Wer waren 2013 die Persönlichkeiten, die Österreich bewegten? Wer agiert heuer beispielgebend in Wirtschaft und Gesellschaft?
Daniel Brühl
Das hat uns noch gefehlt: Ausgerechnet ein Deutscher spielt Niki Lauda im Formel-1-Drama »Rush«. Daniel Brühl gelingt die Darstellung der Rennfahrerlegende rund um den spektakulären Unfall am Nürburgring aber so erfrischend unsympathisch, dass sich sogar Niki Nazionale beeindruckt zeigte: »War ich wirklich so ein Arschloch?« Mithilfe einer Sprachtrainerin lernte Brühl zunächst Österreichisch, dann auch Laudas spezielles Englisch. Im Rennen um eine Oscar-Nominierung ging Ron Howards Charakterstudie leider leer aus.
Papst Franziskus
Jorge Mario Bergoglio, der im März als Nachfolger von Benedikt XVI. zum Papst gewählt wurde, ist in mehrerlei Hinsicht eine Überraschung. Der quirlige Argentinier ist der erste Jesuit und der erste Lateinamerikaner in diesem Amt – und auch der Erste, der an den Grundfesten der katholischen Kirche rüttelt. Obwohl als konservativ verschrien, verzichtet Franziskus ganz im Duktus seines Namensgebers auf jeglichen Pomp, weigert sich, in den Apostolischen Palast einzuziehen, geht recht unbefangen auf Menschen zu und will jetzt auch noch die Kurie reformieren. Für den Vatikan gleicht das einer Revolution.
Michael Gerbavsits
Innerhalb der EU gibt es neuerdings wieder einen Rückschlag für die Energiewende. Dabei wäre der Wandel gar nicht so schwer, wie es das Burgenland derzeit eindrucksvoll vorzeigt. 2013 erzeugte die Energie Burgenland, ehemals BEWAG, aus erneuerbarer Energie mehr Strom, als im gesamten Bundesland verbraucht wird. Vorstandsdirektor Michael Gerbavsits schafft dies vor allem mit Windkraft – auch ohne Volksaufstände zu provozieren. Sein Geheimnis: Gerbavsits ist ein Manager, der nicht nur in Zahlen denkt, sondern auf die Leute zugeht. Auf den Baustellen ist er auch einmal selbst anzutreffen, um sich vor Ort ein Bild zu machen – unverfälscht.
Karl Sevelda
Andere gehen in Pension, Karl Sevelda sprang mit 63 als Chef der Raiffeisen Bank International ein. Herbert Stepic, der über 40 Jahre die Fäden in Osteuropa geknüpft und gezogen hatte, war über steuerschonende Immobiliengeschäfte gestolpert. Sevelda trat ein schweres Erbe an. In einigen Ländern verzeichnete die RBI herbe Verluste, ein rigider Sparkurs im ganzen Konzern ist angesagt.
Sabine Herlitschka
Infineon Österreich bleibt fest in Frauenhand. Monika Kircher gibt nach 13 Jahren die Unternehmensführung an Sabine Herlitschka ab. Die Biotechnologin galt als heiße Anwärterin auf das Rektorat der TU Graz – den Job bekam jedoch ein Mann. Nun managt die 47-jährige Forscherin, die sich als Quereinsteigerin sieht, den erfolgreichen Halbleiterkonzern. Auch sie setzt auf Frauenpower: »Bis 2015 wollen wir zehn Prozent Frauen in Führungspositionen.«
Matthias Strolz
Matthias Strolz entwickelte eine Idee, an die zunächst außer ihm selbst nicht wirklich viele glaubten. Seit 1986, dem Einzug der Grünen ins Parlament, hat es keine neue Kraft, die nicht eine Abspaltung einer alten Partei war, in den Nationalrat geschafft. Er gewann das Liberale Forum als Verbündete und löste zum richtigen Zeitpunkt einen Hype aus. Mit 5 % der Stimmen stellt die Jungpartei neun Abgeordnete. Jetzt tritt das Unternehmen NEOS in eine neue Phase ein. Da muss Strolz beweisen, dass er nicht nur Mut hat und kommunizieren kann, sondern auch ein Stratege ist.
Edward Snowden
Ein 29-jähriger Computerfreak kämpft gegen die Mächtigen der Welt – nein, kein Hollywood-Blockbuster: Edward Snowden, als IT-Techniker zuvor für die Computersysteme des mächtigen US-Militärgeheimdienstes NSA zuständig, setzt sich mit vier Laptops und etlichen USB-Sticks nach Hongkong ab. Sein brisantes Material interessiert nicht nur die Journalisten der Washington Post und des Guardian. Es legt ein umfassendes Spionagesystem offen, das die weltweite Überwachung privater Telefondaten, E-Mails, Internetaktivitäten und Kreditkartentransaktionen ermöglicht. Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wurde abgehört, Präsident Obama bemüht sich um Beschwichtigung. Snowden hat es sich nicht unbedingt verbessert. Er sitzt derweil mit Putins Duldung in Moskau im Asyl.
Michael Landau
Er ist Chemiker, Theologe, passionierter Billardspieler – und seit November 2013 Präsident der Caritas Österreich. Auch in Zukunft will sich Landau kein Blatt vor den Mund nehmen. Sein couragiertes Engagement für die Flüchtlinge in der Wiener Votivkirche brachte ihm Schelte von Politik und Boulevardmedien ein. Den Spätberufenen — Landau ließ sich erst mit 20 taufen und trat mit 26 ins Priesterseminar ein — konnte das nicht beirren.
Florian Gschwandtner
Es läuft wie geschmiert für die Runtastic-Gründer Florian Gschwandtner, Alfred Luger, René Giretzlehner und Christian Kaar. Was als Studentenprojekt an der FH Hagenberg begann, wuchs zu einem höchst profitablen Betrieb heran. Runtastic steht heute für eine ganze Reihe von Sport- und Fitness-Apps, die mehr als 46 Millionen Mal heruntergeladen wurden. Im Oktober übernahm der Medienkonzern Axel Springer AG 50,1 % der Anteile und machte die vier Jungunternehmer zu Millionären.
Die Top-Managerin
Sie blieb in Österreich auch 2013 eine Ausnahmeerscheinung: Laut AK Wien sind in den Vorständen der österreichischen Top-200-Unternehmen nur 5,6 % Frauen vertreten, in den Aufsichtsräten 13,5 %. In fast der Hälfte der Unternehmen gibt es weder im Vorstand noch im Aufsichtsrat eine Frau. In den Vorständen der börsennotierten Unternehmen ist die Anzahl der Managerinnen auch sehr überschaubar: Es sind genau sieben. Österreich zählt damit nach wie vor zu den Schlusslichtern in Europa.
Marcel Koller
Knapp daneben ist auch vorbei: Die Fußball-WM in Brasilien wird ohne österreichische Beteiligung stattfinden. Die Sympathien der Fans hat Teamchef Marcel Koller trotzdem auf seiner Seite. Bei seinem Antritt im Oktober 2011 schlug ihm noch Skepsis entgegen, vor allem von allen, die den Job gerne hätten, und jenen, die ihn schon mal hatten. Zum Beispiel Herbert Prohaska: »Solche Trainer haben wir bei uns genügend.« Zwei Jahre später hat Österreich das Ziel der WM-Qualifikation knapp verfehlt. Der kleine besonnene Schweizer wird dennoch mit Lobeshymnen überschüttet, Facebook-Kampagnen sollten ihn zur Vertragsverlängerung mit dem ÖFB überreden. Übrigens: In Kontinentaleuropa setzte sich Fußball im 19. Jahrhundert zuerst in der Schweiz durch. Jetzt zeigen sie unseren Kickern, wie es geht.
Janet Yellen
In der hundertjährigen Geschichte der Federal Reserve Bank ist Janet Yellen die erste Präsidentin. Auch weltweit gibt es keine Frau an der Spitze einer derart mächtigen Notenbank. Auf die Harvard-Professorin warten große Herausforderungen: Die lockere Geldpolitik muss gedrosselt werden — nach Möglichkeit ohne die Finanzmärkte zu verunsichern.