Im Fabasoft TechSalon Wien diskutierten am 18. Juni hochrangige Vertreter aus Wirtschaft und Verwaltung die Leistungsfähigkeit des IT-Standorts Österreich. Grundlage des Podiumsgesprächs des Report ist der aktuelle DESI-Index ("Digital Economy and Society Index") der EU-Kommission, der Österreich mit Platz 13 von 28 untersuchten Ländern lediglich Mittelmaß attestiert. Welche IT-Bereiche in der Wirtschaft aber gelten als Exportschlager? Wie steht es um die Innovationsfreudigkeit der Unternehmen und welche Rolle spielen Services der Verwaltung in einer modernen Wirtschaft und Gesellschaft? Durch die Diskussion führte Martin Szelgrad, Report Verlag. Partner des Podiumsgesprächs war Fabasoft.
Helmut Fallmann, Gründer und Mitglied des Vorstandes der Fabasoft AG, strich in seinem Eingangsstatement zur Standortfrage Österreichs die europäische Ebene hervor. Er sieht großes wirtschaftliches Potenzial bei der Verwirklichung eines gemeinsamen digitalen Binnenmarktes. Eine EU-Strategie dazu wurde Anfang Mai von den Kommissaren Andrus Ansip und Günther Oettinger vorgestellt. „Die europäischen Staaten sind in Aufbruchstimmung. Die Jahre der Krise und des Jammerns sollten überwunden sein“, beobachtet Fallmann. „Wir haben mit über einer halben Milliarde Konsumenten den wirtschaftlich größten Markt der Welt. Dieser kann seine Strahlkraft aber nur entfalten, wenn Handelsbarrieren auch im digitalen Wirtschaftsraum beseitigt werden und der Markt durch europäische Ethik hinsichtlich Datenschutz und Datensicherheit geprägt wird.“ Der Wirtschaftsstandort Österreich könne „von dieser Entwicklung nur profitieren“, ist Fallmann überzeugt.
Für Willy Kempel, Leiter der Abteilung für Koordination, Binnenmarkt und Wirtschaftsbeziehungen zu den EU-Mitgliedstaaten im Außenministerium, hat Europa in der Digitalisierung seiner Wirtschaft klar Aufholbedarf. „Wir haben zwar einzelne Leuchttürme, die erfolgreich am Markt positioniert sind - allerdings nur auf nationaler Ebene.“ Für einen einheitlichen fairen Markt brauche es Verbesserungen auf unterschiedlichen Ebenen: gleiche allgemeine Geschäftsbedingungen im Handel, Maßnahmen gegen Geo-Blocking, ein gemeinsames Urheberrecht sowie eine einheitliche Regulierung von Telekommunikationsfrequenzbereichen. „Das Wirtschaftswachstum im digitalen Bereich ist in den USA mehr als doppelt so groß als in der europäischen Union“, ortet Kempel einen Riesenunterschied bei den beiden Wirtschaftsregionen.
Als allgemeine Stärkung von Wirtschaftsprozessen in Österreich sieht Roland Ledinger, Leiter IKT-Strategie des Bundes, die Schritte in Richtung „One-Stop-Shop“ oder gar „No-Stop-Shop“ bei Services der Verwaltung. Die Verknüpfung von bestehenden Datenpools und Services zu einer automatisch erstellten Arbeitnehmerveranlagung oder dem antragslosen Bezug der Familienbeihilfe seien Meilensteine einer schlanken, effizienten Verwaltung. Ledinger weist auf die jahrelange Aufbauarbeit von E-Government-Services für die Wirtschaft hin - Österreich befinde sich im europäischen Vergleich hier an der Spitze. „Grundlage für die sichere Nutzung von digitalen Prozessen ist die Identifikation über die elektronische Signatur. In Österreich gibt es bereits weit mehr als eine halbe Million Nutzer der Handysignatur“, spricht er von einem erfolgreichen Trend. „Auch Unternehmen im Carsharing, Immobiliennetzwerke, bei der Dokumentenzustellung und Banken beginnen die Handysignatur einzusetzen. Diese Synergien mit der Wirtschaft sind uns wichtig.“
Hannes Leo, Geschäftsführer der Innovationsschmiede cbased, meint: „In der IT ebenso wie beim Thema Innovation reden wir seit zehn Jahren, dass Österreich eine Führungsrolle einnehmen soll. Trotzdem befinden wir uns immer noch bei den ‚Innovation Followers’. Ein Problem ist, dass wir an Förderstrukturen festhalten, die schon lange unverändert sind. Wir sind damit sehr weit gekommen, stecken jetzt aber darin fest.“ Der Staat müsse wieder „ambitionierter agieren und auch Geld in die Hand nehmen, um konkrete Ziele zu verfolgen“, so Leo. „Wir brauchen fruchtbare Ökosysteme für Startups, müssen in der Wissenschaft deutlich effizienter agieren und unser Bildungssystem auf diese Herausforderungen ausrichten.“
Die Infrastrukturkomponente diskutierte Sascha Zabransky, Group Director Service Network & IT Telekom Austria Group, mit dem Podium und dem Publikum. „Die Breitbandversorgung in ruralen Gebieten stellt eine große Herausforderung dar. Knapp 40 % aller Haushalts- und Geschäftsadressen sind in weniger dicht besiedelten Regionen zu finden. Ein kostendeckender Ausbau des Fest- und Glasfasernetzes mit den nötigen Grabungsarbeiten ist oft nur über Förderungen möglich, wie etwa durch die Breitbandmilliarde, die gerade in mehreren Schritten ausgeschrieben wird.“ Trotzdem werde es stets entlegene Gebiete geben, die nicht mit kabelgebundenen Breitband erschlossen werden können. „Hier setzen wir LTE und zunehmend auch Breitbandanbindungen über Satellit ein. Wir haben uns das Ziel gesetzt, bis Ende des Jahres über 1,6 Mio. Haushalte mit bis zu 30 Mbit zu versorgen. Wir sehen klar, dass Breitband lebenswichtig für den Wirtschaftsstandort Österreich ist“, so Zabransky.
Fotos und Video zur Veranstaltung gibt es unter https://www.flickr.com/photos/award2008/sets/72157654700460726/ sowie unter https://www.youtube.com/watch?v=DFOKC6lYtiA
Den vollständigen Nachbericht lesen Sie in der Juni-Ausgabe des Wirtschaftsmagazins Report (+) Plus.