Das Forschungsprojekt der ASCR in Wien sorgt für europaweit neue Lösungen zum Schutz des Klimas. Das Ziel ist die Entwicklung wirtschaftlicher Lösungen für die Energiezukunft im urbanen Raum.
Mit dem European Green Deal hat die Europäische Kommission ihr Schlüsselprojekt für eine klimaneutrale und ressourcenschonende Wirtschaft vorgelegt.
»Die damit verbundenen Herausforderungen für die Wirtschaft und die Gesellschaft sind hoch. Der Schlüssel liegt eindeutig in der Weiterentwicklung unserer Städte und der Nutzung modernster Technologien. Um den stetig steigenden Energiebedarf zu decken, müssen daher alle möglichen Technologien, die CO2 reduzieren, zum Einsatz gebracht werden«, sagt Siemens Österreich Generaldirektor Wolfgang Hesoun anlässlich eines Meilensteins, der nun in der Seestadt Aspern in Wien erreicht wurde.
Die zweite Forschungsperiode 2023 von Aspern Smart City Research (ASCR) hat ihre Halbzeit erreicht. Hesoun zeigt sich dankbar, dass die Stadt Wien – mit den Unternehmen Wien Energie, Wiener Netze, Wien 3420 und Wirtschaftsagentur Wien – gemeinsam mit Siemens bereits 2013 den Startschuss für ein europaweit einzigartiges Forschungsprojekt zur Energiezukunft im urbanen Raum gegeben hat.
Ziel der ASCR ist es, marktnahe, skalierbare und wirtschaftliche Lösungen für die Energiezukunft im urbanen Raum zu entwickeln und das Energiesystem effizienter und klimafreundlicher zu machen. Im Zuge des Energieforschungsprojektes werden komplexe, aber sehr zentrale energiepolitische Fragestellungen aus wesentlichen Domänen des Energiesystems – interdisziplinär und anhand von Echtdaten und Betriebserfahrungen aus Feldtests – beantwortet. Auch werden die Forschungsfragen laufend an aktuelle Herausforderungen angepasst.
»Zur Entwicklung einer klimaneutralen, nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft braucht es neue Zugänge und – wie sich nun zeigt – eine immer engere Kooperation zwischen Stadtentwicklern, Energieanbietern, Netzbetreibern, der Wohnungswirtschaft, Bauträgern und der Industrie. Diese haben wir hier – im Übrigen auch dank der Unterstützung von Bewohnerinnen und Bewohnern – in Teilen der Seestadt Aspern gefunden«, so Hesoun weiter.
Aufgrund der Aktualität der Herausforderungen besitzt dieses Projekt mittlerweile eine Strahlkraft, die weit über Österreich hinaus reicht. Dies zeigt sich unter anderem auch am Interesse zahlreicher internationaler Delegationen, die jährlich den ASCR-Showroom besuchen und die Expertise der Expert*innen in Anspruch nehmen.
Schwerpunkt der zweiten Phase
Während es in der ersten Phase des Forschungsprojektes 2013 bis 2018 um den Aufbau der notwendigen Forschungsinfrastruktur als Basis für die Erfassung von Echtzeit-Daten und die praktische Erprobung von Lösungskonzepten ging, liegt der Schwerpunkt der zweiten und aktuell noch laufenden Phase von 2019 bis 2023 in der Überleitung der Lösungskonzepte in den laufenden Systembetrieb des jeweils betreffenden Marktteilnehmers.
Dabei spielen die Reduktion der Systemkomplexität für die Anwender*innen, und die Automatisierung von Betriebsprozessen auf Basis der gewonnenen Daten und Betriebserfahrungen eine wesentliche Rolle. Ziel ist die Schaffung von praxistauglichen Lösungen für Bewohner*innen, Netz- und Gebäudebetreiber sowie Energielieferanten.
Die Basis dafür bilden die nahtlose Kommunikation von Gebäuden mit ihren Bewohner*innen, dem intelligenten Netz und Energiemärkten über Aggregatoren, Energiedienstleister und Handelsplattformen sowie darüber hinaus das smarte Laden von Elektro- und Hybrid-Autos und die Analyse neuer Ansätze der Bereitstellung thermischer Energie für dezentrales Heizen und Kühlen. Themen, die im Rahmen der Forschungsgesellschaft pilotiert wurden, kommen auch bereits zum Einsatz, etwa in Österreich im Rahmen eines konkreten Projekts mit der Bundesimmobiliengesellschaft.
Wolfgang Hesoun, Generaldirektor von Siemens Österreich: »Um Überlastungen zu vermeiden ist es wichtig, die Intelligenz von Gebäuden und Netzen zu erhöhen.«
»Wenngleich es uns bereits gelungen ist, beträchtliche CO2-Einsparungen dank optimal aufeinander abgestimmter Erzeugungs-, Speicher- und Verbraucher-Komponenten zu erzielen, sind wir mit unseren Analysen und dem Aufspüren innovativer Lösungsideen noch nicht zu Ende«, so Hesoun. Bei entsprechenden Rahmenbedingungen wie etwa der Nutzbarkeit von Sonne und Grundwasser können urbane Stadtteile heute schon thermisch autark und mit hohem eigenerzeugten Energieanteil betrieben werden.
Doch je mehr erneuerbare Energie in das Netz eingespeist wird oder aber je mehr neue elektrische Verbraucher, wie Elektromobilität, zum Einsatz kommen, desto eher kann es zu einer Überlastung der Netze kommen. »Um dies zu vermeiden ist es wichtig, die Intelligenz von Gebäuden und Netzen zu erhöhen. Hier spielen modernste Monitoring- und Analysetools sowie intelligente Sensorik und digitale Managementsysteme eine vielfach noch unterschätze Rolle«, ist Hesoun überzeugt.
Projekt »Smart Charging«
Intelligenz in den Netzen ermöglich auch die Verkehrswende auf der Straße. Seit September 2020 wird in der Seestadt Aspern zum Thema »Smart Charging« geforscht. Die ASCR untersucht dabei im multifunktionalen Hochgarage SeeHub Lademöglichkeiten, um Produktionsspitzen erneuerbarer Energie flexibel abzuschöpfen.
E-Fahrzeughalter*innen können mittels eigener App gratis tanken. »Wir unterstützen die Entwicklung einer intelligenten Ladeinfrastruktur, die kein geschlossenes System darstellt, sondern mit dem Fahrzeug, mit lokalen Energieproduktionsstätten, dem Netz und schließlich den Energiemärkten interagiert«, erklärt ASCR-Geschäftsführer Robert Grüneis. »Dabei suchen wir nach Ladestrategien, die umweltfreundlich, kundenorientiert und gleichzeitig netzdienlich sind.«
Auf dem Dach der Parkgarage befindet sich eine Photovoltaikanlage, die in Verbindung mit einem Batteriespeicher und einem dynamischen Netzanschluss das von Siemens entwickelte Lademanagement »E-Car Operation Center« versorgt. Im Zusammenspiel mit dem lokalen Microgrid Controller ermittelt das Ladesystem künftig für die zur Verfügung stehende Parkdauer die optimale Ladestrategie. Dabei werden nicht nur Fahrzeugtype, aktueller Ladestatus und Netzparameter berücksichtigt, sondern auch Wetterprognosen für die Energieproduktion der PV-Anlage einbezogen.
Forschung und Technik
Beispiele, woran ASCR in Aspern forscht und welche Technik eingesetzt wird:
- BIM (Building Information Modeling) Viewer: Als Teil von Building Information Modeling erhalten Gebäudebetreiber nun neue Einblicke in ihre Gebäude und die verbauten Produkte.
- Building Energy Management System (BEMS): BEMS ermöglicht eine lückenlose Energieverwaltung zwischen Gebäuden und Energienetzen und kann den energie- und kostenoptimierten Betrieb ganzer Gebäude sicherstellen.
- Desigo CC: Integrierte, skalierbare und offene Gebäudemanagement-Plattform, um leistungsstarke Gebäude zu managen.
- SICAM A8000: Modulare Gerätereihe für Fernwirk- und Automatisierungsanwendungen in allen Bereichen der Energieversorgung mit hohen Anforderungen an die Verfügbarkeit.
- SICAM EGS – Enhanced Grid Sensor: Netzsensoren bieten Transparenz über die Anlagenauslastung in der Niederspannungsinfrastruktur. Sie sind die Basis für Lösungen zur Digitalisierung des Verteilnetzes.
- SICAM ChargeControl: Koordiniertes Lademanagement für Elektroautos zur Entlastung der untersten Netzebenen.
- SICAM Microgrid Control: Erste technologische Basis für den Aufbau netzdienlicher Energiegemeinschaften. SICAM Microgrid Control überwacht, steuert und optimiert den lokalen Energieverbrauch.