Montag, Dezember 23, 2024

Immer komplexere Rahmenbedingungen stellen Qualitätsstandards mitunter auf eine harte Probe. Wie es gelingt, die vielfältigen Anforderungen nicht nur zu erfüllen, sondern im Sinne von „Business Excellence“ zu übertreffen, berichteten Experten beim 19. qualityaustria Forum.

Von Angela Heissenberger aus Salzburg

Mehr als 600 Gäste füllten den Salzburg Congress am 14. März. Das Branchentreffen der Qualitätscommunity stand heuer unter dem Titel „Mit Qualität einfach besser“. Mit dem Statement „So einfach wie nötig, so gut wie möglich“ gab Konrad Scheiber, CEO der Quality Austria Trainings-, Zertifizierungs- und Begutachtungs GmbH, in seinem Eröffnungsreferat die Marschroute vor.

Die drei zentralen Erfolgsgaranten seien gute Produkte, gute Services und hohe Qualität. Weiterempfehlungen würden als Indikator noch massiv unterschätzt, so Schreiber: „Keine Marketinginvestition kann die gleiche Wirkung erzielen wie Weiterempfehlungen von Kunden.“ Wie in einem Orchester seien auch in Teams optimal abgestimmte Abläufe erforderlich: „Der Dirigentenstab allein macht noch nicht die Musik. Das gemeinsame Üben und das aufeinander Hören führt zum Erfolg und ergibt ein dynamisches und reibungsloses Wechselspiel. Grundvoraussetzung für das Zusammenwirken ist immer die Lernbereitschaft seitens der Mitarbeiter.“

Qualität als Muss
Interessante Einblicke in die Luftfahrtbranche ermöglichte Walter Stephan, CEO der FACC AG, in seiner Key Note. Das ursprünglich aus der Sportartikelindustrie kommende Unternehmen mit Sitz in Ried im Innkreis entwickelt und erzeugt Innenausstattung und Bauteile aus Composite-Materialien sowie Triebwerke für namhafte Flugzeughersteller wie Boeing, Airbus oder British Aerospace. Die letzten Jahre waren von starkem Wachstum geprägt: Inzwischen beschäftigt die FACC in Niederlassungen auf drei Kontinenten mehr als 2.000 Mitarbeiter aus 35 Nationen. Mit einem Umsatz von 355 Millionen Euro (plus 31 %) erzielte das Unternehmen – seit 2009 in Besitz eines chinesischen Eigentümers – im Geschäftsjahr 2011/12 einen neuen Rekordwert.

Investiert wird schwerpunktmäßig in Innovationen: Mehr als 12 % des Umsatzes fließen in den Bereich Forschung und Entwicklung. „Da Sicherheit in der Luftfahrt nur durch Qualität hergestellt werden kann, ist Qualität keine Option, sondern ein absolutes Muss“, erklärte Stephan. 99,5 % der österreichischen Produktion gehen in den Export. Damit jede einzelne Komponente den unterschiedlichen Standards der jeweiligen Behörden und Kunden entspricht, unterzieht sich die FACC jährlich rund 40 nationalen und internationalen Audits. „Der Aufwand ist enorm“, bestätigte Stephan, aber nur so sei es gelungen, den Spitzenplatz in der Luftfahrtindustrie zu gewinnen. Qualität umfasst im Unternehmen die gesamte Value Chain vom Anfang bis zum Ende aller Produktions- und Finanzprozesse und berücksichtigt beispielsweise auch den Umgang mit den Mitarbeitern. „Es geht nicht darum, Qualität in bestehenden Systemen zu überprüfen, sondern schon in der Konzeptphase zu entwickeln“, so Stephan.

Wettbewerbsvorteil
Im anschließenden Expertentalk berichteten Anna Maierhofer, Umweltbeauftragte der Vorarlberger Illwerke AG, und Manfred Ergott, Marketing- und Verkaufsleiter der Waldviertler Druckerei Janetschek, von den Herausforderungen und Chancen, die sich durch die Ausrichtung auf hohe Qualitätsstandards ergeben. „Wasser ist eine sehr wertvolle Ressource. Wir tragen auch gegenüber der Bevölkerung eine große Verantwortung“, erklärte Maierhofer die speziellen Bedingungen des Bregenzer Kraftwerks. Bei der Integration eines umfassenden Umweltmanagementsystems leisteten die Illwerke Pionierarbeit. Die Arbeitsabläufe wurden optimiert und besonderes Augenmerk auf Risiken und Sicherheit gelegt: „Derzeit verwalten wir rund 16.000 Bescheide. Das heißt, jeder zweite Mitarbeiter erfüllt eine Tätigkeit, die die Rechtsgrundlage sicherstellt“, erläuterte Maierhofer. „Die konsequente Förderung der Rechtssicherheit und Effizienz steigert in Summe die Wettbewerbsfähigkeit“, zog Umweltexpertin dennoch eine positive Bilanz.

Auch die Druckerei Janetschek startete vor zehn Jahren „einen sehr dynamischen Prozess“, so Marketingchef Manfred Ergott, der das 100 Jahre alte Unternehmen mit 50 Mitarbeitern zu einem Öko-Pionier der Branche machte. „Fragen der sozialen Verantwortung fließen ins Qualitätsselbstverständnis ein. Das ist für ein KMU im Waldviertel Herausforderung und Chance zugleich, als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden“, meinte Ergott. „Das eigens installierte Öko-Kompetenz-Team strahlt in alle Abteilungen aus und bringt frischen Wind ins Unternehmen.“ Potenzielle Kunden weist Ergott aktiv auf die ökologische Ausrichtung hin. Mit Erfolg: Während viele in der Branche ums Überleben kämpfen, konnte die Druckerei kürzlich einen neuen Standort übernehmen.

Diese Erfahrungen kamen für Quality Austria-Expertin Agnes Steinberger nicht überraschend: „Kunden werden anspruchsvoller, Nachhaltigkeitsaspekte gewinnen stark an Bedeutung. Externe Zertifikate sind eine wichtige objektive Bestätigung, die Kunden und Lieferanten zeigen, dass Qualitätsstandards eingehalten werden.“ Qualitätsmanagement müsse aber im Unternehmen gelebt werden und „überall spürbar sein“, so Steinberger: „Man darf nicht nachlassen, weil das nächste Audit ohnehin erst wieder in zwei Monaten ist. Dann wird der Aufwand umso größer.“ Arbeitssicherheit sei in Österreich bereits durch behördliche Auflagen weitgehend geregelt, brachte Eckehard Bauer, Risk- und Sicherheitsmanagementexperte bei Quality Austria, einen weiteren Aspekt ein: „Viele Unternehmen betreiben Risikomanagement nicht systematisch, sondern ad hoc. Das ist auch der Grund, warum einige wiederholt wegen Sicherheitsverletzungen in der Zeitung stehen.“ Bauer zitierte aus einer EU-Studie zum Thema Arbeitssicherheit, wonach für 90 % der befragten Manager das wesentliche Motiv für entsprechende Maßnahmen „die Erfüllung rechtlicher Pflichten“ war. In 76 % der Unternehmen war die Forderung der Mitarbeiter entscheidend, an dritter Stelle (67 %) folgten Kundenanforderungen nach Arbeits- und Gesundheitsschutz.

Mut zur Reduktion
Auf die wachsende Komplexität in Organisationen nahm Anni Koubek, Innovationsexpertin bei Quality Austria, in ihrem Beitrag Bezug: „Es reicht nicht mehr, nur ein gutes Produkt herzustellen.“ Beschleunigte Technologieentwicklung, kurze Produktzyklen, Globalisierung seien „vielschichtige Faktoren, die ich nicht alle erfassen kann, ohne eine Wechselwirkung zu übersehen“. Laut einer 2011 im „Harvard Business Manager“ publizierten Studie ist seit 1955 die Zahl der Prozessschritte, Schnittstellen und Entscheidungsstufen um das 35fache gestiegen.

Gerade die Implementierung von Qualitätsmanagement-Systemen werde von Mitarbeitern häufig als zusätzlicher bürokratischer Aufwand empfunden. Es brauche daher Mut zur Reduktion von unnötigen Prozessschritten und Abstimmungsschleifen sowie zur Verdichtung von Abläufen. „Ballast abwerfen und damit die Qualität verbessern“, gab Koubek als Leitmotiv vor, räumte aber ein, dass der Weg, „schlaue und einfache Lösungen zu finden“, kein leichter sei: „Einfache Lösungen sind nicht easy.“ Helfen könne beispielsweise eine „Historical Review“: Haben sich die Rahmenbedingungen in den letzten zehn Jahren geändert? Sind noch die gleichen Mitarbeiter tätig? Wo sind Regulative, Checklisten etc. notwendig? Wo behindern sie nur Inspiration und Motivation?

Alf Netek, Chief Marketing Officer der Kapsch AG, wies in einem launigen Statement auf die Basis für Unternehmenserfolg hin: „CIB – Consumer is Boss“ sei nicht bloß ein Schlagwort „für uns Abkürzungsfetischisten“, so Netek, sondern letztlich Programm: „Qualität ist Kundenzufriedenheit.“ Um sich im Wettbewerb abzuheben, sind dauerhaft herausragende Leistungen erforderlich. „Qualität muss begeistern“, sagte Netek. „Business Excellence bedeutet für uns, die normalen Erwartungen der Kunden zu übertreffen, statt sie nur zu erfüllen.“

Energie effizient nutzen
Im zweiten Expertentalk der Tagung gingen Quality Austria-Umweltexperte Wolfgang Hackenauer und Wolfgang Neumann, Vorsitzender der Energy Globe Foundation, dem Thema Energieeffizienz auf den Grund. Neumann plädierte, direkt aus Afrika kommend, eindringlich für eine „gerechtere Verteilung von Energie“. Rund 1,5 Milliarden Menschen weltweit haben keinerlei Zugang zu Energie, nicht einmal Licht. „Global denken, regional handeln“, lautet Neumanns Motto. Bewusstseinsbildung sei der Schlüssel für Veränderungen: „Aus langjähriger Erfahrung weiß ich, dass Menschen erst aktiv werden, wenn sie ihren persönlichen Nutzen kennen und wissen, was sie dafür tun können.“ Mit dem „Energy Globe Award“, der seit 1999 verliehen wird, sollen neue Wege für nachhaltige Nutzung und Ressourcenschonung aufgezeigt werden.

Einen wesentlichen Beitrag zur Energieeffizienz können aber auch Unternehmen leisten. „Durch laufende Energieaudits kann der Energieverbrauch in der Industrie stark reduziert werden. Bis 2020 besteht die Möglichkeit, auf diesem Weg mindestens 10-20 % einzusparen“, bestätigte Wolfgang Hackenauer. Eine Option, der sich bald auch KMU stellen müssen. Das 2014 in Kraft tretende Bundesenergieeffizienzgesetz sieht die verpflichtende Einführung von Energiemanagementsystemen und die Durchführung von Energieaudits vor.

Besser als alle anderen
Einen Einblick in den internationalen Normen-Dschungel gab schließlich Quality Austria-Experte Thomas Szabo. Auf globaler Ebene wird seit längerem eine Harmonisierung der ISO-Normen angestrebt. Ein notwendiger Schritt, denn angesichts der unzähligen Management-Normen für einzelne Fachbereiche und Branchen scheine es, so Szabo, „als sei die ISO wild geworden“. „Was Qualität ist, bestimmt nicht nur der Kunde und der Gesetzgeber, sondern auch sämtliche Interessenpartner – vom Unternehmer und den Mitarbeitern bis zu den Nicht-Kunden“, erklärte Szabo. Bei tausenden Entscheidungen, die täglich getroffen werden müssen, sei letztlich die Schnelligkeit ausschlaggebend: „Es ist schwierig, wirklich gut zu sein. Es ist wichtig, besser als die anderen zu sein.“

Felix Gottwald, der als Olympia- und Weltcupsieger in der Nordischen Kombination beeindruckende Erfolge feierte, strich in seinem Schlussstatement hervor, worauf es letztlich ankommt: „Jeder Erfolgsweg entsteht durch einzelne Schritte. Fortschritt ist, wenn es uns gelingt, die Qualität des Bestehenden besser zu machen und etwas Neues entstehen zu lassen.“ Den Anstoß zu konsequentem, zielgerichteten Training gab ihm übrigens Franz Klammer, wie Gottwald berichtete. Der legendäre Skistar hatte ihm zu den drei Bronzemedaillen bei den Olympischen Spielen 2002 in Salt Lake City gratuliert – und gleichzeitig lakonisch angemerkt: „Aber weißt eh: Nur die Goldene zählt.“ Gottwalds Ehrgeiz war damit geweckt, er ist bis heute der erfolgreichste österreichischen Sportler der Olympia-Geschichte.

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