Erfolgreiche Unternehmen sind innovativ, flexibel, schnell, verlässlich und effizient. An den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern führt dabei kein Weg vorbei, waren sich die Experten beim 20. Quality Austria-Forum einig.
Rund 700 Geschäftsführer und Qualitätsexperten den großen Saal des Salzburg Congress. Der Einladung zum Branchentreffen waren diesmal auch einige Gäste aus Polen, Deutschland, der Schweiz und Südtirol gefolgt. Das Thema »Intelligente Unternehmen« brachte Konrad Scheiber, CEO der Quality Austria Trainings-, Zertifizierungs- und Begutachtungs GmbH, in seinem Eröffnungsreferat gleich mit einer provokanten Frage auf den Punkt: »Sind Audits und Assessments Intelligenztests für Unternehmen?« Qualität zeige sich auch und vor allem in einer zukunftsfähigen Unternehmenskultur, die individuelle Leistung, Kreativität und Begeisterung der Mitarbeiter fördert und sich so wiederum entscheidend auf die Kundenzufriedenheit auswirkt. Um im Wettbewerb bestehen zu können, müsse die »emotionale Intelligenz« genutzt werden, so Scheiber: »Der Faktor Mitarbeiterzufriedenheit kann die Innovationskraft von Unternehmen stark beeinflussen.« Wie der Gallup Engagement Index zeigt, ist der Anteil der Mitarbeiter ohne emotionale Bindung zum Unternehmen seit 2001 von 15 auf 24 % (2012) gestiegen.
Talent und harte Arbeit
Mit der in Österreich sehr oft gehörten, schon fast resignativen Prämisse »Talent hat man – oder eben nicht« räumte Markus Hengstschläger, Professor für Genetik an der Medizinischen Universität Wien, in seiner Keynote auf. Aus genetischer Sicht unterscheiden sich die Erbanlagen zweier beliebiger Menschen nur um 0,1 %. Das »individuelle Rüstzeug« sei aber wertlos, wenn es nicht gefördert und trainiert werde, so Hengstschläger: »Gene sind Bleistift und Papier, aber jeder Mensch schreibt seine Geschichte selbst.«
Für Unternehmen bedeute das, die individuellen Stärken der Mitarbeiter zu erkennen und sie zu harter Arbeit anzuspornen – nur so könnten neue, kreative Ideen entstehen. Statt besondere Talente zu fördern, neige man aber in Österreich dazu, Schwächen auszugleichen und sich schließlich in der Masse zu verlieren. Eine fatale Entwicklung, wie Hengstschläger bezugnehmend auf seinen Bestseller »Die Durchschnittsfalle« analysierte: »In Österreich meinen viele, es sei klüger, mit der Mehrheit zu irren, als allein abseits der Mitte zu stehen.« Tatsächlich sei aber das Gegenteil das erfolgreichere Modell. Je vielfältiger ein Unternehmen aufgestellt sei, desto innovativer könne es auch agieren: »Niemand baut ein Haus allein, aber 100 Elektriker bauen auch keines.«
In Bewegung bleiben
Der Wandel als Herausforderung beschäftigte auch den anschließenden Expertentalk. Die Zukunft könne man nicht vorhersehen, erklärte Helene Karmasin, Geschäftsführerin der Karmasin Motivforschung, aber mit großer Sensibilität frühzeitig Trends wahrnehmen: »Intelligente Unternehmen wissen, was Kunden wirklich wollen oder sich in Zukunft wünschen.« Der stärkste Trend sei derzeit der Wunsch nach Individualität, so Karmasin: »Kunden möchten das Gefühl haben, das Produkt sei eigens für sie gemacht. Aber: Es darf nicht zu viel kosten.« Wie wichtig stetige Veränderung selbst in einer scheinbar krisenresistenten Branche ist, erklärte Klaus Schirmer, Leiter der team santé obere apotheke. Neben wachsender Konkurrenz durch Amazon und Google hatte das kleine Dienstleistungsunternehmen mitten in der Umbruchphase auch noch mit personeller Fluktuation zu kämpfen, erzählte Schirmer sehr offen von einer »existenziellen Krise«: »Einige Mitarbeiter begrüßten das neue Konzept, manche wollten diesen Weg nicht mitgehen. Ich hatte wirklich Angst, keine geeigneten Leute zu finden.« Gerade in dieser angespannten Situation entwickelte sich in der verbliebenen Belegschaft aber eine fruchtbare Eigendynamik. »Lehrlinge zeigten plötzlich Talente und Führungspotenzial, das hätte ich nie für möglich gehalten«, so Schirmer. Inzwischen hat sich die Apotheke am Villacher Hauptplatz einen guten Namen erarbeitet – Ausruhen ist dennoch nicht angesagt: »Ein Technologiesprung ist dringend notwendig. Wir müssen uns jetzt überlegen, mit welchen Produkten und Dienstleistungen wir in fünf Jahren Geld verdienen können.«
Den größten Feind von Veränderungsprozessen ortete Herbert Pfeilstecher, Vorstandsvorsitzender der Sattler AG, in den Unternehmen selbst. Wichtig sei eine neue Perspektive: »Man muss Sehnsucht nach dem Meer wecken, wenn man ein Schiff bauen will.« Das Familienunternehmen mit mehr als 135-jähriger Geschichte setzt bevorzugt auf Mitarbeitern aus anderen Länder, so
Pfeilstecher: »Wir wollen nicht im eigenen Saft schmoren, sondern ein Umfeld schaffen, aus dem Innovationen entstehen können.« Es müsse möglich sein, Neues auszuprobieren und Fehler zu machen, um daraus lernen zu können. Durch mutige Schritte zählt die Sattler Gruppe heute zur Spitze europäischer Hersteller von technischen Textilien und ist weltweit führender Anbieter von Sonnenschutzgeweben. An vier Standorten werden jährlich über 20 Millionen Quadratmeter Gewebe für den Weltmarkt erzeugt. Im Vergleich mit der Produktionsstätte in den USA zeige sich aber ein wesentlicher Kulturunterschied zu Österreich, meint Pfeilstecher: »Jeder Amerikaner sieht positiv in die Zukunft.«
Der »Mondi-Weg«
Den Nachmittag leitete Clemens Euler-Rolle, Head of Operational Excellence für Europe & International Mondi, mit einer Keynote ein, in der er interessante Einblicke in sein Erfolgsmodell gab. In Form einer Pyramide, aufbauend auf den Kernwerten und der Unternehmenskultur, symbolisiert der »Mondi-Weg« einen integrierten strategischen Fahrplan für das tägliche Handeln
zur Erreichung des höchsten Ziels – das da lautet »Lösungen schaffen, die den Kunden nachhaltig zu außerordentlichem Erfolg verhelfen«. Was 1967 mit einer Papierfabrik in Südafrika begann, wuchs zu einem international tätigen Verpackungs- und Papierunternehmen heran. Die Mondi-Gruppe betreibt in 30 Ländern Produktionsstätten und beschäftigt 25.700 Mitarbeiter.
Die integrierte Wertschöpfungskette in Kombination mit exzellenter Unternehmensführung in den Bereichen Führung, Prozess und System ermöglichte auch in puncto Nachhaltigkeit herausragende Ergebnisse. »Wir konnten die CO2-Emissionen seit 2004 um 25 % reduzieren, verzeichneten 20 % Materialeinsparungen und eine Steigerung der Arbeitssicherheit um 14 % gegenüber 2011«, zeigte sich Euler-Rolle bestätigt: »Was man dabei aber nicht vergessen darf: Möglich machen diese Erfolge erst unsere Mitarbeiter.« Die ambitionierten Ziele wären durch strenge Messsysteme aber nicht erreichbar: »Ich halte nichts davon, hinter jedem Mitarbeiter mit einer Stoppuhr zu stehen – der arbeitet nur nach Vor-schrift. Wenn Sie ihn für die gemeinsamen Vorhaben gewinnen, sehen Sie erst seine Potenziale.«
Komplexe Systeme im Wandel
Eine ersten Überblick über die zu erwartenden Änderungen bei den Systemnormen gaben danach die Experten der Quality Austria, die in den Überarbeitungsprozess maßgeblich eingebunden sind. Die seit über 25 Jahren existierende Managementnorm ISO 9001, nach der weltweit mehr als 1,1 Millionen Organisationen zertifiziert sind, soll bekanntlich einer tiefgreifenden Revision unterzogen werden. Parallel dazu entwickelten sich unzählige Branchenstandards, um den spezifischen Anforderungen gerecht zu werden. Ziel ist nun eine Harmonisierung und die Integration aller Anforderungen in einem Managementsystem. »Das neue Konzept soll mehr Flexibilität ermöglichen. Qualitätsmanagement soll nicht Bürokratie erzeugen. Die Dokumentation von Informationen und Prozessen muss immer einen Zweck erfüllen, darf nicht nur für die Ablage erstellt werden«, berichtete Anni Koubek, Prokuristin der Quality Austria und verantwortlich für die Bereiche Innovation und Koordination.
Der Zeitplan für die Verhandlungen erstreckt sich bis 2015. Noch heuer, spätestens Anfang Mai, soll jedoch bereits der erste Normentwurf vorliegen. Derzeit werden bereits 1.500 Kommentare von Experten bearbeitet, die in die endgültige Fassung einfließen sollen. Für September 2015 ist die Veröffentlichung der neuen Mindeststandards geplant.
Auch die Umweltmanagementnorm ISO 14001, von knapp 300.000 Organisationen genutzt, gewinnt international immer mehr an Bedeutung, indem sie Organisationen dabei unterstützt, Umweltbelastungen zu vermeiden. Die Energiemanagementnorm ISO 50001 trägt zur Verbesserung der Energieeffizienz bei. »Der erste herausfordernde Schritt ist die Erstellung einer Energiebilanz für das Unternehmen«, erklärte Wolfgang Hackenauer, Umweltmanagementexperte der Quality Austria.
Die Harmonisierung der Systemnormen geht auch an der britischen Norm OHSAS 18001 nicht vorüber – die steigende Relevanz von Arbeitssicherheit im globalen Kontext erfordert eine Überführung in den internationalen Standard ISO 45001. Weltweit passieren pro Jahr 270 Millionen Arbeitsunfälle, allein in der EU werden die damit verbundenen Kosten auf mehr als 145 Milliarden Euro geschätzt. In Österreich zählte man 2012 über 112.000 Arbeitsunfälle, also rund 300 pro Tag. Die Kosten von mehr als vier Milliarden Euro seien angesichts der 171 Unfälle mit tödlichem Ausgang zu relativieren, so Eckehard Bauer, Sicherheits- und Risikomanagementexperte der Quality Austria: »Hier geht es um Menschenleben, nicht um Zahlen.« Verbunden mit Arbeitsunfällen sei letztlich immer auch ein Image- und Reputationsverlust in der Öffentlichkeit. »Ein Managementsystem bekommt man nicht gratis«, resümierte Bauer, »aus einem Euro Präventionskosten resultieren aber mindestens 2,20 bis 2,50 Euro an Nutzen – vorausgesetzt Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz werden ebenso zielorientiert und systematisch gemanagt wie Qualität.«
In diesem Sinn startete schließlich noch Franz-Peter Walder, Member of the Board der Quality Austria, einen Last-Minute-Aufruf für den Staatspreis Unternehmensqualität. Aufgrund des vereinfachten Procederes ist eine Anmeldung noch bis 15. April möglich und schon allein die Teilnahme ein Gewinn, so Walder: »Dieser Staatspreis bietet die einzigartige Möglichkeit, sich über Benchmarks mit den Besten zu messen und wirklich in der obersten Liga mitzuspielen. Nutzen Sie diese Chance!«