Sonntag, Dezember 22, 2024

Amerikas Top-Konzerne lassen ihre europäischen Konkurrenten hinter sich: Während Europa unter den Folgen der Schuldenkrise leidet, profitieren die US-Konzerne von der besseren Entwicklung der heimischen Wirtschaft und der boomenden Schiefergas-Förderung, kommt eine Studie von Ernst & Young zum Schluss.

Im Jahr 2012 konnten die 300 umsatzstärksten US-Unternehmen ihren Gewinn trotz weltweiter konjunktureller Schwierigkeiten um 2 Prozent steigern, die Gewinne der größten europäischen Unternehmen hingegen schrumpften um 8 Prozent. Und das, obwohl die europäischen Top-Konzerne eigentlich einen höheren Umsatz verzeichnen konnten als ihre US-amerikanische Konkurrenz.

Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young, für die Bilanzzahlen der jeweils 300 umsatzstärksten börsennotierten Unternehmen in Europa und den USA aus dem Jahr 2012 analysiert wurden. Banken und Versicherungen wurden in der Analyse nicht berücksichtigt.

Zwei österreichische Unternehmen unter den europäischen Top-300
Das Ranking der umsatzstärksten europäischen Unternehmen führten im vergangenen Jahr – wie schon im Vorjahr – Royal Dutch Shell und BP an. Volkswagen kletterte vom vierten auf den dritten Platz und verdrängte den französischen Ölkonzern Total auf Rang vier. Die meisten Unternehmen in den europäischen Top 300 stellt Frankreich mit 49 Konzernen vor Großbritannien (48 Unternehmen) und Deutschland (38 Unternehmen). Österreich ist mit OMV (Rang 41) und Voestalpine (Rang 164) mit zwei Unternehmen in den Top 300 der umsatzstärksten börsennotierten Unternehmen Europas vertreten.

In den USA stehen wie im Vorjahr Wal-Mart, Exxon Mobil und Chevron auf dem Siegespodest. Der Aufsteiger des Jahres ist Apple: Der Technologiekonzern konnte gegenüber dem Vorjahr vier Plätze im US-Umsatzranking gutmachen und liegt aktuell auf Rang 5.

Europäische Schuldenkrise drückt Gewinnmarge der europäischen Top-300
Europas Top-Unternehmen geraten immer stärker in den Sog der Schuldenkrise: Die 300 umsatzstärksten Unternehmen des Kontinents konnten im Jahr 2012 ihren kumulierten Umsatz zwar um 6 Prozent auf 7,5 Billionen Euro steigern, bei den Gewinnen mussten sie aber deutliche Einbußen hinnehmen. Binnen Jahresfrist sank das kumulierte EBIT um 8 Prozent. Besser erging es den 300 Top-Unternehmen aus den USA: Das Umsatzwachstum entsprach mit 5 Prozent zwar ungefähr jenem der europäischen Unternehmen, die US-Konzerne konnten aber im Gegensatz zu Europa auch beim Gewinn zulegen - das kumulierte EBIT stieg um 2 Prozent auf insgesamt 1,1 Billionen US-Dollar bzw. 828 Milliarden Euro. Der Gesamtgewinn der US-Unternehmen lag damit um 11 Prozent oder umgerechnet 84 Milliarden Euro höher als das kumulierte EBIT der europäischen Konzerne.

„Die Unternehmen in Europa geraten zunehmend unter Druck. Aufgrund strikter Sparpakete,  einer geringen Investitionsbereitschaft der Unternehmen und einer hohen Arbeitslosigkeit in vielen europäischen Ländern lässt die Konjunkturerholung leider auch weiter auf sich warten. Viele Unternehmen versuchen deshalb mit Preissenkungen ihren Absatz anzukurbeln – was sich jedoch negativ auf die Profitabilität auswirkt“, erklärt Gerhard Schwartz, Partner bei Ernst & Young. Die sinkende Wirtschaftlichkeit zeigt sich an der fallenden EBIT-Marge der europäischen Top 300-Unternehmen. Sie sank binnen Jahresfrist um 1,5 Prozentpunkte auf 9,9 Prozent im Jahr 2012. Insgesamt sanken die Margen bei knapp zwei Dritteln (64 Prozent) der europäischen Konzerne. US-Unternehmen wirtschaften hingegen deutlich profitabler: Die Gewinnspanne der untersuchten Konzerne lag bei 11,6 Prozent (2011: 11,9 Prozent). Knapp die Hälfte (47 Prozent) der US-Unternehmen im Ranking erzielte 2012 eine höhere Marge als 2011.

Aufschwung für US-Industrie – Europa bleibt zurück
Der Aufstieg der US-Wirtschaft scheint nicht nur ein Strohfeuer zu sein: Die Studie zeigt, dass die USA in Zukunftsbranchen wie der Informationstechnologie oder der Gesundheitswirtschaft hervorragend aufgestellt sind. Unternehmen aus diesen Branchen sind in den US-Top 300 deutlich stärker vertreten als im Europa-Ranking. Auch Konsumgüterhersteller (Non-Food) haben in den USA eine relativ große Bedeutung. Europa hingegen punktet im Vergleich dazu im Bergbau, in der Telekommunikationsbranche und traditionell in der Industrie. Gerade in diesem Sektor holen die USA allerdings derzeit massiv auf. Schwartz: „Die Industrie wurde in den USA lange Zeit vernachlässigt – nun blüht sie neu auf. Ein Grund dafür liegt im Fracking-Boom. Die angesagte Schiefergas-Förderung drückt die Energiepreise nach unten und ermöglicht damit gerade der energieintensiven Industrie eine billigere und profitablere Produktion.“ Diese Wirtschaftsdynamik mache die USA nicht nur als Produktionsstandort, sondern auch als Absatzmarkt attraktiver: „Die vielversprechende Konjunkturentwicklung und kompetitive Produktionskosten eröffnen auch europäischen Konzernen in den USA interessante, neue Geschäftsmöglichkeiten. Die Chance, sich mit einem Produktions- oder Vertriebsstandort in den USA vom eigenen Heimatmarkt etwas loszulösen, werden sich europäische Konzerne gewiss nicht entgehen lassen“, so Schwartz weiter.

Energiekonzerne und Pharmabranche weltweit stark
In Europa ebenso wie in den USA sind auf den zehn Spitzenplätzen der jeweiligen Top 300-Unternehmen vorrangig Energie- und Rohstoffkonzerne vertreten. In Europa belegen Unternehmen dieser Branchen sogar die vordersten fünf Plätze im Gewinnranking. Das US-Ranking ist abwechslungsreicher: Unter den Top Ten der gewinnstärksten Unternehmen finden sich nur zwei Ölkonzerne und mit Apple, Microsoft und IBM immerhin auch drei IT-Konzerne.

Die höchsten Margen fahren sowohl in Europa als auch in den USA allerdings die Pharmakonzerne ein: Sie erreichen insgesamt eine EBIT-Marge von 25,6 Prozent. Schlusslichter im Margenranking sind der Groß- und Einzelhandel im Bereich Food (4,3 Prozent) und die Automobilindustrie (5,8 Prozent).

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