In vielen Unternehmen ist das Führen mit Zielen zu einer technokratisch gehandhabten Führungsmethode erstarrt – auch weil viele Führungskräfte nicht wissen, wann sich Ziele positiv auf die Leistung von Mitarbeitern auswirken.
Von Reiner Voss
Die SMART-Formel kennt fast jede Führungskraft. Zumindest hat man den Begriff schon irgendwo einmal gehört. Denn das sogenannte »Führen mit Zielen«, also das Vereinbaren von Jahreszielen mit den Mitarbeitern und das unterjährige Besprechen der (Zwischen-)Ergebnisse ist heute Standard im Führungsbereich. Die SMART-Formel besagt nichts anderes, als dass die mit den Mitarbeitern vereinbarten Ziele spezifisch, messbar, akzeptiert, realistisch und terminiert – eben SMART – sein sollten. Denn nur dann entfalten sie ihre motivierende Wirkung. Und nur dann kann mit ihnen das Alltagshandeln der Mitarbeiter und somit der Erfolg gesteuert werden.
Viele Führungskräfte wissen aber nicht, unter welchen Voraussetzungen sich Ziele positiv auf die Leistung von Mitarbeitern auswirken. Entsprechend technokratisch ist zuweilen ihr Umgang mit ihnen, weshalb das »Führen mit Zielen« zu einer bürokratisch genutzten Führungsmethode erstarrt.
Ziel oder Absichtserklärung?
Ziele wirken nur motivierend, wenn ein Mitarbeiter sich das Ziel entweder selbst gesetzt hat oder er dieses als für sich wichtig akzeptiert. Inwieweit dies der Fall ist, daran sind im Führungsalltag oft Zweifel angebracht. Reagiert ein Mitarbeiter auf eine Zielvorgabe seines Vorgesetzten nur mit einem Kopfnicken, dann ist Vorsicht geboten, ob der Mitarbeiter der Vorgabe tatsächlich zustimmt und er sich an sie gebunden fühlt.
Ähnlich ist es, wenn ein Mitarbeiter auf die Frage seines Vorgesetzten, was er sich fürs kommende Jahr vornimmt, um die Zielvorgabe zu erreichen, mit so allgemeinen Formulierungen antwortet wie: »Ich will besser werden.« Oder: »Ich bringe mich stärker ins Team ein.« Dann hat der Mitarbeiter nur eine Absicht formuliert. Was er konkret zu tun gedenkt, um die Zielvorgabe zu erreichen, bleibt offen.
Führung ist gefragt
Auf die steuernde Wirkung von Zielen zu setzen, bedeutet: Die Führungskraft muss dafür sorgen, dass der Mitarbeiter das angestrebte Ergebnis akzeptiert und konkret und lebendig vor Augen hat und die Entscheidungen über den persönlichen Ressourceneinsatz mit Blick auf die Zielerreichung trifft. Es muss dafür gesorgt werden, dass die Anstrengungen erhöht werden, wenn dies für die Zielerreichung nötig ist und die Maßnahmen gewählt werden, die der Zielerreichung am dienlichsten sind.
Dafür müssen die Vorgesetzten einen wesentlichen Beitrag leisten. Sie müssen dem Mitarbeiter die Hintergründe der Zielvorgaben erläutern, damit sie verstanden werden und ein Mitdenken möglich wird. Die vorgetragenen Bedenken müssen ernst genommen werden, denn sie zeigen, dass sich der Mitarbeiter gedanklich mit der Zielvorgabe auseinandersetzt. Weiters müssen die Mitarbeiter von der Wichtigkeit des Ziels überzeugt werden. Das setzt voraus, dass die Führungskraft selbst vom Ziel überzeugt ist und sich auf das Gespräch vorbereitet hat und dieses nicht zwischen Tür und Angel führt. Und schließlich müssen mit dem Mitarbeiter alle Punkte besprochen werden, die die Zielerreichung gefährden könnten. Das erhöht die Realisierungschancen und die Bindung des Mitarbeiters an das Ziel.
Kommunizieren und nochmals kommunizieren
Viele Vorgesetzte unterschätzen massiv, wie wichtig das formale Setting des Gesprächs ist. Niemals sollte man gestresst und unter Zeitdruck in das Gespräch gehen. Für neue Ideen und auch unkonventionelle Lösungsvorschläge sollte man offen sein. Und wenn bei dem Mitarbeiter Zweifel an der Richtigkeit oder Erreichbarkeit des Ziels bestehen, dann sollte die Führungskraft ihm Zeit zum Nachdenken geben und eventuell Kollegenkreis regelmäßig fragen, warum mit ihm ein zweites Gespräch vereinbaren – Mitarbeiter (nicht) das gewünschte Verhalten zeigen und warum ihre Worte (nicht) die statt auf ein Commitment zu drängen.
Ein weiterer, wichtiger Aspekt ist die Konsequenz: Mitarbeiter verfolgen ein Ziel nur dann nachhaltig, wenn sie sich langfristig an dieses gebunden fühlen. Deshalb sollten Führungskräfte immer wieder mit ihren Mitarbeitern über die vereinbarten Ziele und den Grad der Zielerreichung sprechen. Denn ein Nachfragen auch in den informellen Gesprächen zwischen den vereinbarten Reports signalisiert den Mitarbeitern, dass sich an der Wichtigkeit des Ziels nichts geändert hat und alle Mitarbeiter weiter auf dem Monitor der Führungskraft sind.
Richtig Feedback geben
Ein weiteres zentrales Element, um Mitarbeiter langfristig für das Erreichen gewisser Ziele zu motivieren, sind regelmäßige Rückmeldungen. Feedback kann wie ein Turbo wirken – wenn es zeitnah und sachlich erfolgt. Denn dann erhält der Mitarbeiter rechtzeitig Informationen darüber, ob er »auf Kurs liegt«. Das ermöglicht es ihm, seine Anstrengung und die Ausrichtung seiner Handlungen so anzupassen, dass die Zielerreichung näher rückt.
Doch Vorsicht! Studien belegen, dass Feedback nicht immer leistungsfördernd wirkt – zuweilen wirkt es sogar leistungsmindernd. Entscheidend für die Wirkung eines Feedbacks ist die Art, wie es vermittelt wird. Leistungsfördernd ist ein Feedback, das sich unmittelbar auf die Aufgabe oder auf Aufgabendetails bezieht. In diesem Falle richtet der Mitarbeiter seine Aufmerksamkeit auf die Aufgabe und ihre Bewältigung, und er wird zum Lernen angeregt. Leistungsmindernd hingegen wirken meist Bewertungen, die sich auf die Person des Mitarbeiters beziehen – positiv oder negativ. Aussagen wie »Ich erkenne nicht, dass Sie einen produktiven Beitrag leisten« führen dazu, dass sich die Aufmerksamkeit des Mitarbeiters von der Aufgabe abwendet und er eine Verteidigungshaltung einnimmt. Ähnliches passiert oft umgekehrt. Der Hinweis »Sie sind spitze« löst bei manchen Mitarbeitern Selbstgefälligkeit aus und führt eher zu einem Absinken ihrer Leistung.
Deshalb sollten Führungskräfte neben dem Vereinbaren von Zielen auch das personenbezogene Feedbackgeben trainieren. Außerdem sollten sie sich alleine oder im Kollegenkreis regelmäßig fragen, warum Mitarbeiter (nicht) das gewünschte Verhalten zeigen und warum ihre Worte (nicht) die gewünschte Wirkung entfalten.
Das heißt: Führungskräfte sollten regelmäßig ihr Verhalten und dessen Wirkung reflektieren. Denn dann können sie lernen und ihr Führungsverhalten optimieren – und somit ihren Beitrag dazu leisten, dass die Leistung ihrer Mitarbeiter und ihres Bereichs steigt.
Zum Autor
Reiner Voss ist Inhaber des Trainingsunternehmens Voss+Partner, Hamburg. Das Institut bietet das Original »Situational Leadership«-Seminar von Dr. Paul Hersey in Deutschland, Österreich und der Schweiz an, in dem auch das Thema »Führen mit Zielen« erörtert wird. www.voss-training.de