Im Interview mit Report(+)PLUS erklärt Alexander Schmidecker, Geschäftsführer Raiffeisen-Leasing, warum sich das Elektroauto für viele Firmen vom Werbegag zur echten Alternative entwickelt hat, was er sich von der neu geschaffenen Abteilung »Mobilität & Zukunft« erwartet und in welchem Leasing-Segment er das größte Wachstumspotenzial sieht.
(+) plus: Laut österreichischem Leasingverband verzeichnete die heimische Leasingbranche im ersten Halbjahr 2016 ein Plus im Neugeschäft von acht Prozent. Worauf ist dieses Wachstum zurückzuführen?
Alexander Schmidecker: Leasing wächst deutlich dynamischer als die Gesamtwirtschaft und beweist sich als Investitionsmotor der heimischen Wirtschaft. Auch in wirtschaftlich angespannten Zeiten wird Leasing von Unternehmen als alternativer Weg zur Finanzierung dringend notwendiger Investitionen gesehen. »Günstig mieten statt kostenintensiv kaufen« oder »benutzen statt besitzen« lautet das Motto. Außerdem schafft Leasing Flexibilität, schützt vor Überraschungen durch Planbarkeit der Kosten und schont mit zahlreichen Serviceangeboten die eigenen Ressourcen. Auch immer mehr Privatpersonen vertrauen auf die innovativen Produkte und zusätzlichen Serviceleistungen der Leasingunternehmen.
(+) plus: Der Löwenanteil entfällt nach wie vor auf das Kfz-Leasing. Ist hier der Plafond schon erreicht?
Schmidecker: Nein. Mehr als jedes zweite Firmenauto, 51,2 Prozent, wird in Österreich bereits durch Leasing finanziert. Unternehmen, im Speziellen Klein- und Mittelbetriebe, haben die Vorteile von Fullservice Leasing – also Fuhrparkmanagement mit all seinen Dienstleistungen – erkannt und setzen nun verstärkt darauf. In Zukunft wird auch die Elektromobilität mit ihren ökologischen und ökonomischen Vorteilen einen Beitrag zum Branchenwachstum leisten. Auch im Privatkundengeschäft setzt sich Leasing als Nutzungsalternative immer stärker durch.
(+) plus: Sie haben kürzlich eine eigene Position für Forschung und Entwicklung im Leasing- und Fuhrpark-Bereich geschaffen. Was erwarten Sie sich davon?
Schmidecker: Raiffeisen-Leasing wird den Bereich »Mobilität & Zukunft« weiter aus- und aufbauen. Im Fokus steht der Interessensausgleich zwischen Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft. Umfassende Mobilität ist eines der großen Zukunftsthemen, denn das gesamte Mobilitätsverhalten wird sich deutlich ändern, vor allem in urbanen Räumen. Und das ist auch gut so. Schließlich sind wir doch alle an sauberen Städten mit hoher Lebensqualität interessiert.
(+) plus: Welche Rolle spielt die Elektromobilität inzwischen? Wie viele Ihrer Fahrzeuge sind schon heute reine Elektroautos?
Schmidecker: Elektromobilität ist keine Modeerscheinung mehr. Das E-Auto ist vom Werbegag und Imagebringer zur ernsthaften Alternative geworden. Spätestens in zehn Jahren ist es ein Massenprodukt. Schon jetzt kann ein Elektrofahrzeug bei einer Gesamtkostenrechnung und unter Berücksichtigung von Förderungen und steuerlichen Anreizen bereits günstiger als ein herkömmliches Benzin- oder Dieselauto sein.
Raiffeisen-Leasing leistet seit Jahren mit dem Forcieren der Elektromobilität Pionierarbeit in Österreich. Unser Fuhrparkmanagement hat insgesamt mehr als 11.000 Fahrzeuge unter Vertrag, davon fahren ca. 700 PKW und leichte Nutzfahrzeuge vollelektrisch, Tendenz stark steigend. Keine andere heimische Leasingfirma kann auf eine ähnliche E-Flotte verweisen.
(+) plus: Neben dem klassischen Kfz-Leasing und Fuhrparkmanagement bieten Sie auch »Exotischeres« wie Flugzeug-Leasing, Mobilien-Leasing oder Immobilien-Leasing an und treten als Bauträger auf. Welche Rolle spielen diese Bereiche für Raiffeisen-Leasing?
Schmidecker: Diese Bereiche spielen eine sehr große Rolle. Raiffeisen-Leasing ist das Spezialinstitut der Raiffeisen Bankengruppe und bietet daher sämtliche Leasing-Formen an. Als »exotisch« würde ich die von Ihnen genannten Geschäftszweige nicht bezeichnen. Wir sehen uns u.a. auch als Mobilitätsanbieter innerhalb der Raiffeisen Bankengruppe und haben uns schon vor Jahren auf die Finanzierung von Business Jets spezialisiert. Raiffeisen-Leasing hat sich mittlerweile als führender Anbieter am Markt etabliert.
Mobilien- oder Immobilien-Leasing sind, sowohl für Unternehmen als auch für Kommunen, klassische Finanzierungsformen. Gerade hier sind die finanziellen Herausforderungen besonders groß und deshalb werden die Vorteile dieser Leasingfinanzierungen immer mehr genutzt.
Auch als Bauträger verfügt Raiffeisen-Leasing über jahrzehntelange Erfahrung. Unsere Eigentums- bzw. Vorsorgewohnungsprojekte stehen für hochwertige Wohnbauten in ausgesuchten Lagen. Derzeit befinden sich mehr als 20 Projekte mit rund 250 Millionen Euro Gesamtinvestitionskos-ten und ca. 600 Wohneinheiten in Wien, Niederösterreich und Tirol in Umsetzung.
(+) plus: Wo sehen Sie das größte Wachstumspotenzial?
Schmidecker: Das größte Wachstumspotenzial sehe ich im Mobilien-Leasing. Im europäischen Schnitt werden Investitionsgüter etwa zu 25 Prozent per Leasing finanziert, in Österreich sind es nur 17 Prozent. Hier rechne ich mit einem Aufschwung, da es aufgrund der zögerlichen Investitionen in den vergangenen Jahren deutlichen Nachholbedarf in der österreichischen Wirtschaft gibt.
Steigerungsraten erwarte ich auch im Fuhrparkmanagement-Markt. Im ersten Halbjahr 2016 konnten die Neugeschäftsverträge um 22,5 Prozent zulegen. Übrigens: Raiffeisen-Leasing ist mit dem bisherigen Resümee 2016 äußerst zufrieden. Unser Fuhrparkmanagement wuchs im ersten Halbjahr um zehn Prozentpunkte stärker als der Gesamtmarkt.
(+) plus: Mit welchen Erwartungen gehen Sie in das neue Jahr?
Schmidecker: Im Geschäftsjahr 2017 werden die Rahmenbedingungen für die gesamte Finanzindustrie – Banken und Leasinggesellschaften – weiterhin sehr herausfordernd sein. Auch hat sich der Wettbewerbs- und Ertragsdruck weiter verschärft. Dennoch erwarte ich für die Raiffeisen-Leasing Gruppe wieder ein stabiles, positives Ergebnis.