Mittwoch, Februar 05, 2025

Über Veränderungen und IT-Projekte in Unternehmen spricht Bernd ­Bugelnig, neuer Vorstandsvorsitzender bei Capgemini in Österreich.

(+) plus: Sie sind nun seit gut 25 Jahren in der IT-Branche tätig. Bei der Durchführung von IT-Projekten wiederholen sich viele Themen – was hat sich aus Ihrer Sicht Wesentliches verändert?

Bernd Bugelnig: Hier hat sich meiner Meinung nach nicht so viel geändert. Auch in der länger zurückliegenden Vergangenheit gab es immer wieder technologische Anforderungen, die in Wellen wirkten: die Jahr-2000-Umstellung oder die Einführung des Euro. Damals wie heute war es erforderlich, notwendige Veränderungen nicht in Einzelaktionen oder in einem Stückwerk vorzunehmen, sondern von Anfang bis zum Ende ganzheitlich durchzudenken. Veränderungsprozesse benötigen eine ordentliche Führung – Governance genannt –, sie brauchen Struktur und eine Steuerung der Prozesse. Größte Chance auf Erfolg haben sie, wenn sie vom Management von oben nach unten auf Basis eines durchgängigen Change Managements getragen werden. Wenn jene Dinge, die die Veränderungen auslösen, viele Unternehmen betreffen, dann beschäftigen sich – damals wie heute – auch die Berater damit.

(+) plus: Sie sprechen von der Planbarkeit technischer Veränderungen in der Vergangenheit. Das hat sich doch heute komplett gedreht.

Bugelnig: Durch den Einsatz von Technologie haben sich neue Geschäftsmodelle entwickelt und es kommt mittlerweile wesentlich rascher und stärker zu Umbrüchen. Etablierte Unternehmen müssen extrem wachsam sein und aufpassen. Gerade Startups, die sich die neuen Technologien zunutze machen, können viele Konsumenten gezielt und direkt ansprechen. Ein Service, der überall und zu jeder Zeit verfügbar ist – und schon laufe ich in Gefahr, als schwerfälligeres größeres Unternehmen hinterher zu hinken.

(+) plus: Sind größere Unternehmen gut beraten, in Startups zu investieren und Partnerschaften zu schließen?

Bugelnig: Es ist sicherlich ein probater Weg, sich auf diese Weise Menschen, die es gewohnt sind, außerhalb bestehender Normen zu denken, ins Unternehmen zu holen. In größeren Organisationen ist der Innovationsgedanke meistens nicht so inhärent vorhanden wie bei jungen Leuten. Sie sind nicht auf Bewahren ausgerichtet und gehen kulturbedingt zum Teil völlig anders an die Dinge heran.

(+) plus: Wer sind die Treiber für Transformationsprozesse in Unternehmen?

Bugelnig: Wir fragen seit Jahren die IT-Trends und Budgetsituationen in den Betrieben nach. Danach haben wir vier unterschiedliche Muster identifiziert, wie sich Unternehmen mit der Digitalisierung beschäftigen und wie reif sie in ihrer Organisation dazu sind. Bei jenen, die damit erst beginnen, gehen Initiativen meist noch eher von der IT-Abteilung alleine aus. In Unternehmen, die schon weiter sind, wird Innovation oft gemeinsam von IT und Fachabteilungen getrieben. Dort sind beide Seiten in die Planung, Durchführung und auch Projektbegleitung – etwa bei der Weiterbildung der Leute – involviert. In solchen Unternehmen gibt es bei Digitalisierungsthemen ein gut vernetztes Vorgehen Hand in Hand. Die Fachabteilungen in einer zentralen Rolle hier sind Marketing und Vertrieb. Denn die Digitalisierung wird vor allem für eine bessere Ansprache des Marktes und das Analysieren von Bedürfnissen und Aktivitäten der Kunden benutzt.

(+) plus: Gerade für Prozesse in der Industrie bietet die Digitalisierung große Chancen. Sehen das die Unternehmen genauso?

Bugelnig: Viele im Industrieumfeld haben das schon erkannt, wenn auch noch nicht umgesetzt. Manche sammeln zum Beispiel schon seit geraumer Zeit Daten über ihre Produktionsmaschinen, wissen aber noch nicht, was sie damit tun werden. Anwendungsfälle dazu wird es etwa zu »Preventive Maintenance« geben, denn ein Ausfall der Produktion kann sehr kostspielig sein. Auf potenzielle Problemfälle in der Instandhaltung kann auf Basis der gesammelten Daten und Analysen vorausschauend reagiert werden – noch bevor der Maschinenausfall tatsächlich eintrifft. Dies kann in weiterer Folge auch die Art und Weise, wie Maschinen betrachtet werden, betreffen: nicht mehr als physisches Produkt im Besitz eines Unternehmens, sondern als Service mit einer garantierten Verfügbarkeit – gleich dem Service-Level-Agreement in der IT. Wann dann Instandhaltungsarbeiten an der Maschine durchgeführt werden, liegt in der Verantwortung des Dienstleisters. Für den Kunden ist es nur wichtig, dass sie funktioniert.

Zur Person

Bernd Bugelnig, 52, hat im Oktober 2015 die Verantwortung für die Geschäfte von Capgemini in Österreich übernommen. Der gebürtige Kärntner kam 2000 im Zuge der Übernahme von Ernst & Young Consulting, für die er zuvor neun Jahre tätig war, zu Capgemini.

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