Wer Leasing hört, denkt ans Auto. Zwei Drittel des 5,36 Milliarden Euro schweren Leasing-Neugeschäfts entfallen auf das Kfz-Leasing, rund 23 % auf Mobilien wie Maschinen oder EDV-Ausstattung. Im Vergleich dazu fristet das Immobilien-Leasing mit einem Anteil von 9 % (486 Mio. Euro) ein Nischendasein. Bis zu einem dramatischen Einbruch im Jahr 2012 war das Volumen allerdings noch doppelt so groß. Das damals von der Regierung initiierte steuerliche »Maßnahmenpaket« machte Immobilien-Leasing für Gemeinden unattraktiv. Das extrem niedrige Zinsniveau bei Krediten und die generell verhaltene Investitionsbereitschaft trugen das Übrige bei.
Im ersten Halbjahr 2015 verzeichnete der Verband Österreichischer Leasing-Gesellschaften (VÖL) mit einem Volumen von 337 Millionen Euro (+ 109 % gegenüber dem Vergleichszeitraum 2014) das beste Ergebnis seit 2011. Einzelne Großprojekte, die sich naturgemäß stärker zu Buche schlagen und das Bild etwas verzerrten, fehlen diesmal. »Vielmehr dürfte insbesondere der KMU-Bereich teilweise beginnen, seinen krisenbedingten Investitionsrückstau aufzuholen«, erklärt Günter Populorum, CEO der UniCredit Leasing Austria. Klaus Klampfl, VÖL-Vizepräsident und Geschäftsführer der Hypo Steiermark Leasing-Holding, will den Aufwind nützen und »etwas für die Immobilien tun«, um das Geschäft weiter anzukurbeln: »Die steigende Notwendigkeit für Unternehmen, ihre Betriebsstätten zu erneuern und Standorte zu erweitern, um wettbewerbsfähig zu bleiben, wird dem Immobilien-Leasing als attraktive Finanzierungsalternative neue Impulse geben.«
Nachholbedarf
Gestützt wird Klampfls Zuversicht von der »Immobilienleasing-Studie 2015«, die Deloitte Österreich im Auftrag des VÖL Anfang 2015 durchführte. Zwei Drittel der 104 befragten Finanzierungsexperten, Immobilienspezialisten und Unternehmer verschiedenster Branchen sehen Vorteile durch Leasing bei Eigenkapital, Liquidität und Steuern. Die ungleich größere Komplexität im Vergleich zu einem klassischen Kreditvertrag schreckt aber offenbar viele Interessenten ab. Ein Viertel der Befragten hat sich deshalb noch nie mit Immobilien-Leasing beschäftigt, ein weiteres Viertel aber innerhalb der letzten drei Monate.
Klaus Klampfl, Hypo Steiermark, sieht eine »steigende Notwendigkeit für Unternehmen, Betriebsstätten zu erneuern« |
»Angesichts des seit Jahren herrschenden Investitionsrückgangs hat der Wirtschafts- und Innovationsstandort Österreich an Attraktivität eingebüßt. Mit veralteten Standards bei Produktionsstätten, Gewerbeobjekten oder Bildungseinrichtungen ist das Land auf Dauer nicht wettbewerbsfähig«, warnt Studienautor Gerhard Marterbauer, Partner von Deloitte Österreich. Diese drastische Einschätzung teilt Alexander Schmidecker, CEO der Raiffeisen Leasing, zwar nicht, dennoch ortet auch er Nachholbedarf: »Investitionen, die nicht unbedingt nötig waren, wurden seit der Finanzkrise 2008 im Zweifelsfall aufgeschoben. Derzeit herrscht immer noch Zurückhaltung, viele Unternehmen holen jedoch auch notwendige Investitionen nach, was für Aufschwung sorgt.«
Nutzung ohne Eigentum
Immobilien-Leasing kommt in erster Linie für eigengenutzte Firmenobjekte in Frage. Der Leasingnehmer erwirbt gegen Bezahlung eines Entgelts (»Miete«) für eine vertraglich festgelegte Periode das unkündbare Nutzungsrecht an einem von der Leasinggesellschaft angekauften oder errichteten Objekt. Das Eigentumsrecht verbleibt bei der Leasinggesellschaft. Interessant wird Leasing ab einem Investitionsvolumen von 1,5 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr 2015 betrug die durchschnittliche Vertragssumme 4,8 Millionen Euro (+ 70 % im Vergleich zu 2014).
Nach Vertragsende kann der Leasingnehmer das Objekt durch Zahlung des restlichen Investitionsvolumens übernehmen oder an die Leasinggesellschaft zur Verwertung zurückgeben. Die Leasingentgelte können Unternehmen steuermindernd absetzen, während bei einem Kauf eines Gebäudes die Anschaffungskosten zur Gänze anfallen und eine Steuerminderung nur durch die laufende Abschreibung erreicht werden kann. Für Marterbauer besteht der womöglich größte Vorteil darin, dass ein Standort nach Ablauf des Leasingvertrags – in der Regel zehn bis 15 Jahre – wieder leicht aufgegeben werden kann. In Zeiten der volatilen Märkte ein nicht zu unterschätzendes Argument.
Für Länder und Gemeinden bietet Leasing die Möglichkeit, kommunale Einrichtungen wie Schulgebäude, Pflegeheime oder Feuerwehrzentralen ohne Risiko und bilanzschonend zu finanzieren. Grundsätzlich scheinen Leasingfinanzierungen im Schuldenstand der Kommunen nicht auf, sind also maastricht-neutral.
Gerhard Marterbauer, Deloitte: »Die österreichische Wirtschaft benötigt dringend wirksame Anreize für privat-wirtschaftliche Investitionen.« |
Im Oktober wurde beispielsweise nach nur 13 Monaten Bauzeit das neue Pflegezentrum in Krieglach in der Steiermark eröffnet. Der von Raiffeisen-Leasing und WRS Energie- und Baumanagement am Standort des früheren Bezirkspflegeheims errichtete Gebäudekomplex bietet 82 älteren Menschen ein modernes Zuhause. Neben den Räumlichkeiten für die Bewohner sind in dem vierstöckigen Neubau auch eine Frischkostküche, eine Cafeteria, eine Kapelle, ein Frisör, die Hausverwaltung und eine Kinderbetreuung für den Nachwuchs der Mitarbeiter untergebracht.
Rundumservice
Das Serviceangebot der Leasinggesellschaften geht dabei über die reine Finanzierung weit hinaus. »Wenn gewünscht, kann der Leasinggeber sämtliche Agenden wie Grundstückssuche, Projektentwicklung, Errichtung, Baumanagement oder Projektcontrolling abnehmen«, unterstreicht UniCredit Leasing-Chef Populorum. »Bedingt durch die Eigentümerstellung ist eine schnellere und kostengünstigere Verwertung möglich. Einerseits können diese Kostenvorteile in der Finanzierung berücksichtigt werden, andererseits ermöglichen sie eine flexiblere Strukturierung der Transaktion.«
Günter Populorum, Unicredit: »Sämtliche gesetzliche Änderungen der vergangenen Jahre haben das Immobilien-Leasing erschwert.« |
»Die österreichische Wirtschaft benötigt dringend wirksame Anreize für privatwirtschaftliche Investitionen«, fordert Deloitte-Partner Marterbauer. Statt Immobilienleasing durch steuerliche und rechtliche Maßnahmen zu fördern, sei aber das Gegenteil erfolgt, so Günter Populorum: »Sämtliche gesetzlichen Änderungen der vergangenen Jahre haben das Immobilien-Leasing aus Leasinggebersicht erschwert.« Die Änderung der Umsatzsteuerrecht machte für nicht vorsteuerabzugsberechtigte Kunden, insbesondere Gemeinden, die teilweise umsatzsteuerfreie Vorschreibung der Leasingraten unmöglich. Zudem habe die jüngste Steuerreform die Abschreibungsmöglichkeiten reduziert. Auch die Regelungen zur Berechnung der Grunderwerbsteuer bei Grundstücksan- und -verkäufen wurden »weiter verkompliziert«, meint Populorum: »Schon eine – zumindest teilweise – Rücknahme dieser Maßnahmen wäre hilfreich.«