Freitag, Juli 19, 2024

2016 hat für die heimische Bauwirtschaft einige wichtige Neuerungen gebracht. Wie sich die einzelnen Maßnahmen in der Praxis auswirken und welche Baustellen noch offen sind, erklärt Hans-Werner Frömmel, Bundesinnungsmeister der Bundesinnung Bau, in einem Gastkommentar.

Nach mehreren Jahren mit quasi Nullwachstum war 2016 der Hauch eines zarten Aufschwungs spürbar. Laut aktuellem Euroconstruct-Bericht verzeichnete Österreichs Bauwirtschaft ein Wachstum von 1,6 Prozent. Auch der Ausblick des WIFO für 2017 gibt Hoffnung: Mit prognostizierten 1,4 Prozent liegt das Wachstum der Baubranche nur geringfügig unter jenem der Gesamtwirtschaft. Nichtsdestotrotz stellte uns 2016 wieder vor einige Herausforderungen. Vor allem im Bereich des Vergaberechts und der Sozialpolitik brachte das abgelaufene Jahr einige gewichtige Steine ins Rollen.

Wesentliche Maßnahmen

Die EU wollte schärfere Regeln bei der Entsendung von Arbeitern. Die Mitgliedstaaten waren dazu angehalten, diese Durchsetzungsrichtlinie in nationale Gesetze umzusetzen. Herausgekommen ist in Österreich ein neues, modifiziertes Lohn- und Sozial­dumping-Bekämpfungsgesetz. Dieses trat am 1.1.2017 in Kraft und bringt zwei wesentliche Neuerungen: Bei der Beschäftigung von entsandten Arbeitern wird erstmals auch für den Bauherren eine Haftung eingeführt. Das Besondere daran: Diese gilt auch für Privatpersonen oder öffentliche Auftraggeber. Weiters wird durch dieses Gesetz die Vollstreckung von Strafbescheiden im Ausland erleichtert. Das ist ein elementar wichtiger Schritt. Die mangelnde Vollziehung von in Österreich verhängten Strafen im Ausland war bisher ein großer Kritikpunkt der heimischen Betriebe – und das völlig zurecht.
Mit dem verpflichtenden Bestbieterprinzip bei öffentlichen Bauaufträgen trat eine weitere wesentliche Gesetzesnovelle am 1. März 2016 in Kraft. Diese Novelle des Vergaberechts war eine jahrzehntelang geforderte Maßnahme der Bauwirtschaft. Das Bestbieterprinzip ist ein wirksames Werkzeug im Kampf gegen einen unfairen Wettbewerb.

Aus wirtschaftspolitischer Sicht verlief das Jahr 2016 durchaus erfreulich: Mit der Gründung der Wohnbauinvestitionsbank (WBIB) kann die Wohnbauoffensive operativ starten. So sollen in den nächsten fünf Jahren zusätzlich 30.000 Wohnungen entstehen und 20.000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Der Scheck für die thermische Sanierung (43 Mio. Euro) und der Handwerkerbonus (20 Mio. Euro) wurden von den Verbrauchern gut angenommen. Beide Maßnahmen werden 2017 fortgeführt. Die Förderungen für die Siedlungswasserwirtschaft sind ebenfalls gesichert. Weiters werden 2017 130 Mio. Euro  zur Unterstützung des flächendeckenden Breitbandausbaus bereitgestellt. In seiner Budgetrede im Oktober kündigte Finanzminister Schelling zudem an, die Lohnnebenkosten der Unternehmen bis 2018 stufenweise abzusenken – das Volumen: bis zu einer Milliarde Euro pro Jahr. Im Bereich der Infrastruktur leistet der Bund 2017 Zahlungen von 4,1 Mrd. Euro.

Vergebene Chance

Aber es gibt auch einen Wermutstropfen: Durch den 2016 beschlossene Finanzausgleich wird der Wohnbauförderungsbeitrag mit Wirkung 2018 zu einer ausschließlichen Landesabgabe. Ich frage mich: Warum wurde die Zweckbindung der Wohnbauförderung blockiert? Wenn die Länder behaupten, die Bundeswohnbaugelder ausschließlich für leistbares Wohnen einzusetzen, dann kann einer Zweckbindung ja nichts im Wege stehen.

Immerhin sieht der neue Finanzausgleich eine bundeseinheitliche Bauordnung vor, um das Bauen günstiger zu machen. Auch sollen überbordende Standards im sozialen Wohnbau gesenkt werden, was wir als Bundesinnung durchaus begrüßen.

Zukünftige Aufgaben

Wir als Interessensvertretung werden unter anderem genau darauf schauen, wie sich die Wohnbauoffensive entwickelt und sich das Bestbieterprinzip in der Praxis auswirkt. Auch das Thema Arbeitszeit wird uns 2017 intensiv beschäftigen.
Ein fairer Wettbewerb bei gleichzeitiger Reduktion der Bürokratie muss aus unserer Sicht kein Widerspruch sein, ganz im Gegenteil. Hier gilt es, auch in Zukunft den Hebel anzusetzen.

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