Samstag, Dezember 21, 2024

Die digitale Revolution ist nicht nur in IT-Kreisen ein vieldiskutiertes Thema. Schließlich haben die von ihr ausgelösten Folgen gesamtgesellschaftliche Relevanz. Nach und nach zeigt sich, dass sie in ihrer Dynamik die gesamte Wirtschaft transformiert, indem sie völlig neue Business-Ansätze auf den Markt wirft und gleichzeitig altbekannte Geschäftsmodelle hinterfragt und oftmals gar deren Aussterben bewirkt. Den negativen Folgewirkungen, die beispielsweise Uber für das Taxigewerbe und airbnb für die Hotellerie deutlich machen, steht jedoch eine Vielzahl an Chancen gegenüber – Chancen, die nicht nur für Mittelständler und Konzerne bestehen. Sie standen bisher im Fokus, wenn es um die Digitalisierungswelle und ihre Folgen ging. Aber auch kleinen Betrieben bietet sich großes Potenzial.

Friseure, Handwerksbetriebe, Restaurants, Sport-Anbieter und andere kleine, lokale Dienstleister haben zu einem kleinen Teil Digitalisierungs-Offensiven vorangebracht. Sie sind sehr zurückhaltend, was eine Vielzahl von Gründen hat. Zunächst ist festzustellen, dass bei den Verantwortlichen oftmals das Bewusstsein für die Chancen und Möglichkeiten der Digitalisierung fehlt. Andere fürchten sich vor mangelndem technischen Know-how oder hohen Kosten für die entsprechenden Software-Lösungen. Die Chancen und Möglichkeiten von Digitalisierungslösungen werden von vielen gleichzeitig stark unterschätzt. Diese sind dabei nicht nur produkt- und vertriebsseitig zu sehen, sondern betreffen genauso Prozesse in der Verwaltung, der Kundenkommunikation, dem Marketing und anderen geschäftskritischen Feldern.

Es gibt jedoch starke Anzeichen dafür, dass die Digitalisierung auch bei den „Kleinen“ ankommen wird. Das Bewusstsein für die digitale Transformation wächst – sie kann Instrumente liefern, um sich deutlich vom Wettbewerb abzusetzen. Darüber hinaus wird das Kostenargument immer schwächer: Nach und nach werden angepasste, bezahlbare Lösungen für kleine Dienstleister oder Anbieter mit einem Netz an kleinen Filialen auf den Markt kommen.

Welches Potenzial die Digitalisierung für kleine, lokale Anbieter hat, lässt sich am besten anhand von konkreten Beispielen und Anwendungsszenarien illustrieren.

Online-Terminbuchung wird zum Standard
Für alle Dienstleister, deren Geschäft mit Terminen verbunden ist – Beispiele sind Friseure, Handwerker, Werkstätten oder Ärzte – ist die Online-Terminbuchung ein durchaus erfolgsversprechendes Instrument. Online bedeutet Zeit- und Ortsunabhängigkeit. Für die Kunden hat dies zur Folge, dass sie auch spätabends in aller Ruhe nachsehen können, wann ein Termin zur Verfügung steht. Telefonisches „Termin-Ping-Pong“, bei dem der gewünschte Termin bereits geblockt ist und umständlich eine für beide Seiten passende Alternative gesucht werden muss, entfällt. Die Dienstleister sind dagegen immer buch- und erreichbar. Sie werden nicht mehr durch Anrufe gestört (oder durch Nachrichten über Social-Media-Plattformen), können sich auf ihr Hauptgeschäft konzentrieren und erhöhen nebenbei ihre Auslastung. Unbeantwortete Anfragen oder nicht angenommene Telefonanrufe gehören somit der Vergangenheit an. Darüber hinaus bietet die Terminbuchung über ein Webportal weitere Vorteile: So lässt sich eine automatische Erinnerungs-SMS damit verknüpfen, die den Kunden an seine Reservierung erinnert oder ermöglicht, unkompliziert zu stornieren, wodurch der Termin automatisch wieder freigegeben wird. Hierdurch erhöht sich die Auslastung und der damit verbundene Umsatz. Gerade bei Dienstleistungen im höheren Preissegment ist ein ausgefallener Termin oftmals spürbar geschäftsschädigend.

Immer mehr Dienstleister werden sich mit dieser Form der Terminvergabe beschäftigen und es ist davon auszugehen, dass Online Booking nach und nach zum Standard wird.

Kunden-Management und Marketing
Ein weiteres Beispiel für die Wirksamkeit digitaler Lösungen sind Kunden-Management und – damit zusammenhängend – das Marketing. Hier kann auch für kleine Dienstleister ein schlankes CRM-System von hohem Wert sein. Wann war der Kunde zum letzten Mal vor Ort? Trinkt er seinen Kaffee schwarz oder mit Milch? Welches sind seine besonderen Wünsche? Diese und weitere Informationen können für einen individuellen Service von großer Nützlichkeit sein.

Am Beispiel eines Friseursalons lassen sich weitere Szenarien deutlich machen. Hier kann beispielsweise ein Foto des Kunden geschossen und die Haarfarbe notiert werden, wenn dieser besonders zufrieden war. Oder der Kunden schickt vorab ein Foto seiner Wunschfrisur, die er womöglich bei einem Fußballstar gesehen hat.

Diese Optionen wirken in der Einzelbetrachtung oftmals nicht wie ein großer Wurf, bewirken in Summe aber, dass der Kunde zufriedener ist, weil er das erhöhte Service-Level zu schätzen weiß. Somit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass er zum Stammkunden wird oder gegenüber Dritten eine Empfehlung ausspricht.

Darüber hinaus ermöglicht ein CRM auch kleinen Betrieben, effizientes Marketing zu betreiben, ohne dabei große Summen in die Hand nehmen zu müssen. Diese kommen aus Budgetgründen oftmals nicht über eine kleine Anzeige in der Lokalzeitung hinaus – wenn überhaupt. Durch ein CRM haben sie die Option, Kundengruppen zu generieren, um diese mit einer gezielten Ansprache zu erreichen. Beispielsweise lassen sich so spezielle Newsletter versenden. Für die Kundenbindung ist dies ein sehr wirksames Instrument.  Auf diese Weise eröffnet sich einem Restaurant etwa die Möglichkeit, tagesaktuell seine Mittagskarte an Berufstätige aus der Gegend zu verschicken oder auf spezielle Aktionen aufmerksam zu machen. Hier gibt es also bei kleinen Anbietern noch großes Potenzial und entsprechenden Nachholbedarf.

Die Digitalisierung kommt bei den „Kleinen“ an
Die erläuterten Beispiele lassen sich um viele weitere ergänzen, beispielsweise Optionen zur besseren Sichtbarkeit im Web, eine eigene App oder digitale Kassenlösungen. Eines wird deutlich: Die Digitalisierung kommt zunehmend auch bei kleinen Anbietern, lokalen Dienstleistern, an. Ihre Bedeutung als Wettbewerbsfaktor wird steigen. Auch wenn erfolgreiche Anbieter mit großem Stammpublikum nicht fürchten müssen, dass ihnen bei einer Verweigerung digitaler Lösungen von heute auf morgen die Kundschaft ausbleibt, so werden in fünf bis zehn Jahren digitale Prozesse auch in diesem Umfeld ein entscheidender geschäftlicher Vorteil sein. Die digitale Transformation bietet Friseuren, Handwerkern und Co. große Möglichkeiten in Sachen Effizenzsteigerung in ihrem operativen Business sowie der verbesserten Kommunikation zu Kunden. Die Kosten werden dabei mit dem wachsenden Angebot passender Lösungen für kleine Anbieter sinken. Und oftmals amortisieren sich diese schon durch kleine Anwendungen – beispielsweise durch weniger ausgefallene Termine durch eine automatische SMS-Erinnerung.

Fraglos ist die Digitalisierung dabei kein Selbstläufer. Es gilt, sinnvolle Ziele zu definieren, die richtigen Tools einzusetzen und deren Potenzial auch auszuschöpfen. Aber die damit verbundenen Chancen sind immens. Wer diese Chancen konsequent nutzt, wird am Ende sichtbar profitieren – ganz egal, ob Großkonzern oder fünfköpfiger Friseurbetrieb.



Über den Autor
Alexander Henn, Jahrgang 1985, hat Shore im Jahre 2012 gegründet und leitet als Geschäftsführer die operativen Geschäfte des Start-ups, welches ein breites Portfolio an Digitalisierungslösungen für kleine, lokale Dienstleister anbietet – von der Online-Terminbuchung über ein CRM-System bis hin zu einer digitalen Kassenlösung. Der Vollblutunternehmer gründete bereits mit 15 Jahren sein erstes Unternehmen und brachte zudem weitere erfolgreiche Start-ups auf den Weg, unter anderem Libute.de, einen Online-Shop für exklusive Haarprodukte.

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