Die Aus- und Weiterbildung rund um die heimische Rohstoffgewinnung ist auf die Region Erzberg in der Steiermark konzentriert. Die Montanuniversität Leoben sowie die HTL Leoben vermitteln alles, was es über mineralische Rohstoffe zu wissen gibt.
Jährlich werden am Erzberg in der Steiermark, einer der größten Eisenerz-Tagbaustätten Mitteleuropas, rund 8,5 Millionen Tonnen Gestein abgebaut und zu Feinerz verarbeitet. Das nötige Know-how zur Rohstoffgewinnung vermitteln in Leoben die zwei zentralen österreichischen Bildungsstätten mit dem Fokus auf Rohstoffgewinnung und -verarbeitung.
HTL Leoben
Rohstoffe, Metalle, Logistik und IT bilden den Kern der Höheren Technischen Lehranstalt in Leoben. Seit 2013 wird Rohstofftechnik gelehrt. »Wir bieten drei Ebenen an«, informiert Geschäftsführerin Alexandra Gmundtner: die HTL für Rohstoff- und Energietechnik (5 Jahre), die EU-Werkmeisterschule für Berufstätige für die Mineralrohstoffindustrie (2 Semester) sowie den Hauerkurs für den unter- und obertägigen Betrieb (2 bis 3 Wochen). Die fünfjährige HTL-Ausbildung ist in drei miteinander vernetzten Blöcken strukturiert: Allgemeinbildung, Fachtheorie und Fachpraxis. Zur Theorie zählen u.a. Geologie und Gewinnung, Aufbereitung sowie Verarbeitung von Rohstoffen, Energie und Umwelttechnik, Mechanik und Konstruktion, Informatik sowie Betriebstechnik – zur Praxis in Werkstätten und Laboratorien Geländevermessung mittels modernster Techniken wie auch Modellierung und Simulation von Grundwassermodellen und Methoden zur Produktionssteuerung. Im Schuljahr 2017/18 werden die ersten RTE-SchülerInnen zur Reifeprüfung antreten. Derzeit wird an den Themen der Abschlussarbeiten gearbeitet, u.a. Analyse des Verhaltens von Sorptionsmaterialen, Erhöhung der Reinheit von Zellstoff über vermessungstechnische Bestandsaufnahmen sowie Erstellung und Bewertung von Transportalternativen im Tagebau. »Für uns ist spannend, welche weiteren Ausbildungs- bzw. Karrierewege unsere AbsolventInnen beschreiten werden«, so Gmundtner. Das Arbeitsgebiet von RohstofftechnikerInnen ist ein weites – es erstreckt sich auch auf nachgelagerte Branchen wie die pharmazeutische oder die glasverarbeitende Industrie. Die Ausbildung an der HTL Leoben ist EU-weit anerkannt. Die Plätze für das verpflichtende achtwöchige Praktikum werden von rohstoffgewinnenden und -verarbeitenden Unternehmen in ganz Österreich zur Verfügung gestellt. Generell besteht eine enge Abstimmung mit der Industrie und der Montanuniversität. Die SchülerInnenzahl beläuft sich aktuell auf 91 – davon 18 Prozent Mädchen. Im kommenden Jahr werden wieder 25 SchülerInnen aufgenommen. Die Lehrenden an der HTL haben einen starken Praxisbezug, viele kommen aus der Wirtschaft und sind Absolventen der Montanuniversität. »Die grundsätzliche Aufgabe besteht für uns, Jugendliche mit dem Thema Rohstoffe vertraut zu machen«, gibt Gmundtner einen Einblick in den Lehreralltag.
Montanuniversität Leoben
Die Montanuniversität bietet elf Bachelor-, 14 Master- sowie das Doktoratsstudium der montanistischen Wissenschaften. Im Wintersemester 2016/17 studierten 4.042 Personen, davon 950 Frauen, u.a. die Studienrichtungen Industrieller Umweltschutz, Werkstoffwissenschaften, Angewandte Geowissenschaften, Rohstoffgewinnung und Tunnelbau sowie Rohstoffverarbeitung. Report (+) PLUS hat zwei Studienrichtungen herausgegriffen. Das Bachelorstudium Rohstoffingenieurwesen deckt den Weg der Rohstoffe vom Abbau bis zur Baustoffproduktion sowie den Tunnelbau ab. Schwerpunkt des anschließenden Masterstudiums ist die Verarbeitung der Rohstoffe mittels physikalischer und chemischer Verfahren. Neben der Aufbereitung von primären Rohstoffen wie Erz, Salz und Kohle spielt jene von Elektronikschrott, Schlacken und Tunnelausbruch eine entscheidende Rolle.
Beim Masterstudium Rohstoffgewinnung & Tunnelbau können Studierende zwischen drei Ausbildungsschwerpunkten wählen. Rohstoffgewinnung befasst sich mit dem Abbau mineralischer Rohstoffe über und unter Tage, Vortriebs-und Gewinnungsmaschinen, der Mineralwirtschaft und Rekultivierung der durch die Rohstoffgewinnung beanspruchten Landoberfläche sowie dem Management von Rohstoffprojekten. Geotechnik und Tunnelbau konzentriert sich auf die geotechnische Erkundung, auf Planung und Errichtung von Untertagebauwerken einschließlich Vermessung, auf geotechnisches Messen, Geoinformation und Baumanagement. Raw Materials and Energy Systems befasst sich schließlich mit Energierohstoffen.
Mit dem Projekt Zentrum am Berg bietet die Montanuni ein dazu passendes Forschungs-, Entwicklungs- und Prüfzentrum. »Das Research@ZaB ist eine europaweit einzigartige Verbindung von wissenschaftlicher und angewandter Forschung unter universitärer Anbindung mit realen Umfeldbedingungen«, erklärt Univ.-Prof. Robert Galler, Leiter des Lehrstuhls für Subsurface Engineering. Das Interesse aus Industrie und Forschung ist groß. Nach Fertigstellung im Sommer 2019 wird auch gezielte Auftragsforschung von Unternehmen möglich sein. Gleichzeitig erfolgt Grundlagenforschung zum Tunnelbau. Im Frühjahr 2016 wurde das erste große EU-Forschungsprojekt RICAS2020 genehmigt.
Berufsbegleitend
An der Montanuniversität wird auch eine berufsbegleitende technisch orientierte Ausbildung mit Universitätslehrgängen, Kongressen, Seminaren sowie Summer und Winter School geboten. Zwölf Universitätslehrgänge u.a. zu Rohstoffaufbereitung, Nachhaltigkeitsmanagement, Sprengtechnik und Ausbildung nach der Neuen Österreichischen Tunnelbaumethode sind im Angebot. An der HTL Leoben bestehen laut Geschäftsführerin Alexandra Gmundtner Überlegungen, bei Bedarf der Industrie das bestehende metallurgische Erwachsenen-Bildungsprogramm auszubauen.