Montag, Dezember 23, 2024

Cloud Computing bringt die dringend benötigte Flexibilität in die Unternehmen. Wie einfach der Bezug von Software und Rechenleistung wird. Was Unternehmen unbedingt beachten sollten. Meinungen zu einem wachsenden Markt.

 

Mit der EDV hatten es Manager nie leicht. Vom Großrechner in den Sechzigern bis zu den Webservices der heutigen Zeit: Praktisch waren sie schon immer, die Dienstleistungen aus dem Serverraum. Doch verstanden hatte das Wesen der IT eigentlich kaum jemand. Es endlich einfacher für die Unternehmen und damit auch für technische Laien zu machen – das hat sich die IT-Branche im vergangenen Jahrzehnt auf die Fahnen geschrieben. Die Simplifizierung und Nutzerfreundlichkeit, die mit klavierlackpolierten Endgeräten von Apple eindrucksvoll umgesetzt wurde, ist freilich nicht uneigennützig erfolgt. Der Branche ist klar: Um an Stellenwert zu gewinnen und weiter Investitionen auszulösen, muss sich die EDV aus dem versteckten Technikerkammerl heraus ins Foyer der Firmen, in die Öffentlichkeit bewegen. Mit dem Konzept Cloud Computing ist dies nun auch auf der Ebene nackter Rechenleistung gelungen – ein trockener Bereich, in dem glänzende Alugehäuse noch nicht die Köpfe der Anwender verdreht haben.

Cloud Computing: Das sind IT-Services, die aus zentralen Strukturen wie Rechenzentren heraus auf Knopfdruck bestellt, bezogen und abgerechnet werden. Speicherplatz, Prozessorleistung und Anwendungen können so über Dritte per Internet oder internem Unternehmensnetz bezogen werden. Der Vorteil für das Unternehmen liegt auf der Hand. IT-Ressourcen sind auf diese Weise wesentlich flexibler zu- und wegschaltbar und am Ende des Tages kos­tengünstiger. Die berüchtigten Bindefristen in den Serviceverträgen der IT-Branche sind damit Geschichte. Bezahlt wird nur noch das, was genutzt wird – auf den Arbeitsplatz, die Nutzungszeit und auf das einzeln benötigte Feature genau heruntergerechnet. All diese Veränderungen gegenüber dem bislang gängigen Auslagern von IT an einen klassischen Outsourcer bedeuten auch für Martin Hammerschmid einen Paradigmenwechsel. »Die Cloud ist der Motor, um eine neue Art von Serviceprovidern zu schaffen«, sagt der EMC-Geschäftsführer. In der gesamten Wirtschaft ist die Informationstechnologie zum Fundament für kundenfreundliche Services, effiziente Unternehmensprozesse und Innovation geworden. Um schneller, besser und smarter als der Mitbewerb agieren zu können, benötigen Unternehmen nun IT-Abteilungen, die standardisierbare Unternehmensprozesse aus der Wolke beziehen. Folglich kann sich die IT-Mannschaft auf Spezialfälle, Neuerungen und das Testen von Innovationen konzentrieren. Man bekommt wieder Luft, um wahre Werte zu schaffen. Der Rest kommt aus der Wolke.

So einfach die künftige Provisionierung von Software und Rechenleistung anmutet, so kompliziert scheinen die ersten Schritte in die Welt des Cloud-Computing zu sein. »Für Unternehmen ist es essenziell, die richtigen Partner mit der passenden Philosophie zu finden«, weist Hammerschmid auf verschiedene Strömungen hin: Die plakativen Vertreter der neuen IT sind Konzerne wie Google und Amazon oder auch Microsoft. Diese Anbieter stammen in der Regel aus dem Consumermarkt und drängen nun in die Welt der Businesslösungen. Daten liegen da irgendwo gespeichert, Applikationen werden günstig zu Verfügung gestellt. Diese weltweit operierenden Unternehmen bieten für ihre Kunden große Vorteile, aber auch große Risiken, etwa Datensicherheit und Verfügbarkeiten betreffend. Während genügend kleinere Firmen bereits den Vorteil einer professionellen Infrastruktur wie beispielsweise Google Docs oder Microsoft Office 365 sehen, ist dies für Großunternehmen noch kein Thema. »Kein Großer würde kritische Applikationen in eine Public Cloud legen«, betont der Experte. Für diese Zielgruppe und für unternehmenskritische Prozesse – so etwa die Warenwirtschaftslösung SAP – hat auch die altbekannte Branche aufgerüstet. Integratoren wie Atos oder IBM bietet nun wesentlich agilere Infrastrukturdiensten, abgeschottete Private Clouds. Es sind in sich geschlossene Systeme, die das Beste aus Virtualisierungs-, Speicher- und Netzwerktechnologien unterschiedlicher Hersteller verbinden. Bei den Unternehmenskunden setzt sich wiederum ein hybrider Ansatz durch: Teile der IT werden weiterhin von der eigenen IT-Abteilung erbracht, viel Standardisierbares in Wolken unterschiedlicher Couleur ausgelagert.

>> Verwirrung in der Branche <<

Seit gut 24 Monaten wird der Trend zur IT aus der Wolke intensiv diskutiert. Wieder einmal steht sich die Branche dabei auch selbst im Weg. So ist von Anfang an der Begriff der Cloud einer Begriffsverwirrung unterlegen. Da wurden reine Webservices als Clouddienste verkauft, die streng genommen nichts mit einer Wolke zu tun haben. Jeder Anbieter von Businesssoftware heftete sich ein Cloud-Emblem ans Revers, sobald die Anwender über den Internetbrowser auf seine Produkte zugreifen konnten. Von einer flexiblen Provisionierung von Ressourcen war dabei keine Rede.

Eine große Veränderung bringt der Wandel in der IT auch für die Händlerlandschaft in Österreich. Sie hat bislang zu einem guten Teil vom Vertrieb von Software gelebt. Werden Softwarelizenzen aber nicht mehr einmalig zum Vollpreis verkauft, sondern monatlich nach einer individuellen Nutzung abgerechnet, sind neue Geschäftsmodelle gefordert. IT-Experten werden sich weiter auf ihr Dienstleistungsgeschäft spezialisieren müssen – und dabei noch kostenbewusster aufgestellt sein.

>> Markt wird größer <<

Die Veränderungen bringen auch neue Marktplayer ins Spiel. Neben den angestammten Serviceprovidern reiten auf der Cloudwelle zunehmend auch klassische Hardwarehesteller mit. Einer der Ersten, der das Win-win-Szenario für Branche und Kunden erkannt hatte, war Oracle. Das IT-Unternehmen ist mit Datenbankenlösungen groß geworden. Es sind Produkte, die gut zum flexiblen Plattformgedanken passen. »In der IT wird in den nächsten fünf bis zehn Jahren kein Stein auf dem anderen bleiben«, ist Oracle-Geschäftsführer Martin Winkler bewusst. Er beobachtet eine Industrialisierung der IT: weg von Do-it-yourself-Systemen, hin zu standardisierten Lösungen. Kochten die Hersteller vor Jahren noch allesamt ihr eigenes Süppchen, basiert nun auch die Palette bei Oracle auf offenen Standards. Die angebotenen Schnittstellen ermöglichen eine effiziente Verknüpfung auch mit Fremdsystemen.
Selbst der frühere Blech-König Dell hat sich zum IT-Provider gewandelt. Der einst weltgrößte Hardwarehersteller setzt neuerdings auf Public-Cloud-Services aus dem eigenen Datencenter in Großbritannien. Für kleinere und mittlere Unternehmen gibt es – typisch für Dell – wieder ein Rack mit Storagekomponenten, Netzwerkswitch und Firewall. Die »Cloud-in-the-box« ist schnell konfiguriert und wird in einem Stück geliefert. »Unternehmen können damit einen ersten Schritt in die Cloudwelt machen. Die Infrastruktur steht im eigenen Serverraum«, ist Dell-Geschäftsführer Pavol Varga zuversichtlich. »Vor einem Jahr wurde überall über die Cloud diskutiert. Viele wussten nicht, was es ist. Heute ist dies in vielen Unternehmen ein konkretes Einsatzthema«, beobachtet er. Die Kunden würden verstehen, dass es Sinn macht, Daten zu zentralisieren. »Es lässt sich dadurch einiges einsparen, Unternehmen machen sich auch bei Mitarbeiterwechsel oder dem Verlust von Endgeräten weniger angreifbar«, argumentiert Varga. Dell hat dazu einen offenen Ansatz, der den Kunden die Wahl des Speicherorts von Daten lässt, und des Standorts, von welchem aus die Services erbracht werden.

>> Zukunft der IT <<

Mit dem Cloudthema begeben sich die Unternehmen auf eine Reise. Die einen stehen am Beginn dieser Reise, indem zunächst IT-nahe Services wie etwa Testserver aus Kostengründen in die Wolke ausgelagert werden. »In Österreich haben wohl alle mittleren und größeren Unternehmen diesen Schritt bereits gesetzt«, weiß EMC-Boss Hammerschmid. Dann wollen viele Agilität aus einer flexibleren IT-Infrastruktur gewinnen. Kosteneinsparungen als Argument rücken in dieser Phase in den Hintergrund, und auch geschäftskritische Anwendungen wie SAP oder Oracle werden dazu neu aufgesetzt. All die Vorteile der Cloud – die Erhöhung der Verfügbarkeit der IT-Services, Abfederungen bei Lastspitzen und die ersehnte Flexibilisierung – sind bei Unternehmen aller Größen gefragt.

Das ist die Zukunft der IT: Den Anwendern wird klar, welche IT-Leistungen sie auf Knopfdruck zu welchem Preis bekommen – ebenso wie sie es bereits aus der Privatwelt gewohnt sind. Dies ergibt ein neues Bewusstsein für die Kosten und den Nutzen von IT – und wird die Branche von Grund auf revolutionieren.

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