Was wird 2021 für Ihre Branche bringen?
Welche Trends sehen Sie auf uns zukommen?
»Brauchen neue Rahmenbedingungen für das Energiesystem«
Brigitte Ederer, Sprecherin des Forums Versorgungssicherheit
»In der Öffentlichkeit reden alle von Corona, doch die Energiebranche wird viel stärker von einer ganz anderen, längerfristigen Entwicklung geprägt: dem Kampf gegen den Klimawandel. Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, das hoffentlich in den nächsten Monaten verabschiedet wird, schafft die Voraussetzungen für den klimaneutralen Umbau des Bereichs Strom – von der Erzeugung über die Verteilernetze bis zu den Konsumenten. Darüber hinaus sind aber neue Rahmenbedingungen für das ganze Energiesystem nötig, wir brauchen zügig auch ein Wärmegesetz, das die Weichen für den künftigen Umgang mit Gas und die Wärmeerzeugung stellt.
Sobald die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen sind, erwarte ich, dass die Wirtschaft sehr rasch auf die neuen Möglichkeiten reagiert. Ich erwarte, dass bald Energiegemeinschaften entstehen, dass Photovoltaik auch im Wohnbau rasant zunimmt, dass die E-Mobilität zügig ausgebaut wird. Im Bereich der klimafreundlichen Energieversorgung werden viele Arbeitsplätze neu entstehen, davon bin ich überzeugt.«
»Mit neuer Vertriebsstrategie Marktposition ausbauen«
Peter Giffinger, CEO für Saint-Gobain in Österreich
»Ein herausforderndes Jahr liegt hinter uns. Die Pandemie hat das Thema Digitalisierung stark beschleunigt. Bei uns z.B. im Bereich des Order Managements, den wir 2020 um eine Echtzeittracking-Plattform ergänzt haben. Im Kundenaustausch haben wir voll auf Webinare gesetzt – ein Trend, der sich 2021 definitiv fortsetzen wird. Ab 2021 setzen wir auf eine neue Vertriebsstrategie, die sich bereits bei Fertighaus-Kunden, im Bereich der Bauchemie in Westösterreich und beim Maler-Fachhandel bewährt hat.
Damit wollen wir die führende Position der drei starken Saint-Gobain Marken Isover, Rigips und Weber unter einem Dach am österreichischen Markt weiter ausbauen. Einen hohen Stellenwert hat weiterhin das Thema Nachhaltigkeit. Daher produzieren wir in Österreich z.B. mit 100 % Ökostrom, wodurch unsere CO2-Emissionen um fast ein Drittel reduziert werden – eine Maßnahme von vielen, um unser Ziel ›Net Zero Carbon Emissions‹ bis 2050 zu erreichen.«
»Unternehmen stellen sich zukünftigen Herausforderungen«
Martin Berger, Geschäftsführer EPLAN Software & Service GmbH Österreich
»Das Jahr 2021 wird nach wie vor im Einfluss der Corona-Pandemie stehen. Aber wie man bereits 2020 gesehen hat, wollen viele Unternehmen die Zeit nutzen, um sich für die zukünftigen Herausforderungen aufzustellen. Das heißt konkret, dass die Unternehmen sich mehr Gedanken über die Optimierung ihrer Engineering-Prozesse machen und Datenredundanzen sowie Mehraufwände vermeiden wollen.
Das ist auch der Grund, dass EPLAN bereits im Jahr 2020 viele Unternehmen als Neukunden gewinnen konnte, da die Durchgängigkeit der EPLAN-Plattform sowie die Integrationsmöglichkeiten in die bestehende Wertschöpfungskette optimal abgedeckt werden kann. Das Thema Automatisierung der Workflows wird im Jahr 2021 eine wesentlich größere Rolle spielen als bisher, denn es gilt, die internen Ressourcen optimal zu nützen. EPLAN bietet hier mit seinen Tools für ein automatisiertes Engineering die optimalen Voraussetzungen. Es geht darum, die Digitalisierung voranzutreiben.«
»Lieferketten müssen aufrecht bleiben«
Wolfgang Hesoun, CEO Siemens Österreich
» Österreich und Europa durchlaufen gerade eine wirtschaftlich harte Prüfung, die durch die Corona-Pandemie ausgelöst wurde. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass mit einem Impfstoff die für Unternehmen so wichtige Planbarkeit nun wieder zurückkehren wird. Je nach Branche wird es unterschiedliche und länger andauernde Erholungsphasen geben. Zu hoffen bleibt jedoch auch, dass es uns gelingt, die Lieferketten aufrechtzuerhalten. Die Pandemie zeigt, wie wichtig der Einsatz moderner Technologien, insbesondere die Digitalisierung der Produktionsprozesse für den Wirtschaftsstandort Österreich ist.
Dieser Trend wird sich weiter fortsetzen. Auch gehe ich davon aus, dass uns der Kampf gegen den Klimawandel weiter beschäftigen wird – auf lange Sicht sicherlich intensiver, als es Corona jemals getan hat. Wir arbeiten daher einerseits dran, unseren eigenen CO2-Ausstoß zu reduzieren, andererseits unterstützen wir unsere Kunden, mit intelligenten Infrastrukturlösungen Energieeffizienzsteigerungen zu erzielen.«
»Unternehmen müssen sich schlanker aufstellen«
Bernd Bugelnig, Vorstandsvorsitzender Capgemini Österreich
»Aus heutiger Sicht sehe ich das kommende Jahr durchaus positiv. Trotz oder vielleicht sogar wegen der Krise werden die Budgets für Beratung und IT-Services mehrheitlich steigen: Die Unternehmen haben erkannt, dass sie sich schlanker aufstellen und die Digitalisierung vorantreiben müssen. Ich gehe davon aus, dass es im Jahr 2021 zum weiteren Ausbau von kontaktlosen Services und des Online-Vertriebs kommen und dass die Informationsauswertung und -nutzung weiter an Bedeutung gewinnen wird. Themen wie Verstärkung des Kundenfokus (Customer First), Steigerung der Agilität (Cloud und DevOps) und Verbesserung der internen Zusammenarbeit (Collaboration) werden dominieren.«
»Cyberkriminalität professionalisiert sich weiter«
Mario Zimmermann, Country Manager Veeam Software
»In 2021 wird die Fernarbeit weiterhin eine zentrale Rolle spielen, so dass die Cloud-Einbindung und die Nutzung von Kollaborationsplattformen weiter vorangetrieben werden. Umso wichtiger ist es daher, dass Unternehmen Cybersecurity als Top-Priorität behandeln. Denn die Cyberkriminalität hat den digitalen Wandel 2020 verfolgt und sich weiter professionalisiert. Das Ausnutzen von IT-Schwachstellen in Kombination mit Datenexfiltration bildet mittlerweile das Rückgrat jeder Attacke. Die Implementierung von adäquater Technologie und eine ›Human Firewall‹ sind hier die größten Trümpfe in einer Abwehrstrategie. Software-definierte Konzepte in Verbindung mit externen Services stehen hoch im Kurs. Wir rechnen daher heuer mit einer Zunahme bei den Ausgaben für IT-Sicherheit um bis zu zehn Prozent.«
»Durchbruch der Digitalisierung«
Jörg Hartmann, Geschäftsführer Konica Minolta Business Solutions
» Das Jahr 2020 hat die Arbeitswelt radikal verändert und der Digitalisierung zum Durchbruch verholfen. Unternehmen implementierten Ad-hoc Lösungen für Mobile Work oder WFH (Work from Home), um ihren Betrieb aufrechtzuerhalten und auch weiterhin für ihre Kunden da zu sein. 2021 werden diese Lösungen in strategische Ansätze münden, um die Effizienz, Sicherheit und Compliance zu verbessern. Mit Mobile Work einerseits und dem Office als Ort für die kreative Zusammenarbeit andererseits wird das hybride Büro zur neuen Arbeitswelt.
Entscheidend wird hierbei der Cultural Change sein – weg von Kontrolle hin zu Vertrauen. Mitarbeiter werden zudem durch zunehmende Automatisierung von Routineaufgaben entlastet und eine datengestützte Entscheidungsfindung wird zum wesentlichen Erfolgsfaktor. Skalierbare, hybride und cloudbasierte Lösungen werden bestehende Systeme ablösen und das Thema Nachhaltigkeit wird einen Schwerpunkt in der Digitalisierungsstrategie ab 2021 bilden.«
»Thermische Sanierung gewinnt an Bedeutung«
Clemens Demacsek, Geschäftsführer GDI 2050
»Österreichs Bauwirtschaft hat sich bisher als wichtige Konjunkturstütze in der Coronakrise erwiesen. Darf man den Wirtschaftsforschern Glauben schenken, dann wird sich 2021 daran wenig ändern. Bauökonomen sind zudem überzeugt, dass die thermische Sanierung zunehmend an Bedeutung gewinnt. Befeuert wird diese Einschätzung von den Plänen der Regierung, das Wohnungseigentumsgesetz ehest zu novellieren.
Konkret geht es um die Willensbildung bei Beschlussfassungen der Eigentümer, die zukünftig erleichtert werden soll. Damit könnte die jahrzehntelange Blockade von Sanierungsmaßnahmen – und damit des Klimaschutzes – gebrochen werden. In der Novelle zum WEG ist zudem die Einführung einer verbindlichen Mindestrücklage vorgesehen, damit thermische Sanierungen leichter Zustimmung finden, weil das Geld bereits vorhanden ist.«
»Kooperative Vertragsmodelle auch bei öffentlichen Projekten«
Reinhard Kerschner, Unternehmensbereichsleiter Österreich Strabag
»Ungeachtet der unsicheren Entwicklung der Pandemie gehe ich aus heutiger Sicht davon aus, dass die Baubranche aufgrund des bestehenden, funktionierenden Sicherheitskonzepts weiterarbeiten wird können. Im Hochbau läuft es derzeit sogar besser als befürchtet, während wir im Tiefbau besonders die Lage der Gemeinden im Blick haben müssen, da die Kommunalbudgets sehr stark unter Druck sind.
Wir hoffen aber auf die versprochenen Infrastrukturinvestitionen vonseiten der großen öffentlichen Auftraggeber. In diesem Zusammenhang wünschen wir uns, dass der Trend zu kooperativen Vertragsmodellen auch bei der öffentlichen Hand ankommt. Gerade bei komplexen Infrastrukturprojekten macht es Sinn, wenn Bauherr, Planer und Bauunternehmen schon früh gemeinsam am Tisch sitzen. Das verbessert wesentlich die Planungsqualität und damit auch die Budgetsicherheit.«
»Digitalisierung nimmt Fahrt auf«
Paul Haberfellner, Managing Director Nagarro in Österreich
»Wir erwarten bei Nagarro ein intensives, spannendes Jahr. Die Digitalisierung nimmt Fahrt auf und auch in der Arbeitsweise der Organisationen tut sich einiges, sowohl auf Mitarbeiterseite als auch im Management. Wer sich noch nicht mit agilen Organisationsmodellen beschäftigt hat – jetzt wäre ein guter Zeitpunkt! Im IT-Bereich empfehle ich, Ideen und Projekte rasch auf Schiene zu bringen, zumal Software-, Testing- und Innovations-Experten 2021 besonders gut ausgelastet sind.
Alles, was im Vorjahr in Schnellschuss-Aktionen realisiert wurde, muss jetzt auf gesunde Beine gestellt werden, dazu kommt der Nachholbedarf aus vielen Branchen und der laufende Innovationsprozess. Spätestens jetzt sieht der Großteil Digitalisierung in einem anderen Licht. Wer kann, stärkt seine IT und steigt aufs Gaspedal. Ich wünsche allen, dass sie ihren Innovationsweg finden und gute Karten für die Zukunft, auch in Ausnahmesituationen, haben!«
»PV-Leistung muss vervielfacht werden«
Vera Immitzer, Geschäftsführerin PV Austria
»Nach einem sonnigen PV-Jahr 2020 erwarten wir für dieses Jahr einen neuen Zubaurekord. Der ist auch notwendig, wenn die Ziele der österreichischen Bundesregierung ernst gemeint werden. Denn bis 2030 muss die aktuell installierte PV-Leistung versechsfacht werden. Die deutliche Aufstockung der Fördermittel im ersten Halbjahr wird einen ersten spürbaren Ausbau ermöglichen. Vor allem für kleinere Anlagen wurden die Fördergelder aufgestockt und der Zugang für KMUs verbessert, bis das Erneuerbaren Ausbau Gesetz die zweite Ausbauwelle zündet.
Der Trend wird auch deutlich in Richtung innovativer Anwendungen abseits vom Gebäude gehen, wie bspw. auf Parkplätzen, bei Lärmschutzwänden oder in Kombination mit der landwirtschaftlichen Nutzung. Vor allem auch die Möglichkeit des Anlagen-Contractings wird verstärkt angenommen werden, bietet es für Unternehmen eine tolle Möglichkeit, ohne selbstständige Investition dennoch PV-Strom vom eigenen Dach zu nutzen.«
»Konjunkturimpulse durch Forschung und Innovation«
Wolfgang Hribernik, Head of Center for Energy am AIT Austrian Institute of Technology
»Das Jahr 2021 wird uns hoffentlich bald ein Stück weit Normalität zurückbringen. Es bietet sich vor allem die große Chance, durch zielgerichtete Konjunkturimpulse im Bereich Forschung & Innovation die Aktivierung des Arbeitsmarktes und die Standortsicherung Österreichs voranzutreiben. Bei der Umsetzung des Green Deals ist die Dekarbonisierung der Industrie weiterhin die große Herausforderung am Weg zur Klimaneutralität 2040.
Hier bieten sich für österreichische Unternehmen sowohl technologisch als auch anwenderseitig große Potenziale für Innovationsführerschaft und globalen Export. Am AIT Center for Energy bringt das Jahr 2021 auf alle Fälle einen neuen Forschungsschwerpunkt, nämlich die Weiterentwicklung wasserstoffbasierter Technologien und Systeme als Schlüsselelemente im Kontext der Sektorkopplung für das zukünftige Energiesystem.«