Von Manuel Kripp
Mit dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) vom 13. Dezember 2011 wurde das juristische Verfahren über Einsatz von E-Voting bei Hochschülerschaftswahlen abgeschlossen. Im Allgemeinen bedeutet E-Voting den Einsatz von elektronischen Mittel zur Wählerregistrierung oder Stimmabgabe oder Auszählung der Stimmen bei Wahlen. Onlinewahlen sind eine Möglichkeit der elektronischen Stimmabgabe über das Internet.
Das Urteil des VfGH bezieht sich auf diese Form und trotzdem ist zuallererst festzuhalten: Der Einsatz von Onlinewahlen in Österreich ist nach wie vor möglich und eine wichtige Form zur demokratischen Teilhabe in der Zukunft.
Die Meinungen nach Abschluss des Verfahrens gehen weit auseinander. Auf der einen Seite stehen die Gegner, die diese Form der Stimmabgabe für gescheitert erklären und als nicht zukunftsfähig betrachten, auf der anderen Seite die Vertreter, die eine Auseinandersetzung mit dem Thema weiterhin forcieren und die Zukunft der Demokratie auch in der elektronischen Abstimmung sehen. Dabei wird bisher relativ wenig auf die genauen Konsequenzen des Verfahrens auf den Einsatz von Onlinewahlen eingegangen und die Möglichkeiten des weiteren Einsatzes werden vollständig ausgeblendet.
Grundsätzlich sind Onlinewahlen und -abstimmungen nach wie vor möglich. Dies gilt auch für die Umsetzung bei Hochschülerschaftswahlen. Der VfGH hat die Verordnung zur Durchführung aufgehoben und nicht das Gesetz zur Regelung der Wahlen. Außerdem ist der Einsatz von Onlinewahlen bei Körperschaftswahlen nicht verfassungswidrig.
Entscheidend ist hier eine Unterscheidung der Wahlen: Bei Nationalratswahlen genügen die bisherigen technischen Möglichkeiten nicht den Anforderungen, die in den Wahlrechtsgrundsätzen festgelegt sind. Für Wahlen bei Selbstvertretungsorganisationen, Kammern, Vereinen und Gewerkschaften ist der Einsatz von Onlinewahlen möglich und durch die Verfassung abgesichert. Dabei können rechtsverbindliche, überprüfbare Wahlen online abgewickelt werden.
Wo ist ein Einsatz in Österreich nach wie vor denkbar und sinnvoll? Bei niedriger Wahlbeteiligung, hoher Mobilität der Wählerinnen und Wähler und der Möglichkeit der eindeutigen Identifizierung eines Wählers ist der Einsatz von Onlinewahlen möglich. Die entscheidenden Vorteile einer Onlinewahl sind die Ortsunabhängigkeit bei der Stimmabgabe und die schnelle Auszählung der Ergebnisse. Dadurch ist es möglich, Hinterzimmerabstimmungen in Vereinen und Kammern eine echte demokratische Teilhabe entgegenzusetzen. Ein sehr gutes Beispiel sind die Ärztekammern und Ärztevertretungen.
Weitere Beispiele sind der Einsatz in Schulen bei Schülervertretungswahlen und Schattenwahlen zu politischen Abstimmungen sowie der Einsatz bei Bürger- und Volksbegehren. Im Falle der Ärzte ist dies offensichtlich, da keinesfalls alle Ärzte aus den Praxen und Spitälern zu einem bestimmten Zeitpunkt gleichzeitig zu einer Versammlung an einem bestimmten Ort erscheinen können.
Die Briefwahl könnte in einigen Fällen als Alternative angesehen werden. Sie verliert im direkten Vergleich aber aufgrund der höheren Kosten und einer geringeren Transparenz und Sicherheit durch die Vielzahl an nicht kontrollierten Teilnehmern im Abstimmungsprozess. Außerdem weist eine Onlinewahl einen wesentlich geringeren CO2-Fußabdruck auf als papierbasierte Abstimmungen. Die Onlinewahl als Abstimmungskanal ist in Österreich nicht begraben worden. Durch das Urteil des VfGH wurden die Rahmenbedingungen festgelegt und die Möglichkeit zu einem verfassungsgemäßen Einsatz geschaffen. Onlinewahlen werden auch in Österreich einen wichtigen Beitrag zur modernen Demokratie leisten.
Zum Autor: Manuel Kripp ist Geschäftsführer des Kompetenzzentrums für Elektronische Wahlen und Partizipation E-voting.CC. Er ist für das Generic Toolkit for E-Democracy für den Europarat und das Modern Democracy Magazin verantwortlich. Davor war Kripp an der Universität München am Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft tätig.