Report-Umfrage: Prominente Vertreter der heimischen Wirtschaft werfen einen Blick in die Glaskugel und verraten, was sie vom neuen Jahr erwarten. Den Anfang machen Peter Filzmaier (Universität Krems/Graz, ISA), Winfried Kallinger (Kallico), Andreas Bierwirth (T-Mobile Austria), Helmut Fallmann (Fabasoft), Michael Krammer (ventocom) und Danijel Dzihic (Ford Austria).
Eine Wahl und sonst Verlierer
Peter Filzmaier, Professor für Politikwissenschaft an den Universitäten Krems und Graz sowie geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Strategieanalysen (ISA)
»2016 ist Präsidentschaftswahl. Das Amt ist für viele Österreicher zwischen Staatsnotar und Frühstücksdirektor angesiedelt, doch wird der neue Bundespräsident die Koalitionsverhandlungen 2018 mächtig beeinflussen. Zudem gibt es ein starkes Kandidatenfeld, und alle Parteien werden die Bühne zur Profilierung nutzen. Regierungsparteien können ansonsten nichts gewinnen. Beim Flüchtlingsthema werden Entscheidungsträger schwarzweiß als Helfer oder Hetzer abgestempelt. Die ökonomischen Daten dürften sich leicht verbessern, jene am Arbeitsmarkt etwas verschlechtern. So oder so wäre die Öffentlichkeit aber erst bei einem Wirtschaftswunder zufrieden. Für die Wissenschaft ist auch deshalb zu befürchten, dass Studien noch mehr zum Spielball der Parteipolitik werden. Innovationsdenken findet kaum Anerkennung.«
Ideologische Mauern der Politik brechen
Winfried Kallinger, Kallico Development GmbH
»Meine Hoffnung für 2016 ist, dass die Immobilienwirtschaft ihre Rolle als stabilisierender Faktor der Volkswirtschaft behält und sich auch so verhält. In Zeiten der sprunghaft steigenden Nachfrage nach leistbarem Wohnraum sind innovative Baukonzepte, Flexibilität und Eingehen auf Lebensperspektiven einer jungen, kulturell heterogenen Generation gefragt. Das bietet Chancen abseits des Mainstreams des verknöcherten gemeinnützigen Baugeschehens, aber natürlich auch Risiken. Solange uns der Finanzmarkt nicht wieder böse Streiche spielt, werden die Möglichkeiten überwiegen, daran kann auch das Jammern der Branche über ein paar Steuernachteile nichts ändern. Das Diktat der Notwendigkeit zum Handeln wird hoffentlich auch ein paar Brocken aus den ideologischen Mauern der Politik herausbrechen.«
Internet der Menschen, der Tiere und der Dinge
Andreas Bierwirth, CEO T-Mobile Austria
»2016 wird das Internet der Dinge – das eigentlich richtigerweise das Internet der Menschen, der Tiere und der Dinge heißen müsste, weil einfach alles mit allem über Internet verbunden sein kann – richtig durchstarten. Für das Internet der Dinge gibt es hunderte Beispiele. Das Auto verständigt bei einem Unfall automatisch den Notruf, das Haus meldet, dass ein Fenster nach dem Weggehen nicht versperrt wurde und das Fenster kann via App geschlossen werden. Das Regal im Supermarkt oder der Getränkeautomat im Büro melden, dass sie bald Nachschub brauchen. Das Fahrrad, das durch ein Schlagloch fährt, verständigt automatisch die Straßenwartung. Und in einigen Jahren wird das Auto den Fahrer vor der eigenen Tür absetzen und dann selbstgesteuert zum nächsten freien Parkplatz fahren und einparken.«
Es wird wieder mehr investiert
Helmut Fallmann, Vorstandsvorsitzender der Fabasoft AG
»Die Steuerreform wird sich am Konto der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer viel deutlicher bemerkbar machen als angenommen und den Konsum stimulieren. Das wird dazu beitragen, dass Österreichs Wirtschaft in eine optimistischere Stimmung kommt und wieder mehr investiert. Auch die beschlossene Entlastung der Wirtschaft um eine Milliarde Euro ist ein wichtiges Zeichen, dass die Unternehmen von der Politik ernst genommen werden. Insgesamt wird durch die dramatischen Umbrüche in vielen Branchen das Bewusstsein weiter wachsen, dass alle Unternehmen, die ihre Geschäftsmodelle nicht digitalisieren, in spätestens 20 Jahren ausgestorben sein werden.«
Smart, social, mobile
Michael Krammer, Geschäftsführender Gesellschafter ventocom
»Die digitale Revolution wird weiter voranschreiten und unseren Alltag – in Business wie Freizeit – noch mehr vereinnahmen. Nach dem Motto ›smart – social – mobile‹ sind alle Menschen, wenn sie das wollen, zu jeder Zeit und an jedem Ort online und vernetzt. Das bedeutet eine Demokratisierung in jeder Hinsicht und bringt uns allen neue Kommunikationskanäle und –möglichkeiten. Vor allem Kundenbeziehungen verändern sich signifikant: Aus Customer Relationship Management (CRM) wird die Customer Managed Relationship (CMR). Der Kunde ist anspruchsvoller geworden und nutzt versiert neue Kanäle. Für Unternehmen zählen ehrliche, transparente und (pro-)aktive Kommunikation mehr denn je! Nur dann gelingt der erfolgreiche Auf- und Ausbau einer langfristigen Kundenbeziehung.«
Es sollte für jeden mehr übrigbleiben
Danijel Dzihic, Generaldirektor Ford Austria
»Ich hoffe, dass die positiven Effekte der Steuerreform die Stimmung der Steuerzahler verbessern, stimulierend auf den Autokauf wirken und nicht gleich wieder Änderungen der fiskalischen Rahmenbedingungen folgen. Damit ergibt sich hoffentlich auch Kaufkraft – letztendlich sollte unter dem Strich für jeden Einzelnen auch etwas übrigbleiben. Es wird hoffentlich für die Branche ein erfolgreicheres Jahr als 2015, verbunden mit Steigerungen des Gesamtmarktes. Angesichts der jüngsten und innovativsten Produktpalette aller Zeiten und insbesondere für Österreich wichtigen Angebotserweiterung bei Allradmodellen wird Ford überproportional davon profitieren. Wegen der bei Firmenautos für die Berechnung des Sachbezugs nun maßgeblichen 130-g-Grenze werden sich die Kunden neu orientieren und wahrscheinlich genauer schauen, welchen Effekt ihr Kauf auf den Sachbezug hat. Aber grundsätzlich denke ich, dass gerade Ford als Marke mit einer großen Anzahl an Fahrzeugen unter 130 g CO2/km daraus Profit schlagen wird.«