Überraschend legt Peter Bosek nach 24 Jahren in der Erste-Bank-Gruppe mit Jahresende alle Funktionen zurück, um die baltische Luminor Bank zu leiten.
Ein Abgang mit Knalleffekt: Nach fast einem Vierteljahrhundert, 13 Jahre davon in Managementpositionen, verlässt Peter Bosek, CEO der Erste Bank Österreich und Retail-Vorstand in der Erste Group, sein Stammhaus. Ausschlaggebend für Boseks Abschied dürfte die letzte Personalrochade an der Spitze der Erste Group sein. Der langjährige Manager – in der Branche als bodenständig, offen und sympathisch geschätzt – hatte sich um die Nachfolge von Andreas Treichl beworben und galt als dessen Kronprinz. Das Rennen machte jedoch Risikomanager Bernhard Spalt, der Anfang 2020 den Chefsessel in Österreichs größter Bank übernahm.
Dass es zwischen den beiden Bankern kriselte, blieb aufmerksamen Beobachtern nicht verborgen. Sogar über die weitere Ausrichtung der Bankengruppe war man unterschiedlicher Ansicht: Bosek befürwortete eine Expansion in westliche Länder, Spalt lehnte dies ab. »Im Leben geht es oft darum, persönliches Wachstum und Zugehörigkeitsgefühl auszubalancieren«, formulierte Bosek verklausuliert in seinem Abschiedsstatement.
Mit dem 52-Jährigen verliert die Erste Bank eine Schlüsselperson. Bosek war die treibende Kraft hinter dem überaus erfolgreichen Online-Banking George, mit dem die Bank ihren digitalen Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern ausbaute. Auch der Aufbau des internen FinTech Erste Hub und die Digitalwerkstatt BeeOne ist ihm zuzurechnen.
Der anvisierte Wechsel könnte jedoch durchaus mehr als eine trotzige Notlösung sein. Die Luminor Bank in Tallinn ist in Österreich vermutlich nicht einmal Finanzexperten allzu geläufig. Als drittgrößte Bank im Baltikum beschäftigte sie bis 2018 rund 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, im Vorjahr musste sie 800 Jobs abbauen. Das Institut gehört zu 60 % dem US-Fonds Blackstone, der sich jedoch aus dem Unternehmen zurückziehen will und einen Börsengang anstrebt.