Was Österreich bewegt(e).
Korrupte Republik
Nein, Österreich ist keineswegs das einzige Land, in dem Politiker gern das Handerl aufhalten. Aber die Unverfrorenheit, mit der es geschieht, verblüfft dann doch. Eurofighter, Telekom, Buwog, Blaulichtfunk, Glücksspielgesetz, Inseratenaffäre, Staatsbürgerschaft als »part of the game« – die Liste der zwielichtigen »Geschäfte« ist endlos. Das Geld floss in Parteien, Briefkästen und Stiftungen in Steuerparadiesen. Getarnt wurden die Gefälligkeiten als Honorare für Beratung oder Expertise und sind gerade deshalb schwer zu beweisen. Das anmaßende Auftreten von Strasser, Mensdorff-Pouilly, Martinz, Scheuch & Co vor Gericht zeigte aber deutlich, wie sehr sich die Protagonisten noch immer in Sicherheit wiegen.
Salzburger Roulette
Noch ist nicht ganz klar, ob ein Schaden für das Land Salzburg entstanden ist und wie hoch dieser sein könnte. Ein erster Prüfbericht fand statt eines vermuteten Fehlbetrags von 340 Millionen Euro überraschend ein rechnerisches Plus von 74 Millionen Euro. Eine Schuldige für die Spekulationsgeschäfte hatte die Landesregierung schon zuvor rasch gefunden: Die Beamtin Monika R. habe eigenmächtig in Überschreitung ihrer Kompetenzen hochriskante Derivatgeschäfte abgewickelt, ohne ihre Vorgesetzten zu informieren. Neben dem offiziellen Finanzdepot des Landes existierte ein »Schattenportfolio«, das ein Volumen von fast 6,9 Milliarden Euro umfasst haben soll. Weder SPÖ, noch ÖVP wollen davon gewusst haben. Das kann so nicht stimmen, Köpferollen ist angesagt.
Olympisches Debakel
Ernüchternd fiel die Bilanz der 70 österreichischen SportlerInnen aus, die an den Olympischen Sommerspielen in London teilnahmen. Erstmals seit 1964 gewann Österreich keine einzige Medaille. Sportminister Darabos entfachte mit einer Wortspende über »Olympia-Touristen« eine Grundsatzdiskussion über Trainingsbedingungen und Sportförderung. In der Hitze des Gefechts ging das hervorragende Abschneiden des österreichischen Teams bei den nachfolgenden Paralympics beinahe unter. Mit 13 Medaillen, darunter vier in Gold, waren die Olympioniken mit Handikap höchst erfolgreich.
Jedem seine Partei
Es war in Österreich vermutlich noch nie so einfach wie heute, mit einer neu gegründeten Partei auf Anhieb Erfolge zu feiern. Die Unzufriedenheit mit den etablierten Kräften ist so groß, dass selbst skurrile Fernsehauftritte des Spitzenkandidaten keinen Rückschlag bedeuten. Seit der Gründung im September 2012 liegt das Team Stronach in Umfragen ziemlich konstant bei 10 Prozent. Dass sich die vermeintlichen Großparteien im Umgang mit Protestwählersammelbecken schwer tun, hat schon der Aufstieg der FPÖ gezeigt. Jetzt wird eben das Team Stronach belächelt und ignoriert. Die Rechnung wird im Herbst serviert.
Maulkorb
Moody‘s, Fitch und Standard & Poors haften künftig für falsche Bewertungen. Ab dem Frühjahr 2013 legt die EU Ratingagenturen an die Kette. Die gefürchteten Bonitätsbewertungen dürfen nur noch an drei festgelegten Terminen im Jahr stattfinden, die Veröffentlichung muss außerhalb der europäischen Börsenzeiten erfolgen. Zudem müssen die Kriterien für die Beurteilung offengelegt werden. Anleger können bei Gericht Schadenersatz für Verluste aufgrund fahrlässiger Fehlurteile einklagen. In der Vergangenheit hatten drastische Herabstufungen der mächtigen US-Agenturen die Finanzkrise in Griechenland und Portugal maßgeblich verschärft. Pläne für eine europäische Ratingagentur wurden vorläufig auf Eis gelegt.
Krisen-Feuerwehr
Die Eurokrise artete bereits zu einem Flächenbrand aus, da zog die EU noch selbst die Notbremse. Nach langem Ringen einigten sich die Euroländer auf die Einrichtung des Rettungsfonds ESM (»Europäischer Stabilitätsmechanismus«), der Krisenstaaten künftig vor einem Kollaps durch unbezahlbar hohe Anleihezinsen schützen soll. Der Fonds – seit Jänner 2013 in Kraft – ist vorerst mit Stammkapital in Höhe von 80 Milliarden Euro ausgestattet und kann Haftungen im Ausmaß von 700 Milliarden Euro übernehmen. Österreich steuert knapp 20 Milliarden Euro bei, davon 2,23 Milliarden in Cash. Gleichzeitig beschloss die EU den ebenfalls heftig umstrittenen Fiskalpakt, der ein jährliches strukturelles Defizit von maximal 0,5 % des BIP vorsieht. Bei Nichteinhaltung des Limits drohen Sanktionen. Großbritannien und Tschechien haben ihre Zustimmung verweigert.
Streichposten Infrastruktur
Wenn das Primat der Budgetkonsolidierung herrscht und der Rotstift wütet, dann weiß man meist schon im Voraus, wen es treffen wird. Infrastrukturinvestitionen zählen zu den beliebtesten Streichposten. Ein paar Milliarden bei der Asfinag, ein paar Milliarden bei den ÖBB, schon schläft es sich besser als Regierungsmitglied. Dabei zeigt eine aktuelle Studie der Industriellenvereinigung, wie wichtig Infrastrukturinvestitionen für die Wirtschaftsentwicklung sind. Alleine die Bauinvestitionen der ÖBB schaffen pro Jahr 24.000 Vollzeitarbeitsplätze. Ohne Investitionen in die Bahn hätte Österreich im Jahr 2012 ein Nullwachstum hinnehmen müssen.