Die Digitalisierung eröffnet auch in der Rohstoffforschung neue Wege, erklären Gerlinde Posch-Trözmüller und Julia Rabeder, Fachabteilung Rohstoffgeologie der Geologischen Bundesanstalt.
(+) plus: Inwieweit haben sich Rohstoffgewinnung bzw. -verarbeitung gewandelt?
Gerlinde Posch-Trözmüller/Julia Rabeder: In Österreich kam es aufgrund der komplexen Lagerstättenverhältnisse im alpinen Raum kontinuierlich zu einer Verschiebung der Schwerpunkte in der Rohstoffgewinnung von klassischen Rohstoffen wie etwa Erzen hin zu Baurohstoffen und Industriemineralen, die im Tagebau gewonnen werden können. Gerade in den letzten Jahren tragen vermehrt Umweltschutzaspekte und das Konzept der Nachhaltigkeit zum Wandel bei. Im Spannungsfeld konkurrierender Nutzungsansprüche zwischen Siedlungs- und Erholungsräumen, Naturschutzzonen, Landwirtschaft und Verkehrsflächen einerseits und durch die weltweite Verknappung bestimmter Rohstoffe, beispielsweise für den Hochtechnologiesektor, andererseits, rückt die Sicherung von Rohstoffflächen ebenso in den Fokus wie ein verantwortungsvoller Umgang mit Rohstoffressourcen durch optimale Lagerstättennutzung, moderne Prospektionsmethoden sowie die vermehrte Rohstoffgewinnung aus Sekundärrohstoffen.
(+) plus: Welche Potenziale ergeben sich durch technologische Entwicklungen wie Digitalisierung?
Posch/Rabeder: Im Bereich der Rohstoffgewinnung und -produktion schafft die zunehmende Digitalisierung wichtige Impulse für Effizienzsteigerung und Arbeitnehmerschutz. Im Bereich der Rohstoffforschung und Bereitstellung von Grundlagen eröffnet die Digitalisierung neue Wege bei der Evi-denthaltung und Verfügbarkeit von Informationen und ermöglicht die optimale Nutzung von Archivbeständen durch raschen Zugriff und allgemeine Zugänglichkeit. Die digitale Verknüpfung und Verschneidung unterschiedlicher Informationsebenen wie geologischer Karten, dreidimensionaler Modelle, Daten zu Lagerstättenaufbau und -genese sowie zu Rohstoffquantität und -qualität ist eine wesentliche Grundvoraussetzung für die nachhaltige wie effektive Nutzung heimischer Rohstoffvorkommen.
(+) plus: Welchen Stellenwert nehmen Nachhaltigkeit und Energieeffizienz ein?
Posch/Rabeder: Das Konzept der Nachhaltigkeit und das Bewusstsein für die Begrenztheit von Ressourcen gewinnen zunehmend gesellschaftliche Relevanz. Für die Rohstoffgewinnung bedeutet das, dass bereits bei der Abbauplanung und -tätigkeit ein größeres Augenmerk auf optimale Lagerstättennutzung, Umweltverträglichkeit, konkurrierende Nutzungsansprüche und potenzielle spätere Nachnutzungen gelegt werden muss, was hierzulande durch den Österreichischen Rohstoffplan gewährleistet wird.
In den letzten Jahren stieg in der österreichischen Rohstoffproduktion der Anteil an Investitionen in umweltfreundliche Anlagen deutlich an. Zudem rücken Recycling und Upcycling von Rohstoffen, etwa durch Urban Mining und Wertstoffgewinnung aus Altbergbauhalden, vermehrt in den Blickpunkt.