etwas - das reicht vom Kofferverlust bis zum schweren Unfall.«

Christoph Heissenberger, Allianz: »Die von der Krankenkasse erstatteten Beträge reichen für eine effiziente Behandlung im Ausland oft nicht aus.«


Facts: Gefährliche Länder

Ägypten: Von den Anschlägen der letzten Jahre waren auch Touristen betroffen. Weitere Attentate sind nicht auszuschließen. Für den Nordsinai, die Grenze zu Libyen und die Sahara-Gebiete gilt eine partielle Reisewarnung. Hohes Sicherheitsrisiko besteht bei Polizei- und Armeeposten sowie politischen Kundgebungen. Besondere Umsicht gilt für allein reisende Frauen.

Georgien: Aufgrund heftiger Regenfälle im Juni 2015 wurde Tiflis überschwemmt. Die Aufräumarbeiten sind noch in Gang, auf den Hauptverkehrsrouten kommt es zu Behinderungen. Aus dem Zoo entkamen Dutzende Raubtiere, die nun durch die Stadt streunen und bereits Todesopfer forderten. Die Konfliktregionen Abchasien und Südossetien befinden sich unter Kontrolle russischer Truppen. Dort besteht zudem hohe Gefahr durch Minen. Nach Einbruch der Dunkelheit sollte auf Überlandreisen verzichtet werden. Das Außenministerium empfiehlt, bei einem Überfall keinen Widerstand zu leisten, um eine Eskalation zu vermeiden.

Haiti: Das Land kämpft noch immer mit den Nachwirkungen des verheerenden Erdbebens vom Jänner 2010. Die Cholera-Epidemie konnte aufgrund der miserablen medizinischen Versorgung bis heute nicht eingedämmt werden. Die Verkehrsverbindungen sind stark beeinträchtigt, von der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel und privater »tap-taps«-Taxis wird abgeraten. Die Sicherheitslage ist prekär, es gibt nur unzureichenden Schutz gegen die hohe Kriminalität. Große Menschenansammlungen sind unbedingt zu meiden.

Indien: In den Grenzgebieten zu Pakistan und China besteht eine hohe Gefahr von terroristischen Anschlägen. Aufgrund der hohen Kriminalität sollten in allen Großstädten nur wenig Bargeld und Fotokopien der Reisedokumente mitgeführt werden. Besondere Vorsicht ist nach Einbruch der Dunkelheit geboten. Frauen sollten nie allein reisen und einen konservativen Kleidungsstil wählen. Vor Trickbetrügern wird gewarnt. Auf Flughäfen sollten ausnahmslos vorausbezahlte Taxis genutzt werden. Auf Bahnhöfen versuchen als Eisenbahnpersonal getarnte Schlepper ausländische Reisende zu Buchungen in privaten Reisebüros zu überreden.

Irak: Seit Anfang 2014 sind insbesondere im Norden Iraks schwere Kämpfe im Gang. Große Teile des Landes, darunter die Großstadt Mossul, werden vom IS kontrolliert. In Bagdad kommt es häufig zu Terroranschlägen. Der Bürgerkrieg in Syrien wirkt sich auch auf das irakische Grenzgebiet aus.

Israel/Palästina: Immer wieder kommt es vor allem am Gazastreifen zu Auseinandersetzungen zwischen der Hamas und der israelischen Armee. Von Reisen ins Westjordanland ist ebenfalls abzusehen. An jüdischen und islamischen Feiertagen sollte auf den Besuch religiöser Stätten verzichtet werden. Vom Besuch jüdischer Siedlungen in der Westbank rät das Außenministerium generell ab.

Jemen: Seit 2005 wurden mehrere ausländische Staatsbürger entführt, einige getötet. Nahezu täglich gibt es gezielte Tötungen und terroristische Anschläge gegen jemenitische Sicherheitskräfte, aber auch diplomatische Vertretungen. Fast alle Staaten haben ihre Botschaften geschlossen. Aufgrund der Aktivitäten der Al Qaida liegt Jemen im Fokus der US-Antiterrorpolitik. Das Fortschreiten der Houthi-Rebellen seit Sommer 2014 führte zu einer weiteren Verschärfung der Sicherheitslage.

Mali: In weiten Teilen des Landes finden Kampfhandlungen statt, in der Sahel-Region herrscht eine erhöhte Gefahr für Anschläge und Entführungen. Frankreich griff militärisch in den Konflikt ein. Die UNO beteiligt sich an der Sicherung der befreiten Gebiete, im Mai 2015 wurde auf ein Gebäude der UN-Friedensmission ein Attentat verübt. Ganze Bevölkerungsgruppen befinden sich auf der Flucht.

Ukraine: Im Osten des Landes besteht entlang der Kontaktlinie zwischen den Regierungstruppen und den Separatisten Lebensgefahr. In den Kampfgebieten sind die hygienischen Verhältnisse zudem äußerst prekär. Es fehlt an Wasser, Nahrung und Medikamenten, auch in den Krankenhäusern. Von nächtlichen Überlandfahrten wird abgeraten. Hotelzimmer und Zugabteile sollten immer versperrt werden.

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