Krisensichere Jobs, Karrierechancen auch für Quereinsteiger und Frauen: Die Versicherungsbranche sucht 2.000 neue Mitarbeiter – eine Imagekampagne soll mit veralteten Klischees aufräumen.
Zugegeben: Kinder würden, nach ihrem Traumberuf gefragt, wohl kaum »Versicherungsberater/in« angeben. Sollte aus den Plänen der künftigen Astronauten oder Tierärztinnen später aber doch nichts werden, ist die Versicherungsbranche keine schlechte Wahl. »In vielen Branchen werden Stellen abgebaut. Die Versicherungswirtschaft bietet dagegen 2.000 neue Jobs«, sagt Louis Norman-Audenhove, Generalsekretär des Verbands der Versicherungsunternehmen Österreichs (VVO).
Mitte Oktober startete der VVO eine Informationskampagne, die InteressentInnen für diesen Beruf anlocken soll. Eine eigene Webseite (www.berufmitzukunft.at) dient als zentrale Anlaufstelle für Interessierte. Weiters gibt es einen Infofolder und sechs Kurzvideos, die dem Berufsbild einen »neuen, modernen Zuschnitt«, so Norman-Audenhove, geben sollen. Rund 60.000 Beschäftigte zählt die Versicherungsbranche, davon sind derzeit 11.700 Mitarbeiter im Außendienst tätig. Fast 40 % sind Frauen, der Anteil stieg seit 2007 (15 %) stark an. 700 Lehrlinge stehen in Ausbildung.
Durch eine ähnliche Werbeaktion konnten 2008 rund 1.000 neue MitarbeiterInnen gewonnen werden. Trotzdem gibt es nun wieder Nachwuchssorgen. »Die Generation der Babyboomer geht schön langsam in Pension«, bestätigt Hartwig Löger, Generaldirektor der Uniqa-Österreich. Für diese Abgänge will man rechtzeitig Ersatz finden, da die Ausbildung und Einarbeitung mehrere Jahre in Anspruch nehmen.
Krisensichere Arbeitsplätze
Eine kürzlich vom Institut meinungsraum.at durchgeführte Konsumentenumfrage zeigt eine extrem hohe Kundenbindung. Mehr als jeder Zweite wird seit mindestens sechs Jahren vom selben Berater betreut. Neun von zehn Kunden sind sehr zufrieden (51 %) bzw. eher zufrieden (43 %) mit der Beratung. Lediglich ein Prozent der Befragten beurteilt die Betreuung als »sehr negativ«, fünf Prozent als »eher negativ«.
Drei Viertel haben in der Vergangenheit Leistungen in Anspruch genommen und beurteilten die Abwicklung der Schadensfälle durch ihren Betreuer überwiegend positiv. Mit dieser hohen Wertschätzung kann das in der Öffentlichkeit gängige Bild des Versicherungsberaters noch nicht mithalten. Das Negativimage des »Keilers« hat mit den Anforderungen und Chancen, die der Beruf heute bietet, allerdings wenig zu tun. »Das Berufsbild hat sich im Laufe der Jahre völlig verändert. Das sind hoch qualifizierte, anspruchsvolle Jobs, denn auch die Produkte werden immer komplexer«, sagt Robert Lasshofer, Generaldirektor der Wiener Städtische Versicherung. Auch Flexibilität ist gefordert: »Beratung wird von den Kunden nicht mehr zwischen 8 und 15 Uhr 30 nachgefragt, sondern häufig abends oder am Wochenende.« Das muss kein Nachteil sein, so Lasshofer. »MitarbeiterInnen im Außendienst können ihre Arbeitszeiten selbst einteilen, was speziell Frauen entgegenkommt, die ja oft auch familiäre Verpflichtungen haben.« Gleichzeitig sind sie durch das Angestelltenverhältnis aber abgesichert – gerade im Krankheitsfall eine wichtige Option.
Lebenslange Begleitung
Das Jahresgehalt von Versicherungsberatern ist stark leistungsabhängig. Mindestens rund 20.000 Euro brutto gibt es laut Kollektivvertrag fix, mit Provisionen sind aber bis zu 60.000 Euro brutto pro Jahr möglich. Das kollektivvertragliche Entgelt gibt es bereits in der Ausbildungsphase. 18 Monate dauert die Basisausbildung an der Bildungsakademie der Österreichischen Versicherungen (BÖV), in Folge werden weitere vertiefende Module angeboten. Gesetzesänderungen, wie zuletzt etwa bei der Zukunftsvorsorge, machen es nötig, laufend am Ball zu bleiben. »Nicht mehr der Verkauf steht im Vordergrund, sondern die lebensbegleitende Beratung der Kunden anhand individueller Risiko- und Bedarfsanalysen«, erklärt Uniqa-Chef Löger. Besonders gute Erfahrungen hat man mit Quereinsteigern gemacht. InteressentInnen müssen lediglich eine abgeschlossene Berufsausbildung – egal aus welcher Branche – mitbringen. Gerade Frauen seien in diesem Beruf sehr ambitioniert und erfolgreich, sagt Lasshofer: »Wir sind nahe am Menschen und an den individuellen Sorgen.«
Zudem zeige die Erfahrung, dass sich viele Kundinnen lieber von Frauen beraten lassen. Ähnliches gilt für VersicherungsberaterInnen mit Migrationshintergrund, die oft einen besseren Zugang zu ihrer jeweiligen Community haben. Auch akademische Weihen sind möglich: An der Wirtschaftsuniversität Wien sowie an den Universitäten Graz und Linz werden dreisemestrige Universitätslehrgänge für Versicherungswirtschaft angeboten – Matura ist dafür nicht Voraussetzung, wenn ausreichende Berufserfahrung und Branchenkenntnisse vorhanden sind.