Montag, Dezember 23, 2024

Persönlichkeiten, die 2012 Österreich beweg(t)en.

Frank Stronach

So eine Geschichte schreibt nur das Leben: ein steirischer Werkzeugmacher, der in die Ferne zog, beinahe scheiterte und schließlich in Kanada ein Vermögen verdiente. Nur das Ende ist weniger rühmlich: Seit Frank Stronach in die Heimat zurückkehrte, zeigt er seine Verbundenheit durch ebenso fragwürdige wie erfolglose Investments in Bauprojekte, Pferdesport und Fußballklubs. Neuerdings macht der ehemalige Magna-Boss Politik. Um rasch Klubstatus zu erlangen, rekrutierte er sein Team aus Hinterbänklern anderer Parteien. Ob dabei Geld als Lockmittel diente, blieb ungeklärt. Zwei Millionen Euro investierte Stronach bereits in sein neues Projekt, weitere könnten folgen. Immerhin müsse er sich ja »die Medien kaufen«, wie Stronach einem italienischen TV-Sender freimütig bekannte. In skurrilen »ZiB 2«-Auftritten ließ der autoritäre 80-Jährige durchblitzen, dass er von Demokratie, klaren Aussagen und Medienfreiheit wenig hält. Seine Fans scheinen die inhaltsleeren Sprechblasen in drolligem Deutsch nicht zu stören: In Umfragen liegt das Team Stronach konstant bei 10 %, Tendenz steigend. Dem ungeduldigen Parteigründer geht das alles trotzdem zu langsam. Er will die Nummer eins werden – was sonst? Sollte das nicht klappen, sucht er sich eben ein neues Hobby.

René Benko

 

 

 

 

 

 

Gerade als ihn Neider und Skeptiker bereits vor dem Absturz sahen, landete René Benko einen Überraschungscoup. Zunächst konnte im Herbst eine Anleihe von 150 Millionen Euro nicht einmal zur Hälfte platziert werden, die Signa-Gruppe musste sie großteils selbst zeichnen. Im November wurde der Immobilieninvestor wegen »verbotener Intervention« in einer Steuerangelegenheit in erster Instanz zu zwölf Monaten bedingter Haft verurteilt. Kurz vor Weihnachten erhielt Benko den Zuschlag für das Berliner Kaufhaus KaDeWe und 16 weitere Kaufhäuser. Damit bewies der erst 35-jährige Tiroler, der zum Jahreswechsel 2011/12 noch vergeblich um die deutsche Kaufhof-Kette geboten hatte, abermals einen guten Riecher für lukrative Einkaufs­tempel. Auch die Wiener Luxusmeile rund um die Tuchlauben, »Goldenes Quartier« genannt, füllt sich nach Anlaufschwierigkeiten langsam mit prominenten Labels. Seit 2008 hat der ehemalige Schulabbrecher sein Portfolio mehr als verdoppelt und will weiter auf Shoppingtour gehen – allen Gerüchten um finanzielle Troubles zum Trotz.

Monisha Kaltenborn

 

 

 

 

 


Dass sie jemand für die Übersetzerin hält, dürfte nun nicht mehr passieren: Seit Oktober ist Monisha Kaltenborn erste Teamchefin in der Formel 1. Die Österreicherin mit indischen Wurzeln übernahm von Peter Sauber den gleichnamigen Rennstall, wo sie bereits seit 2000 tätig ist. Seit 2010 ist Kaltenborn Vorsitzende der Geschäftsführung, seit 2011 hält sie ein Drittel der Firmenanteile. Die Juristin, die mit ihrem Mann und zwei Kindern in der Schweiz lebt, nimmt ihre Sonderstellung in der Männerdomäne locker: »Manchmal kann es ein echter Vorteil sein, unterschätzt zu werden.« Die sportlichen Ziele steckt sie umso höher – mehr als der sechste Platz in der Konstrukteurswertung wie in der abgelaufenen Saison sollte drin sein.

Michael Haneke/Christoph Waltz

 

 

 

 

 


Österreich, eine Filmnation? Waren internationale Auszeichnungen früher nur seltene Ausnahmen, zählen österreichische Filmschaffende bei großen Festivals inzwischen schon fast zu den Stammgästen. Nach den Erfolgen bei der Golden-Globe-Verleihung, die Regisseur Michael Haneke und Schauspieler Christoph Waltz die begehrten Trophäen brachte, scheinen heuer sogar mehrere Oscars in Reichweite. Waltz ist mit seiner Rolle in Tarantinos Wes­tern »Django Unchained« Anwärter für die Auszeichnung als bester Nebendarsteller, Hanekes Film »Amour« geht mit fünf Nominierungen sogar als einer der Favoriten ins Rennen. Dass die preisgekrönten Filme wegen der mickrigen österreichischen Filmförderung großteils im Ausland produziert werden, geht in der allgemeinen Euphorie unter.

David Alaba

 

 

 

 

 

 

Wenn Österreich das Ticket für die Fußball-WM abermals verpasst, ist es mit Sicherheit nicht seine Schuld: David Alaba zählt zum Besten, das die rot-weiß-rote Nation seit langem zu bieten hat. Der erst 20-Jährige dirigiert selbstbewusst die Verteidigung des FC Bayern München, wo er seit 2008 unter Vertrag steht. Im April 2012 bewies Alaba im Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid im ausverkauften Bernabéu-Stadion Nervenstärke, als er im Elfmeterschießen als Ers­ter antrat und – im Gegensatz zu Stars wie Lahm und Ronaldo – eiskalt verwertete. Auch eine zwölfwöchige Verletzungspause konnte das bescheiden gebliebene Ausnahmetalent nicht entmutigen. Im Dezember wurde Alaba zum zweiten Mal in Folge zu Österreichs Fußballer des Jahres gewählt. Nun kennt ihn auch der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter, der den nigerianisch-philippinischen Wiener weltgewandt mit »How do you do?« begrüßt hatte.

Gerhard Zeiler

 

 

 

 

 


Nur kurz hatte er über eine zweite Amtszeit als ORF-Generalsekretär nachgedacht. Doch statt Wien wurde es London. Seit Mai 2012 managt Gerhard Zeiler das Auslandsgeschäft der Time-Warner-Tochter Turner Broadcasting System (TBS). Mit rund zwei Milliarden Dollar werkt der ehemalige RTL-Boss zwar nun in kleineren Dimensionen, der Job bietet jedoch interessante Perspektiven. TBS betreibt mehr als 130 Kanäle in 200 Ländern. Zeiler soll den Markt in Lateinamerika, Asien und Europa aufbauen. Zunächst sind jedoch Einsparungen angesagt: 250 Mitarbeiter – rund 30 % der Belegschaft – müssen gehen.

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