Samstag, Dezember 21, 2024
»Prüfung von Mehrkostenforderungen ist oft sehr mühsam«

Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht Thomas Keller, Dienststellenleiter der MA 28, zuständig für Straßenverwaltung und Straßenbau in Wien, über steigende Preise, Zuschlagskriterien und den Umgang mit Mehrkostenforderungen.

Report: Aufgrund der aktuellen konjunkturellen Lage sind die Bauunternehmen gut ausgelastet. Spüren Sie bei Ihren eigenen Bauvorhaben bereits Kapazitätsengpässe bzw. steigende Preise?

Thomas Keller: Abgesehen von den saisonal bedingten Engpässen während des Baustellensommers im Juli und August sind kaum unübliche Kapazitätsengpässe zu spüren. Die Entwicklung der Preise ist im Straßenbau im Jahr 2018 noch moderat bzw. sind Steigerungen insgesamt natürlich deutlich erkennbar.

Report: Wie gehen Sie mit der Situation um? Sind Projektverschiebungen angedacht?

Keller:  Nein, ein Verschieben von Projekten der MA 28 war in Folge von Kapazitätsengpässen nicht erforderlich.

Report: Seit März 2016 ist das Bestbieterprinzip für öffentliche Aufträge ab einem geschätzten Auftragswert von einer Millionen Euro verpflichtend. Wie fällt Ihr zwischenzeitliches Fazit aus? Inwiefern hat sich das Vergabeverfahren dadurch verändert?

Keller: Die gesetzlichen Vorgaben werden von der MA 28 natürlich eingehalten. Infolge des zweiten Zuschlagskriteriums haben sich an den grundsätzlichen Abläufen bei der Angebotsprüfung und der Vergabe der Leistungen aber keine gravierenden Veränderungen ergeben.

Report: Welche Kriterien werden von Ihnen im Rahmen des Bestbieterprinzips am häufigsten und stärksten gewichtet? Wie oft ist es zu Umreihungen gekommen und nicht der  Billigste hat den Zuschlag bekommen?

Keller: Neben dem Zuschlagskriterium Preis setzen wir vor allem auf baustellenspezifische Zuschlagskriterien. Zu einer Umreihung ist es in Folge des zweiten Zuschlagskriteriums bis dato erst in einem Vergabeverfahren gekommen. In diesem Verfahren erhielt den Zuschlag nicht das billigste Angebot. Ausschlaggebendes Kriterium waren die Tonnenkilometer, also die im Rahmen des Projekts zurückgelegten Wegstrecken.

Report: Eines der großen Themen der Bauwirtschaft ist aktuell Building Information Modeling. ÖBB und Asfinag haben erste Pilotprojekte am Laufen. Welche Rolle spielt BIM bei Ihren Ausschreibungen?

Keller: BIM ist im Magistrat der Stadt Wien zurzeit ein großes Thema. Aktuell wird etwa an der digitalen Baueinreichung gearbeitet. Auch wir wollen bei künftigen Großprojekten BIM zum Einsatz bringen, können derzeit aber noch nicht mehr dazu sagen.

Report: Laut einer aktuellen Umfrage des Bau & Immobilien Report sehen Auftragnehmer den Grund für die häufigen Nachforderungen und nicht vertragskonforme Projektübergabe in der schlechten Planung seitens des Auftraggebers und einem zu hohen Zeitdruck. Wie häufig sieht sich die MA28 mit Nachforderungen oder Baumängeln konfrontiert und wie gehen Sie damit um?  

Keller: Die Anzahl an Mehrkostenforderungen bei Aufträgen der MA 28 ist sehr gering. In Folge schlechter Planung und hohem Zeitdruck gibt es de facto keine oder nur ganz selten Mehrkostenforderungen. Baumängel sind – wie bei allen Bauvorhaben – gegeben, halten sich aber ebenfalls in einem überschaubaren Rahmen. Was Mehrkostenforderungen und Baumängel betrifft, gibt es vertragliche Regelungen, wie damit umzugehen ist. Klarerweise agiert die MA 28 im Rahmen dieser vertraglichen Regelungen.

Report: Was würden Sie sich hinsichtlich Nachforderungen von Auftragnehmern wünschen bzw. erwarten?

Keller: Die Bauunternehmen sind leider oftmals nicht in der Lage, Mehrkostenforderungen zeitgerecht anzumelden, nachvollziehbar und der ÖNORM B 2063 entsprechend darzustellen, wodurch eine Prüfung der Forderung oftmals mühsam ist. Ein höheres Maß an Professionalität und Nachvollziehbarkeit wäre wünschenswert.


MA 28: Großprojekte 2018

Bild oben: Die Instandsetzung und Neugestaltung der Favoritenstraße ist mit einem Projektvolumen von rund 46 Millionen Euro das größte Projekt der MA 28 im Jahr 2018. 

Betonfeld- und Fahrbahnsanierung äußerer Gürtel
Von 3. Juli bis 31. August 2018 wurden am gesamten Äußeren Gürtel Betonfelder saniert, die durch hohe Verkehrsbelastung beschädigt wurden, und örtliche Belagsausbesserungen vorgenommen sowie Künetten instandgesetzt.
Projektzeitraum: 3. Juli bis 31. August
Projektkosten: ca. 500.000 Euro

Instandsetzung und Neugestaltung Favoritenstraße
Durch den Ausbau der U1 wurde eine Instandsetzung und teilweise Neugestaltung der Favoritenstraße nötig. Für Fußgängerinnen und Fußgänger stehen zukünftig breite Gehsteige zur Verfügung. Baumpflanzungen sollen zu einem attraktiven Stadtbild und zu einer Erhöhung der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum beitragen. Auch das Radverkehrsangebot wird deutlich verbessert, so werden durchgängig circa 2,5 Meter bis 3 Meter breite bauliche Ein-Richtungs-Radwege realisiert. Für den motorisierten Verkehr wird ein Fahrstreifen pro Fahrtrichtung zur Verfügung stehen.
Projektzeitraum: 26. März bis 15. Dezember
Projektkosten: ca. 46 Mio. Euro

Erneuerung Hadikgasse
Die Hadikgasse wird täglich von durchschnittlich 37.000 Kraftfahrzeugen befahren. Um die Verkehrstauglichkeit trotz der hohen Beanspruchung speziell durch den Bus- und LKW-Verkehr über einen möglichst langen Zeitraum zu gewährleisten, wurden der rechte Fahrstreifen sowie der Stauraumbereich vor der Kennedybrücke in Betonbauweise ausgeführt. Zudem wurde eine sogenannte Randsteinentwässerung auf Seite der geraden Orientierungsnummern hergestellt.
Projektzeitraum: 3. Juli bis 2. September
Projektkosten: ca 1,8 Mio. Euro 

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