Mittwoch, Februar 05, 2025

Wien wächst so stark wie keine andere Metropole in der EU. Mit der demografischen Struktur ändern sich die gesellschaftlichen Herausforderungen. Auf medizinische und soziale Unterstützung durch die Stadt Wien kann sich die Bevölkerung aber auch in ­Zukunft verlassen, versichert Sonja Wehsely, Wiener Stadträtin für ­Gesundheit und Soziales.

(+) Plus: Wien wächst – welche Herausforderungen bedeutet das für den Gesundheits- und Sozialbereich?

Sonja Wehsely: Wien wird 2030 die jüngste Stadt Österreichs sein, gleichzeitig werden rund 120.000 Menschen 80 Jahre oder älter sein. Da braucht es eine vorausschauende Gesundheits- und Sozialpolitik. Denn die Wienerinnen und Wiener sollen sich auch in Zukunft darauf verlassen können, dass jede und jeder, unabhängig vom Geldbörsel, die beste medizinische Versorgung erhält und das Sozialsystem niemanden im Stich lässt, der Unterstützung braucht.

(+) Plus: Welche Bevölkerungsgruppen brauchen besondere Unterstützung?

Wehsely: Menschen, die kein Auskommen mit ihrem Einkommen haben und am Ende des Monats nicht wissen, wie sie ihren täglichen Bedarf bezahlen können, brauchen unsere besondere Unterstützung und Hilfe. Die Stadt Wien nimmt ihre Verantwortung wahr und greift betroffenen Menschen beispielsweise mit der bedarfsorientierten Mindestsicherung unter die Arme.

(+) Plus: Rund ein Viertel des Gesamtbudgets der Stadt entfallen auf soziale Leistungen wie Mindestsicherung, Pflege und Betreuung. Wird der Bedarf weiter steigen?

Wehsely: Die Menschen werden glücklicherweise immer älter, der Bedarf an Pflege und Betreuung wird steigen. Schon heute gibt die Stadt pro Jahr knapp eine Milliarde Euro für Pflege und Betreuung aus. Mit dem Konzept »Pflege und Betreuung 2030« wird die Stadt dem Wunsch vieler Wienerinnen und Wiener, möglichst lange zu Hause leben zu können, gerecht. Und wenn Unterstützung notwendig ist, greift die mobile Betreuung und Pflege unterstützend ein.

(+) Plus: Nach langen Verhandlungen konnten Sie sich mit der Ärztekammer doch noch auf ein Paket für die Spitalsärzte einigen. Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?

Wehsely: Die Einigung sichert die Umsetzung der notwendigen Strukturreformen, die das System flexibler und patientenorientierter machen wird. Weniger Nachtdienste, mehr Ärzte am Tag und die zentralen Notaufnahmen sind der Schlüssel für ein modernes Spitalswesen. Die Ärztekammer ist nun bereit, diese wesentlichen strukturellen Veränderungen mitzutragen.

(+) Plus: Stehen die Pflegekräfte in dieser Diskussion im Schatten?

Wehsely: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pflege sind wichtige PartnerInnen für das Funktionieren des Gesundheitssystems. Deshalb ist mir eine Stärkung der Berufsgruppe und eine rasche Umsetzung der Novelle des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes, die die Tätigkeiten neu ordnet und fokussiert, ein wichtiges Anliegen. Parallel dazu habe ich gemeinsam mit der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten einen Prozess zur Rolle der Pflege im Wiener Krankenanstaltenverbund gestartet.

(+) Plus: Wie steht es um die Umsetzung des Spitalskonzepts 2030?

Wehsely: Mit dem »Wiener Spitalskonzept 2030« wird sichergestellt, dass die Gemeindespitäler auch in Zukunft im Eigentum der Stadt bleiben und ihre hohe Qualität weiterhin halten können. Die Stadt optimiert die medizinische Versorgung und konzentriert sie auf künftig sieben öffentliche Spitäler. Alle Gemeindespitäler werden in Zukunft neben einer Basisversorgung unterschiedliche Schwerpunkte haben, etwa Zentren für Onkologie oder Trauma. Wir arbeiten mit Hochdruck an der Umsetzung.

(+) Plus: Im Rahmen des Eurovision Song Contest im Mai präsentierte sich die Hauptstadt als offen und tolerant. Haben die WienerInnen die Toleranz tatsächlich verinnerlicht?

Wehsely: Wien ist eine offene und tolerante Stadt. Der Song Contest ist hier nur ein kleiner Baustein. Wien war schon immer Treffpunkt für Menschen mit verschiedenen kulturellen Hintergründen. Das ist das Einzigartige, was Wien ausmacht. Dementsprechend ist es unsere Aufgabe, dass sich wirklich alle hier wohl fühlen, unabhängig vom Geldbörserl, der sexuellen Orientierung, Geschlecht oder Geburtsland.

(+) Plus: Die Stadt Wien hat weit mehr Flüchtlinge aufgenommen, als die Quote vorsieht, während andere Bundesländer sich beharrlich wehren. Können Sie deren ablehnende Haltung verstehen?

Wehsely: Asyl ist ein Menschenrecht und eignet sich dementsprechend nicht für zynisch-strategische Wahlkampfüberlegungen. Wien übererfüllt die Quote und schafft Plätze für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Andere Länder versuchen politisches Kleingeld zu schlagen. Ich spreche mich klar für eine solidarische Verteilung von Flüchtlingen aus und fordere alle auf, hier gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.

(+) Plus: Welche Erwartungen setzen Sie in die neugeschaffene Koordinationsstelle für Flüchtlingswesen?

Wehsely: Ich erwarte mir eine noch bessere Vernetzung und Bedarfserhebung. Wien nimmt seine Verantwortung wahr und bietet jenen Menschen Schutz, die vor Krieg und Verfolgung flüchten. Diese Koordinierungsstelle geht nun einen Schritt weiter, um auch in Zukunft die bestmögliche Versorgung von Flüchtlingen sicherzustellen. Der zuständige Projektleiter und Geschäftsführer des Fonds Soziales Wien, Peter Hacker, hat mein vollstes Vertrauen und meine Unterstützung. 

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