Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht der neue Zeppelin-Geschäftsführer Stephan Bothen über innovative Kunden und Traditionalisten, über Marktbegleiter in Österreich, die er erst kennenlernen musste, und die Kinderkrankheiten digitaler Lösungen. Außerdem erklärt er Unterschiede und Gemeinsamkeiten des österreichischen und bayrischen Markts.
Report: Sie sind seit Juli Geschäftsführer von Zeppelin Österreich. Wie sind die ersten Monate gelaufen?
Stephan Bothen: Inhaltlich ging es mir vor allem darum, die verschiedenen Standorte zu besuchen und mit möglichst vielen Mitarbeitern in Kontakt zu treten. Das ist mir bis jetzt noch nicht mit allen gelungen, aber ich arbeite daran. Ein Führungswechsel bringt natürlich immer auch Fragen und Unsicherheiten mit sich. Ich werde aber nicht alles ändern. Ich bin ein Gegner von blindem Aktionismus. Das ist ein ordentlich geführtes Haus, da muss nichts radikal von heute auf morgen geändert werden. Das nimmt in der Eingewöhnungsphase viel Druck weg.
Und dann ist da auch noch das Tagesgeschäft. Nächstes Jahr wird die SAP-Umstellung finalisiert. Das hat gewaltige Auswirkungen auf eine Organisation. Noch dazu ist Österreich der SAP-Pilot für den Konzern. Da hat man auch eine enorme Verantwortung.
Report: Sie wollen zwar nicht alles ändern, werden aber wahrscheinlich trotzdem Ihre Handschrift hinterlassen. An welchen Schrauben werden Sie drehen?
Bothen: Wir werden demnächst einen neuen Standort in Linz eröffnen. In diesem wirtschaftlich starken Markt wollen wir wachsen. Entsprechend müssen wir unseren Vertrieb ausrichten.
Für das Unternehmen generell sehe ich schon die Möglichkeit, noch Marktanteile zu gewinnen. Nicht in allen Segmenten, weil wir in vielen Bereichen schon sehr, sehr stark sind. Da stößt man irgendwann an Grenzen, der Mitbewerb schläft ja auch nicht. Aber gerade im Kompaktmaschinenbereich gibt es sicher noch Luft nach oben. Da wird Caterpillar im nächsten Jahr auch einige Neuheiten bringen.
Report: In welchem Segment?
Bothen: Da geht es um Mini-Bagger ab 1,5 Tonnen. Wir bedienen dieses Segment jetzt auch schon, werden ab Mitte nächsten Jahres die nächste Maschinengeneration auf den Markt bringen. Auch im Standardgerätesegment ab 18 Tonnen sehe ich Wachstumschancen.
Report: Wie wollen Sie dieses Wachstum erreichen? Der Markt ist ja hart umkämpft?
Bothen: Das ist richtig. Da muss man dann tiefer in die Materie eintauchen und analysieren. Wir werden auch auf jeden Fall noch stärker in den Bereich Service investieren. Das ist schon heute einer der großen Wettbewerbsvorteile von Zeppelin und das wollen wir weiter ausbauen.
Report: Mit welchen konkreten Serviceleistungen wollen Sie punkten?
Bothen: Wir sind hier zweifellos schon auf einem hohen Niveau. Das wird uns von Kunden auch immer wieder bestätigt. Wir ruhen uns darauf aber nicht aus. Die Maschinen werden immer komplexer. Deshalb ist die Schulung der Mitarbeiter extrem wichtig. Wir wollen junge Menschen für unser Unternehmen interessieren und begeistern und sie nach unseren Bedürfnissen ausbilden. Wir bilden pro Jahr österreichweit bis zu 30 Lehrlinge aus.
Report: Digitale Assistenzsysteme, vorausschauende Wartung durch Vernetzung der Maschinen, intelligente Maschinen – die Fachliteratur ist voll mit diesen Begriffen. Welche Rolle spielen diese Themen in der Praxis? Was wird am stärksten nachgefragt?
Bothen: Das ist sehr unterschiedlich. Es gibt sehr innovative Kunden, die immer die neuesten Technologien einsetzen wollen. Das sind etwa 20 Prozent. Rund 30 Prozent sind abwartend und schauen erst, ob eine Technologie funktioniert und welchen Mehrwert sie bringt. Der Rest setzt eher auf die bewährte Technik. Die letzte Gruppe wird aber kleiner. Immer mehr Kunden beobachten die Entwicklungen ganz genau und informieren sich.
Report: Welche Schwerpunkte setzt man bei Zeppelin?
Bothen: Ganz wichtig ist die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. Da geht es um ein angenehmes Look-and-Feel und eine einfache, intuitive Steuerung. Das ist vor allem in Zeiten des Facharbeitermangels, wo man nicht immer nur die besten Fahrer zur Verfügung hat, ein ganz zentrales Thema. Lösungen, die es dem Fahrer einfacher machen, genau, schnell und effektiv zu arbeiten, werden auch am stärksten nachgefragt. Bei unserer neuesten Kettenbagger-Generation kann man genau einstellen, wie tief man baggern will. Würde der Fahrer tiefer gehen, schaltet sich das Gerät aus. Das reduziert Fehlerquellen und spart Zeit. Über Geo-Fencing kann man auch den Arbeitsbereich einer Maschine einstellen. Das ist z.B. im Straßenbau wichtig, um nicht unabsichtlich auf die andere Straßenseite oder in Stromleitungen zu geraten.
Report: Ein ganz zentrales Thema der Baubranche ist die Produktivität bzw. mangelnde Produktivität. Wie kann ein Baumaschinenhersteller die Bauunternehmen unterstützen, ihre Produktivität zu steigern – von der Arbeit selbst bis zur Baustellenlogistik?
Bothen: Die Forderung seitens der Unternehmen ist da. Dem müssen wir uns auch stellen, sonst macht es jemand anderer. Deshalb arbeiten wir auch mit Hochdruck an diversen Lösungen, etwa BIM-Modellen. Aber da muss man ehrlich sagen, das kann noch keiner so richtig.
Report: Was können Baumaschinenhersteller in ein BIM-Modell einbringen?
Bothen: Da ist vieles denkbar – von der Position der Maschine über die Auslastung bis zu den geplanten Einsätzen. Die Anforderungen der Unternehmen sind aber sehr unterschiedlich, weil anscheinend noch niemand wirklich genau weiß, wohin die Reise geht. Teillösungen gibt es natürlich schon, etwa unser VisionLink, welches genau die Produktionsleistung, den Standort sowie den aktuellen Verbrauch der Maschinen aufzeichnet. Eine BIM-Integration wird über eine Schnittstelle im AEMP-Format ermöglicht. Wir haben somit vorgesorgt und sind offen für jegliche Anforderungen.
Ein weiterer Schwerpunkt ist das Thema Konnektivität. Wir arbeiten an einer App, mit der sich der Fahrer mit der Maschine verbinden kann und das Handy zum Schlüssel wird.
Report: Welche Rolle spielt das autonome Fahren in Ihren Überlegungen?
Bothen: Wir sind bei diesem Thema schon sehr weit. Caterpillar hat schon seit geraumer Zeit SKW´s autonom im Einsatz. Wir haben auch Fernbedienungen für Raupen. Aber man muss sich schon die Frage stellen, in welchen Bereichen es wirklich sinnvoll ist. Oft braucht es dieses Gefühl des Fahrers für den Untergrund. Die Frage ist auch, ab wann der Markt diese Lösungen so elementar fordert, dass den Herstellern gar keine andere Wahl mehr bleibt.
Report: Was denken Sie, wie die Baumaschine der Zukunft angetrieben wird?
Bothen: Das ist schwer zu beurteilen. Viele sehen ja im Elektroantrieb die Zukunft. Mein Bauchgefühl sagt mir aber, dass Elektro eher eine Übergangslösung ist. Der Aufwand für die Akkus ist enorm und die Nachhaltigkeit ist auch nicht wirklich gegeben. Deshalb sehe ich das größte Potenzial im Wasserstoff bzw. der Brennstoffzelle.
Report: Die Baumaschinenhersteller und Händler haben schwierige Jahre hinter sich. Die Stimmung auf der diesjährigen Mawev war aber sehr positiv. Konnte diese positive Stimmung aus Ihrer Sicht auch in Zahlen gegossen werden? Wie läuft das Geschäft 2018?
Bothen: Die Mawev war für uns ein sehr großer Erfolg. Das hat sich danach aber wie erwartet auch wieder abgekühlt. Nach der Mawev wurde kurzfristig mit einem Marktwachstum von 12 % gerechnet, ich denke aber, es wird sich bei 3 % bis 5 % einpendeln. Das ist immer noch ein schöner Erfolg. Auch wir haben bei den Stückzahlen und dem Umsatz zulegen können.
Report: Zeppelin setzt seit einigen Jahren auch auf den Bereich Kompaktmaschinen. In Österreich gibt es mit Huppenkothen einen unangefochtenen Marktführer. Wie entwickelt sich das Kompaktmaschinengeschäft und welche Pläne haben Sie, um Ihr Stück am Kuchen zu vergrößern?
Bothen: Das musste ich auch erst lernen. Die Firma Huppenkothen kannte ich bislang nicht. Takeuchi war in meinem ehemaligen Tätigkeitsbereich auch nicht der Hauptmitbewerber. Aber die scheinen hier einen richtig guten Job zu machen. Ich werde mich aber nicht nur an den Marktbegleitern orientieren. Mein Ziel ist es, dass uns die Kunden, die uns schon bei den großen Maschinen vertrauen, auch bei den Kompaktmaschinen vertrauen. Dass wir dann alles aus einer Hand anbieten können, ist sicher kein Nachteil.
Report: Sie waren von 2009 bis Juni 2018 Niederlassungsleiter Nordbayern bei Zeppelin Baumaschinen. Wie ähnlich oder wie unterschiedlich sind der nordbayrische und der österreichische Markt?
Bothen: Wir reden zwar von ungefähr gleich vielen Einwohnern, der österreichische Markt ist aber in der Fläche viel größer. Da gibt es auch Regionen, die schwerer erreichbar sind. Das stellt auch andere Anforderungen an die Vertriebsmannschaft. Es ist auch ein Unterschied, ob ich im Hochgebirge tätig bin oder in der Ebene. Es gibt aber auch sehr viele Ähnlichkeiten: Die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden unterscheiden sich nicht. Der Kunde will eine gute Maschine und einen guten Support haben und natürlich einen verlässlichen Partner, dem er vertrauen kann.
Natürlich gibt es Unterschiede, wie Themen angegangen und umgesetzt werden. In Österreich wird eine Maschine oftmals gemietet und erst im Nachgang gekauft. Das ist in Bayern anders. Da scheint in Österreich der Sicherheitsgedanke ausgeprägter zu sein. Das spielt uns aber auch in die Hände, weil wir mit unserer großen Servicemannschaft diese Sicherheit auch garantieren können.