Der Mann des Monats: Franz Struzl.
Eigentlich könnte der frühere Voestalpine-Chef Franz Struzl weiter unbehelligt seiner Leidenschaft Bergsteigen frönen. Nun kehrt der 69-Jährige aus dem Ruhestand zurück, um den Vorstandsvorsitz beim Feuerfestkonzern RHI zu übernehmen. Der promovierte Betriebswirt gilt als erfahrener Manager alter Schule – ein Ereignis trübt jedoch seine Karriere: 2003 stolperte er nach 36 Jahren bei der Voest, davon zwei Jahre als Generaldirektor, über eine Insideraffäre. Struzl hatte 3.000 Aktien des Schienenherstellers VAE erworben, als bereits feststand, dass die Voestalpine das Unternehmen zur Gänze übernehmen würde. Trotz einer Zahlung von 50.000 Euro im Rahmen des außergerichtlichen Tatausgleichs und einer Spende von 250.000 Euro an karitative Einrichtungen wurde Struzl in Österreich zur persona non grata. Er verließ seine Familie in der Steiermark und gründete eine neue in Brasilien, wo er in sieben Jahren ein Werk der Böhler-Uddeholm AG zum Vorzeigebetrieb herausputzte.
Diese Erfahrungen sollen wohl beim Aufbau eines brasilianischen RHI-Werks nützlich sein, auch das Russlandgeschäft soll angekurbelt werden – warum Struzl diesen Feuerstuhl noch einnimmt, bleibt allerdings ein Rätsel. Mit Henning E. Jensen warf nun schon der dritte RHI-Manager innerhalb von drei Jahren das Handtuch. Die Querelen mit Hauptaktionär Martin Schlaff und den von ihm installierten Aufsichtsräten hatten vor ihm schon Thomas Fahnemann und Andreas Meier zermürbt. Ob sich ein hartgesottener Veteran wie Franz Struzl von Querschüssen beeindrucken lässt, ist unwahrscheinlich. Angesichts seines Alters und der bereits geäußerten Absichten, sich in absehbarer Zeit aus dem Geschäft zurückzuziehen, rechnet Kleinanleger-Vertreter Wilhelm Rasinger jedoch nur mit einer zeitlich befristeten Übergangslösung. Struzls Vertrag läuft drei Jahre. Die Aktionäre goutierten den neuerlichen Wechsel an der RHI-Spitze nicht, der Titel stürzte entgegen dem ATX-Trend ab.