Unternehmensübergreifende Zusammenarbeit, um Museen fit für das 21. Jahrhundert zu machen.
Unter der Leitung des österreichischen Forschungszentrums VRVis kamen sechs Museen, zwei Technologieunternehmen, zwei Universitäten und ein Kulturvermittler zusammen, um neue Wege für Inklusion in der Kunst und Kulturvermittlung zu finden. Ergebnis sind taktile Reliefe, Apps, Spiele und gebärdensprachige Avatare, die beim Abschlussevent am 7. November 2019 im namhaften Museum Thyssen-Bornemisza in Madrid präsentiert werden.
ARCHES steht für Accessible Ressources for Cultural Heritage EcoSystems, zu Deutsch: Barrierefreie Informationsträger zur Vermittlung kulturellen Erbes, und wurde 2017 als EU-Projekt initiiert (Link). Die vergangenen drei Jahre widmete sich das vom Wiener Forschungsinstitut VRVis koordinierte Horizon 2020-Projekt der Frage, wie man unter Zuhilfenahme von Technologie Kunstwerke für Menschen mit Seh-, Gehör- und kognitiver Beeinträchtigung zugänglicher gestalten kann. Es ist ein Forschungsfeld, mit dem sich das VRVis seit seiner Gründung vor 20 Jahren beschäftigt. "Mit Methoden des Visual Computing können wir Dinge sichtbar machen – das beschränkt sich nicht nur auf den Sehsinn. Um neue Wahrnehmungsmöglichkeiten für Gemälde und Kunstwerke zu entwickeln, haben wir gänzlich neue Lösungen entwickelt – darunter auch eine patentierte Methode zum nachhaltigen Druck von taktilen Reliefen auf wiederverwendbaren Materialien", erklärt Gerd Hesina, Geschäftsführer des VRVis. Taktile Reliefe berühmter Gemälde ergänzen die Erfahrung des Originalkunstwerks durch die Dimension des Tastsinns: echte Kunst zum Angreifen. Um die Einsatzmöglichkeiten dieser taktilen Reliefe noch zu erweitern, wurde außerdem ein gestengesteuerter Multimedia Guide entwickelt, der den Interaktionsrahmen mit dem Kunstwerk weiter ausbaut, indem er auf einfache Fingerzeige hin Informationen in Gebärdensprache, als Audio-Datei oder in Leichter Sprache abspielt.
Bild: Taktile Reliefe machen zweidimensionale Gemälde auch mit anderen Sinnen erfahrbar.
Dieses einmalige EU-Projekt zeichnete sich durch die interdisziplinäre und europaweite Zusammenarbeit der verschiedenen Institutionen aus: Gemeinsam mit dem VRVis nahmen sechs der wichtigsten europäischen Museen (Kunsthistorisches Museum Wien, Victoria & Albert Museum, Museo Thyssen-Bornemisza, The Wallace Collection, Museo Lazaro Galdiano, Museo de Bellas Artes de Asturias), zwei weitere Technologieunternehmen (Signtime, Coprix), ein Kulturvermittler (Artecontacto) sowie zwei Universitäten (University of Bath, Open University) am EU-Projekt teil. Ebenso waren mehr als 200 Menschen mit Beeinträchtigung beteiligt, die sich aktiv als partizipative Forscherinnen und Forscher einbringen konnten. Im Projekt zeigte sich, wie Technologiepotenzial durch die Verschränkung von Wissenschaft, Kunst und Technik genutzt werden kann. Das Ergebnis ist eine Vielzahl an Lösungen und Werkzeugen, die Museen nun zur Verfügung stehen. Neben den taktilen Reliefen und dem Multimedia Guide wurde im Projekt ARCHES eine App entwickelt, die Besucherinnen und Besucher barrierefrei durchs Museum führt und auch einen in Gebärdensprache kommunizierenden Avatar aufweist. Darüber hinaus gibt es nun außerdem Trainingsanleitungen für Museumsmitarbeitende, um diese auf die Arbeit mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen vorzubereiten.
Bild: Der Avatar in der ARCHES App spricht auch Gebärdensprache.