Am 19. Mai wurden im Power Tower der Energie AG die diesjährigen Preisträger des Energy Globe Austria Award gekürt. Aus den 20 Nominierten ging das Projekt „Solar Smart City Gleisdorf“ als Gesamtsieger hervor.
1999 vom österreichischen Energie-Pionier Wolfgang Neumann initiiert, ist der Energy Globe Award heute der weltweit renommierteste Umweltpreis mit mehr als 1.500 Projekten aus 177 Ländern pro Jahr. Die Auszeichnung erhalten herausragende, nachhaltige Best-Practice-Projekte mit Fokus auf Ressourcenschonung, Energieeffizienz und Einsatz erneuerbarer Energien. Die nationalen Preisträger nehmen an der Verleihung des internationalen Awards teil. Im Vorjahr konnte ein nicaraguanisches Frauenprojekt, das den Bau von Solaröfen fördert und damit die wirtschaftliche Existenz der Frauen festigt, die Jury überzeugen. Report(+)PLUS stellt die österreichischen Siegerprojekte der fünf Kategorien Erde, Feuer, Luft, Wasser und Jugend sowie den Gesamtsieger vor.
Gesamtsieger: Solar Smart City Gleisdorf
Einreicher: Feistritzwerke-STEWEAG GmbH
Bundesland: Steiermark
Das Siegerprojekt ist ein Musterbeispiel für ein umfassendes nachhaltiges Gemeindekonzept, dessen Umsetzung insbesondere durch die rege Beteiligung der Bevölkerung möglich war. Um die EU-Klimaschutzziele zu erreichen, startete der Gemeinderat 2009 das „Gleisdorfer Klimaschutzprogramm 2015“, das inzwischen fast vollständig verwirklicht ist. Die Umstellung der Wärmeversorgung von Gas auf solare Biowärme war einer der Hauptpunkte. In ein smartes solares Biowärmenetz speisen nun Biomasseheizwerke, Sonnenkollektoranlagen, Pflanzenöl-Blockheizkraftwerke und Wärmepumpen Wärme ein. Weiters wurde ein Smart-Grid-Stromnetz, ein Wasserleitungsnetz mit automatischer Lecküberwachung und zehn öffentliche Solar-Elektroladestationen errichtet sowie 300 Elektrofahrzeuge angeschafft. Seit 2013 werden Strom und Warmwasser zu 100 % aus erneuerbarer Energie gewonnen, Wärme zu 20 %. Gleisdorf bietet Leben im Grünen mit der Infrastruktur einer Großstadt und intelligenten, kostengünstigen und innovativen Energieangeboten.
Kategorie WASSER: Pyromars + Zemap
Einreicher: Andritz AG
Bundesland: Wien
Bei der Oberflächenbehandlung bzw. Herstellung von Edelstahl fallen große Mengen an verbrauchten Säuremischungen an. Diese hochgiftigen Säuren, bestehend in erster Linie aus Fluss- und Salpetersäure, werden üblicherweise in Neutralisationsanlagen behandelt und anschließend in Form von Schlamm deponiert. Da Nitrate im Gegensatz zu Fluoriden nicht fällbar sind, enden sie letztlich im Grundwasser und werden vom Menschen wieder aufgenommen. Die Pyromars-Technologie wurde entwickelt, um die verbrauchte Fluss- und Salpetersäure aus dem Beizprozess bei der Edelstahlproduktion wieder zu gewinnen und im selben Prozess wieder zu verwenden. Ungefähr ein Drittel der Säuren werden dabei in die nachgeschaltete Spülsektion verschleppt. Seit kurzem gelingt es mithilfe der Zemap-Technologie, die Abwässer der Spülsektion zu regenerieren. Nach jahrelanger Forschung schaffte man 2014 den Durchbruch. In Taiwan entsteht nun das erste Edelstahlwerk der Welt ohne aufwendige biologische Behandlung und mit 100 % nitratfreiem Abwasser.
Kategorie ERDE: Spinngefärbte Cellulose-Fasern
Einreicher: Lenzing AG
Bundesland: Oberösterreich
Das Färben von Textilien verursacht fast immer eine beträchtliche Umweltbelastung, da es äußerst energie- und wasserintensiv ist. Der Einsatz von Chemikalien bedeutet eine zusätzliche Gefahr, vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern, wo die Rückstände meist nur mangelhaft entsorgt werden. Die Lenzing AG entwickelte nun eine spinngefärbte Cellulose-Faser („Lenzing Modal Color“), die nicht mehr nachträglich gefärbt werden muss, da die Farbpigmente bereits in die Faser inkorporiert sind. Die Waschbeständigkeit dieser Fasern ist sehr hoch, auch die mechanischen Eigenschaften sind ausgezeichnet. Berechnungen entlang der textilen Kette zeigen, dass sich mit dieser neuen Fasertype bis zu 80 % Energie sowie 65 % Wasser einsparen lassen. Zudem kommen diese Zellulosefasern anstelle synthetischer, aus Erdöl hergestellten, Fasern zum Einsatz. Obst- und Gemüsenetze sind bereits am Markt zu finden, Autositzbezüge werden folgen.
Kategorie FEUER: Wasserstoff aus Sonnenstrom
Einreicher: Netz Oberösterreich GmbH
Bundesland: Oberösterreich
Windkraft und Sonnenenergie unterliegen starken zeitlichen Schwankungen. Die Unterversorgung in Perioden mit geringer Erzeugung muss durch konventionelle Energieträger bzw. aus Speichern abgedeckt werden. Dieses Musterprojekt zeigt, wie man das Problem der Speicherung von Strom aus Sonnenenergie lösen kann. Mit einer Photovoltaik-Anlage wird Strom in einer kleinen Einheit dezentral erzeugt und durch Umwandlung in Wasserstoff im Erdgasnetz gespeichert bzw. verteilt. Diese Energie kann anschließend an beliebigen Punkten entnommen und damit flexiblen Nutzungsmöglichkeiten in allen drei Energiesegmenten (Verkehr, Wärme oder elektrische Energie) zugeführt werden. Auch die Speicherung in Überschusszeiten kann somit vor Ort erfolgen. Mit dem Betrieb der Anlage werden jährlich ca. 700 m³ Wasserstoff bei einem Wirkungsgrad von bis zu ca. 82% erzeugt und in das Erdgasnetz eingespeist. Zusätzlich wird die Abwärme der Elektrolyse für die Vorwärmung in der Erdgasdruckregelstation verwertet und damit importierte Primärenergie ersetzt.
Kategorie FEUER: Smart Grids Modellregion Salzburg
Einreicher: Salzburg Wohnbau GmbH
Bundesland: Salzburg
Gebäude zählen mit 30 % des Energiebedarfs zu den größten Verbrauchergruppen. Projektziel war deshalb die Realisierung einer Smart Grid-optimierten Wohnanlage mit „Leuchtturm-Charakter“, die die Möglichkeiten und den Nutzen von Smart Grids im Umfeld von Gebäuden im praktischen Einsatz erprobt und für eine breitere Öffentlichkeit greifbar macht. Im Fokus steht die optimale Systemintegration der Gebäude in das Smart Grid (Lastmanagement in Kombination mit dezentraler, erneuerbarer Erzeugung), wobei das Projekt von Beginn an wissenschaftlich begleitet wurde. Ein Sozialkonzept sowie ein Mobilitätskonzept bestärken den umfassenden Projektansatz. Im Vergleich zu herkömmlicher Bauweise werden 18 Tonnen CO2 und 13.000 kWh jährlich eingespart. Die Wohnanlage selbst verbraucht 25.000 kWh und speist 105.000 kWh ins Netz ein.
Kategorie LUFT: Der ländliche Raum IST mobil
Einreicher: ISTmobil GmbH
Bundesland: Steiermark
Gerade in peripheren Gebieten fehlt es häufig an Verkehrsmitteln für die sogenannte „letzte Meile“, die auch von lokalen Taxiunternehmen nicht ausreichend geschlossen werden kann. So ergibt sich ein ständig steigender Motorisierungsgrad der ländlichen Bevölkerung. Das steirische Vorzeigeprojekt „IST-Mobil“ vermittelt Fahrgemeinschaften zu den wichtigsten Orten innerhalb einer Region und bietet Anschluss zum öffentlichen Verkehrsnetz. Für die Disponierung wird eine eigens entwickelte Software mit GPS-gesteuerter Routenoptimierung verwendet. Durch die hohe Besetzungsrate von durchschnittlich 4,8 Personen je Fahrt konnten in der Pilotregion Südsteirische Weinstraße rund 152 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden. Positive soziale Effekte sind die ungeeinschränkte Mobilität und damit eine erhöhte Lebensqualität sowie die Schaffung bzw. Absicherung von Arbeitsplätzen und ein wesentlicher Beitrag zur regionalen Wertschöpfung.
Kategorie JUGEND: Unterrichtsprojekt Abfallwirtschaftskonzept
Einreicher: Höhere Lehranstalt für Umwelt und Wirtschaft Yspertal
Bundesland: Niederösterreich
Seit 1990 sind österreichische Unternehmen per Bundesgesetz verpflichtet, jährlich ein Abfallwirtschaftskonzept zu erstellen. Die Schülerinnen und Schüler der Höheren Lehranstalt für Umwelt und Wirtschaft Yspertal werden im Rahmen ihrer Ausbildung zu Abfallbeauftragten geschult. Dabei erstellen sie selbstständig für Unternehmen oder Schulen professionelle Abfallwirtschaftskonzepte, die zur Vorlage bei der Behörde geeignet sind. Diese umfassen die Kategorisierung des gesamten anfallenden Abfalls sowie die Vermeidung, Recycling und Entsorgung von Altstoffen. Der Energie- und Wasserverbrauch sind dabei ebenfalls ein Thema. Dies bringt eine Win-Win-Situation – einerseits für die Unternehmen, die Probleme in ihrer Abfallwirtschaft bzw. den eingesetzten Energien in der Produktion von Produkten erkennen können, andererseits für die jungen Menschen, die ihr Konsumverhalten überdenken und ändern. Jährlich werden etwa 25 bis 30 Unternehmen oder andere Organisationen analysiert und insgesamt etwa 1.000 Personen mit dieser Thematik konfrontiert.